Unser
Sohn ist mittlerweile drei Jahre alt und 15 kg schwer. Wir tragen ihn jeden Tag mindestens einmal in einer Tragehilfe. Denn Tragen ist nicht nur mit Babys schön, auch ein Kleinkind tragen kann den Alltag für uns Eltern in vielen Situationen vereinfachen.
Natürlich unterscheidet sich das Tragen von Kleinkindern in einigen Punkten vom Tragen eines Babys. Im Grunde kannst Du aber viele Tragehilfen weiterhin benutzen und profitierst von Deiner Übung aus der Babyzeit. Was sich mit dem Kleinkindalter verändert, welche Anforderung eine Kleinkind-Trage erfüllen sollte und wie Du Deinen Rücken dabei schonst, erkläre ich Dir in diesem Beitrag.
Kleinkind tragen – warum eigentlich?
Für die meisten hört gedanklich das Tragealter mit dem Babyalter auf. Die Kinder werden schwerer und selbständiger und dann häufig nur noch im Buggy geschoben oder vorübergehend auf dem Arm getragen. Bei uns war das etwas anders. Auch mit einem Jahr, also im Kleinkindalter, wollte unser Sohn ungern im Buggy sitzen. Er wollte entweder selbst laufen oder getragen werden. Am besten in ständigem Wechsel.
Auch kann er bis heute nicht außerhalb der Tragehilfe zur Ruhe kommen und mittags schlafen. Deshalb tragen wir ihn nach wie vor jeden Mittag, denn auch wenn er ihn selbst gern ausfallen lassen würde, braucht er den zusätzlichen Schlaf auch mit drei Jahren noch.
In schwierigen Zeiten, also bei Entwicklungsschüben, viel Stress oder Krankheit, merke ich, dass er vom Tragen nach wie vor profitiert. Eine Runde spazieren gehen auf meinem Rücken und er ist merklich ruhiger und entspannter.
Kleinkind tragen: Für uns die flexiblere Lösung
Wir sind an das Tragen so gewöhnt, dass uns der Buggy in den meisten Lebenslagen eher wie eine zusätzliche Belastung vorkam. Wir wohnten lange in der Großstadt, wo wir mit Kind in der Trage einfach viel flexibler waren. Wir waren nicht auf Fahrstühle oder abgesenkte Bordsteine angewiesen und konnten uns so frei bewegen, als wären wir ohne Kind unterwegs. Wenn wir ins Restaurant oder Freunde besuchen gingen, brauchten wir keinen Abstellort für den Kinderwagen und auch kein Kinderwagenschloss. Die Trage legten wir ab wie einen Mantel und waren so super flexibel.
Auch später, in unserer Zeit auf dem Land, war die Trage unser steter Begleiter. Unser Sohn wollte viel Bewegung und so erkundeten wir regelmäßig gemeinsam die umliegenden Wiesen und Wälder. Wenn er irgendwann müde und hungrig wurde, musste er nur auf unseren Rücken in die Trage hüpfen und wir konnten zügig zurück nach Hause.
Und auch jetzt, auf Reisen durch Südost-Asien, sind wir froh, dass unser Kleinkind so routiniert ist im getragen werden. Denn Buggys kann man hier nicht wirklich verwenden, die Straßen sind holprig und in vielen Stellen klafft im Gehsteig das eine oder andere Loch. Auch den Stress, den Buggy im Gepäck zu verstauen, haben wir uns auf diese Weise gespart.
- Verzicht auf Buggy bedeutet mehr Flexibilität
- Praktisch für Wanderungen, aber auch in der Großstadt
- Auch Kleinkinder profitieren von körperlicher Nähe beim Tragen
- Tragen als Backup für Kinder, die gerne selbst laufen
- Einschlafhilfe für sehr aktive Kinder
Kleinkind tragen vs. Baby tragen
Der größte Unterschied beim Tragen von Babys und Kleinkindern ist, dass Kleinkinder größer und schwerer sind. Dadurch ergeben sich ein paar wenige Veränderungen und andere Anforderungen an die Babytrage, die Du kennen solltest.
Zwei weitere wichtige Unterschiede zwischen Kleinkind tragen und Baby tragen: Viele Kleinkinder wollen beim Tragen die Arme frei haben, weil sie sich sonst eingeengt fühlen. Kleinen Babys hingegen vermittelt ein enges Tragetuch Geborgenheit, ähnlich wie beim Pucken. Außerdem ist Kleinkindern ein freier Blick auf die Umgebung wichtiger als Babys, die auch gerne mal den Kopf in Mamas Dekolleté vergraben.
Rückentragen statt Bauchtragen
Das Tragen auf dem Rücken wird von Trageberatern ab einem Alter 5-6 Monaten empfohlen. Trotzdem tragen die meisten Eltern ihre Babys weiterhin vor dem Bauch und das ist in der Regel auch kein Problem. Doch irgendwann nach dem ersten Geburtstag, abhängig von der Größe und Entwicklung des Kindes, wird es dem Kind dort zu eng und ungemütlich, und das Gewicht belastet Dich immer mehr.
