Es ist das Schlimmste, das einer werdenden Mutter passieren kann: Wenn sie das eigene Kind nach der Geburt nicht lebendig im Arm halten kann. In Deutschland kommt eine Totgeburt zum Glück sehr selten vor. Im Schnitt kommen etwa zwei bis fünf Totgeburten auf 1000 normale Geburten. Aber wie kann es trotz guter medizinischer Versorgung dazu kommen?
Was genau ist eine Totgeburt?
Ein Kind mit einem Geburtsgewicht von mehr als 500 Gramm wäre bei einer normalen Frühgeburt eventuell außerhalb des Mutterleibes lebensfähig. Überlebt ein Kind dieses Gewichts die Geburt nicht, spricht man von einer Totgeburt. Eine Totgeburt ist meldepflichtig und das verstorbene Kind muss bestattet werden. Die Eltern können in einem solchen Fall dem Kind einen Namen geben, der im Sterbebuch eingetragen wird. Das Standesamt erstellt eine Urkunde für das Kind. Diese benötigen Eltern für Sozialversicherungsträger und ihre Arbeitgeber. Außerdem haben Eltern auch nach einer Totgeburt ein Recht auf Mutterschutz, Familienbeihilfe sowie eine Nachsorgehebamme.
Seit dem Jahr 2013 besteht zudem eine gesetzliche Neuregelung. Sie ermöglicht es Eltern, dass auch verstorbene Kinder unter 500 Gramm Geburtsgewicht (sogenannte Sternenkinder) beim Standesamt dokumentiert werden können. Sie haben damit offiziell eine Existenz.
Der Unterschied zur Fehlgeburt
Nicht nur formell ist eine Totgeburt etwas ganz anderes als eine Fehlgeburt. Auch die körperlichen Anzeichen können ganz unterschiedlich sein. Fehlgeburten kündigen sich häufig in verschiedenen Stadien der Schwangerschaft an. Durch Blutungen, Schmerzen im Unterleib oder andere Symptome. Bei einer Totgeburt ist dies nicht unbedingt der Fall. Sie kann ganz plötzlich auftreten. Auch, wenn vorher alles gut war. Das ist von Fall zu Fall verschieden.
Verspürst Du als Mama aber ein langes Ausbleiben der Kindsbewegungen oder merkst, dass etwas anders ist als sonst, dann suche so schnell wie möglich einen Arzt auf. Denn manchmal können Kinder noch durch ein frühzeitiges Einleiten der Geburt gerettet werden. Frühgeburten machen sich meist durch vorzeitige Wehen und abgehendes Fruchtwasser bemerkbar. Dann solltest Du umgehend ins Krankenhaus fahren oder einen Krankenwagen rufen. Zwar kann eine verfrühte Geburt für das Kind gefährlich sein, doch dank der modernen Frühgeborenen-Versorgung muss ein solcher Fall ab dem 6. Monat nicht mehr unbedingt tödlich ausgehen.
Mögliche Ursachen für eine Totgeburt
Für eine Totgeburt gibt es verschiedene Ursachen. Mögliche sind:
- Nabelschnurtod (wenn sich die Nabelschnur um den Hals wickelt oder ein Nabelschnurknoten entsteht)
- Plazenta-Insuffizienz (eine Mangelversorgung des Ungeborenen)
- vorzeitige Plazentaablösung (verursacht z.B. durch eine zu kurze Nabelschnur oder Gewalteinwirkung auf die Bauchdecke)
- genetische Schäden (etwa bei Chromosomendefekten wie Trisomie 13 oder Trisomie 18)
- körperliche oder organische Fehlbildungen
- Mehrlingsschwangerschaften mit dem Tod von einem der Kinder
- Situationen von Extremstress oder psychosoziale Faktoren (wie etwa Krieg)
- Stresssituationen, die beim Fötus zu einer Mangelversorgung und zu einem vorzeitigen Abgang von Stuhl führen. Setzt sich das mit Stuhl versetzte Fruchtwasser in der Lunge des Babys ab, kann das zum Tod führen. Ein Anzeichen für eine solche Situation ist die Grünfärbung des Fruchtwassers.