Spätestens, wenn der Kopf Deines Kindes an Dein Kinn stößt, ist die Zeit des vorne Tragens vorbei. Das Tragen auf dem Rücken hat für Dein Kind und Dich folgende Vorteile:
- mehr Bewegungfreiheit für Kleinkind und Tragenden (für Dich ist das praktisch z.B. bei der Hausarbeit, beim Einkaufen usw.)
- freiere Sicht und damit mehr optische Eindrücke für das Kind
- Entlastung des weiblichen Beckenbodens
- rückenschonender als das Tragen vor der Brust
- stärkt die Rückenmuskulatur
- psychologische Auszeit für die Eltern
- Tragen auf dem Rücken
- tägliches und häufiges Tragen trainiert die Muskulatur
- ergonomische Tragehilfe mit breitem Hüftgurt wählen
- Kleinkind immer nah am Körper und nicht zu tief tragen
Passende Stegbreite
Der Steg, also der Stoffteil, auf dem ein Kind in der Tragehilfe sitzt, sollte immer etwa von Kniekehle zu Kniekehle reichen. So ist Dein Baby ausreichend gestützt und sitzt bequem und eine Spreizhaltung ist garantiert.
Auch wenn die Hüftentwicklung im Kleinkindalter weiter vorangeschritten ist und eine Hüftdysplasie nicht mehr auftritt, wird die (Anhock-)Spreizhaltung weiterhin empfohlen.
Bei den meisten guten Babytragen kann man die Stegbreite auf die Bedürfnisse von Babys und Kleinkindern bis etwa 2 Jahre anpassen. Danach wird der Steg langsam aber sicher zu schmal. Das ist so lange kein Problem, wie Dein Kleinkind noch bequem sitzen kann. Weil keine Fehlentwicklung der Hüfte mehr droht, kannst Du das ganz einfach selbst beurteilen. Du kennst Dein Kind am besten und merkst, ob es sich in der Tragehilfe weiterhin wohl fühlt.
Höhe des Rückenteils
Mit wachsender Größe ragt ein Kleinkind auch immer weiter über die Nackenstütze des Rückenteils hinaus, in dem es wahrscheinlich als Baby noch regelrecht versunken ist. Das hat verschiedene Auswirkungen:
- Nach und nach wird der Rücken weniger gestützt. Das ist im wachen Zustand kein Problem, macht das Schlafen in der Trage aber weniger kuschelig.
- Je nach Trage hat das Kleinkind dann mehr Bewegungsfreiheit mit dem Oberkörper (z.B. bei der Manduca). Das führte bei uns dazu, dass unser Kind sehr viel nach links, rechts und hinten zappelte und das Tragen anstrengender wurde. Außerdem konnte er auch in der Trage nicht mehr zur Ruhe kommen, weil er so viele Eindrücke und Bewegungsmöglichkeiten hatte.
- In anderen Tragehilfen (z.B. der BabyBjörn ONE) wird das Rückenteil schlicht zu kurz und die Halterungen für das Rückenteil drücken auf die Schultern des Kindes.
Auch hier obliegt es also Deiner Einschätzung und Beobachtung als Elternteil zu entscheiden, ob die alte Babytrage weiterhin groß genug ist, oder ob ihr eine neue Kleinkind-Trage braucht.
Die richtige Tragehilfe für Kleinkinder
Gute Tragehilfen für Kleinkinder
Mit der Anschaffung der richtigen Babytrage hast Du auch gleichzeitig eine Kleinkindtrage, die sich bis mindestens zum Alter von 2-3 Jahren eignet. Das hängt natürlich immer vom Gewicht, Wachstum und den Vorlieben Deines Traglings ab.
Babytragen-Vergleichstabelle
Wir haben selbst im Laufe der letzten drei Jahre einige gängige Tragehilfen getestet. Diese Tabelle zeigt Dir, wie sich diese in Altersempfehlung, Maximalgewicht und Abmessungen unterscheiden:
Babytrage | empf. Alter | max. Gewicht | max. Stegbreite | max. Länge Rückenteil |
---|---|---|---|---|
Ergobaby Adapt | 0-48 Monate | 20 kg | n.e. | n.e. |
Manduca | 0-6 Jahre | 20 kg | 32 cm 50 cm mit Zubehör | 33 cm |
Baby Björn ONE (neue Version) | 0-3 Jahre | 15 kg | 40 cm | n.e. |
Kokadi Flip XL | ab 2 Jahre | 15 kg | 52 cm | 43 cm |
Kokadi Toddler | 1-2 Jahre | 15 kg | 47 cm | 38 cm |
Hoppediz Bondolino | n.e. | 20 kg | 33 cm | 34 cm |
Kleinkind tragen in der Ergobaby Adapt
In unserem Langzeit-Tragehilfen-Test mit Baby bzw. Kleinkind schnitt bei uns die Ergobaby Adapt am besten ab, denn sie passt sich nicht nur perfekt an die Bedürfnisse eines Neugeborenen an, sondern wir konnten sie auch mit unserem Kleinkind noch lange nutzen. Erst mit etwa 2,5 Jahren wurde der Steg für unseren Geschmack langsam zu schmal.
Kleinkind tragen in der Manduca
Auch die Manduca Babytrage haben wir sehr lange, bis er fast 3 Jahre alt war, fast täglich genutzt. Zum Kleinkind tragen ist die Manduca wirklich super, auch weil sich das Gewicht toll auf Hüfte und Schultern verteilt. Übrigens: Von Manduca gibt es für Kleinkinder ab 18 Monaten einen sogenannten Steg-Extender als separates Zubehörteil, mit dem Du den Steg um ca. 18 cm Zentimeter verbreitern kannst.
Kleinkind tragen in der Baby Björn One
Die neue Baby Björn ONE Air haben wir über einige Wochen hinweg getestet, als unser Sohn fast 3 Jahre alt war. Die neue Version der ONE-Tragen hat einen noch breiteren, verstellbaren Steg, der auch mit Größe 98 noch passt. Allerdings passte unser Sohn mit dieser Kleidergröße und Jacke nur noch gerade so unter die Schulterträger des Rückenteils. Bis zu dieser Körpergröße ist die Baby Björn ONE aber eine wirklich sehr bequeme und vor allem auch modische Kleinkind-Trage.
Unser Favorit
Mittlerweile verwenden wir ausschließlich die Kokadi Flip XL. Diese Trage gibt es in drei Größen, d.h. man kann sie nicht zum Tragen von Babys und Kleinkindern verwenden. Dafür ist sie aber deutlich größer als alle anderen Tragehilfen für Kleinkinder, weil sie genau auf diese Körpergröße zugeschnitten ist. Auch mit Kleidergröße 104 passt unser Kind noch lange hinein. Das Rückenteil ist lang genug und reicht bis zum Nacken und der verstellbare Steg ist breit genug.
Kleinkind tragen im Tragetuch
Es gibt eine Art von Tragehilfe, bei der Du Dir keinerlei Sorgen um Stegbreite, Gewichtsbeschränkung oder Länge des Rückenteils machen musst: Das Tragetuch. Mit einem festen Tragetuch aus querelastisch gewebtem Stoff kannst Du sogar Frühgeborene sicher tragen, es eignet sich also von Anfang an. Auch für das Tragen von Kleinkindern eignet es sich uneingeschränkt, es ist belastbar, flexibel und passt sich immer ideal an Körpergröße und Bedürfnisse an.
Der einzige Nachteil des Tragetuchs ist, dass es bei jedem Mal Tragen neu gebunden werden muss. Für uns kam das irgendwann nicht mehr in Frage, weil unser Kind ständig abwechseln wollte zwischen selbst laufen und getragen werden. Trotzdem kann ich aus qualitativer Sicht die Anschaffung eines guten Tragetuchs nur empfehlen, viele Mütter tragen ihre Kinder mit ein und demselben Tragetuch die gesamte Tragezeit hindurch, also auch im Kleinkindalter.
Wenn Du den Bindeaufwand ein wenig reduzieren, aber trotzdem von den Vorteilen und der Langlebigkeit eines Tragetuchs profitieren möchtest, kannst Du auch über eine Mei Tai Trage nachdenken. Unter unseren Tragetüchern hat uns diese am meisten überzeugt.
Kleinkind in der Kraxe tragen?
Natürlich kannst Du Dein Kleinkind, zum Beispiel beim Wandern, auch in einer sogenannten Kraxe, also einer Art Kinderrucksack mit Halterungen zum Abstellen, tragen. Allerdings sollte Dir bewusst sein, dass Trageberater/innen diese Rückentragen wenig befürworten. Das Kind sitzt dort nicht in einer (Anhock-)Spreizhaltung und hat wenig Bewegungsfreiheit. Außerdem sitzt es weit vom Körper des Erwachsenen entfernt und kühlt bei kalten Temperaturen schneller aus.
Der Grund, warum ich von Kraxen abraten würde, ist ein anderer: Das Kind ist darin viel schwerer zu tragen. Denn je enger Du es am Körper trägst, desto besser verteilt sich das Gewicht. Eine Kraxe dagegen zieht regelrecht nach hinten wie ein schwerer Rucksack.
Diese Tragen eignen sich nicht zum Kleinkind tragen
Vollkommen ungeeignete Tragen für Kleinkinder sind all die Tragen, die ein Maximalgewicht von 7-12 kg angegeben haben oder eine begrenzte Körpergröße, z.B.
- elastische Jersey-Tragetücher
- Glückskäfer Tragesack
- Fidella Baby Size
- Fräulein Hübsch Baby Size
- Emeibaby Baby Size
- Kokadi (Flip oder Taitai) Baby Size
Fazit
Es gibt also keinen Grund, auf das Kleinkind tragen zu verzichten. Sowohl Du als auch Dein Kind können davon profitieren und je häufiger Du trägst, desto besser wird es auch Deinem Rücken gehen. Ob Du nach der Babyzeit eine neue Kleinkind-Trage brauchst, hängt ganz von der vorhandenen Tragehilfe ab. Wenn Dein Baby noch hineinpasst, das Maximalgewicht nicht überschritten ist und ihr euch beide darin wohl fühlt, kannst Du die meisten Babytragen bis in Kleinkindalter verwenden.