- Einwirkung von Giften oder radioaktiver Strahlung
- Weiterhin kann etwa eine Rhesusunverträglichkeit von Mutter und Kind zu einer Totgeburt führen. Dies ist aber durch eine regelmäßige Schwangerschaftsvorsorge sehr selten.
Weitere Gefahren
Auch eine sogenannte Bauchhöhlenschwangerschaft kann zum Tod des Kindes führen. Dabei entwickelt sich der Fötus nicht innerhalb der Gebärmutter, sondern im Bauchraum. Im Normalfall wird dann mit Rücksicht auf die Lebensgefahr für die Schwangere diese seltene Schwangerschaft vorzeitig beendet. Noch seltener kommt es vor, dass diese Form der Schwangerschaft zu spät entdeckt wird. In diesem Fall muss das Baby per Kaiserschnitt entbunden werden.
Leider gibt es aber immer wieder Totgeburten durch ungeklärte Ursachen. Das Risiko dafür liegt tendenziell bei Frauen über 35 Jahren höher. Weitere Risikofaktoren sind laut der Statistik beispielsweise starker Zigarettenkonsum, ungenügende Schwangerschaftsvorsorge, eine Schwangerschaft nach einer künstlichen Befruchtung oder ein niedriger sozialer Status.
Wie handle ich nach der Schocknachricht?
Teilnahmslosigkeit, Panik, Verzweiflung, Wut: Jede Betroffene reagiert anders auf eine solche Schocknachricht. Und es dauert es eine Weile, bis sie das Geschehende begreifen und verarbeiten kann. Wichtig ist nur, dass sie — und auch ihr Partner — mit professioneller Hilfe durch den Schmerz begleitet werden. Seelsorger oder Psychologen können bei der Verarbeitung des Geschehenen helfen.
Ist die Geburt des toten Kindes unumgänglich, wünschen sich viele Frauen möglichst schnell, also per Kaiserschnitt, die schreckliche Situation hinter sich zu bringen. Psychologen raten jedoch davon ab: Während der Schwangerschaft bauen werdende Mütter eine emotionale Bindung zu ihrem ungeborenen Baby auf. Wenn diese nun völlig unerwartet und ohne Abschied endet, kann das den späteren Trauerprozess nachhaltig beeinträchtigen.
Auch wenn es unglaublich weh tut, ist es aus psychologischer Sicht also oft besser, das tote Kind zu gebären. Der Frauenarzt oder auch die Hebamme können ausführlich und in Ruhe über diese sogenannte „stille Geburt“ beraten. Und auch über die Hilfe danach. Manche Eltern wollen lieber im Stillen trauern und ziehen sich zurück. Andere suchen gezielt den Kontakt zu Paaren, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Hierfür gibt es viele Beratungsstellen oder auch Selbsthilfegruppen (auch online), die betroffenen Eltern durch diese schlimme Zeit helfen. In jedem Fall sollten sich Paare nicht davor scheuen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und sich Zeit zu nehmen! Denn einen solchen Verlust steckt man nicht mal eben so weg oder kann ihn verdrängen.
Hilfe für betroffene Eltern
Sind verwaiste Eltern auf der Suche nach Hilfe oder wollen einfach über das Geschehene sprechen, gibt es verschiedene Anlaufstellen:
- Sind verwaiste Eltern auf der Suche nach Hilfe oder wollen einfach über das Geschehene sprechen, gibt es verschiedene Anlaufstellen für sie. Hier ein paar Adressen:
- VEID: VEID steht für den „Bundesverband Verwaister Eltern und trauernder Geschwister in Deutschland e.V.“. Er bietet etwa Ansprechpartner von Regionalverbänden für Paare an.
- Pro Familia: Sind Eltern auf der Suche nach Ansprechpartner zum Thema Totgeburt, können sie auch bei dem überregionalen Verband „pro familia“ Hilfe finden. Dieser ist in vielen Städten vertreten und bietet in verschiedenen Situationen Hilfe an.
- Initiative Regenbogen: Die Eltern-Initiative bietet Informationen und Hilfe für trauernde Eltern an.
- Fehlgeburt Forum: Hier können sich Betroffene auch über Ihre Erfahrungen mit dem Thema Totgeburt austauschen.