Kinder unter zwei Jahren speichern Dinge in ihrem Kurzzeitgedächtnis für etwa drei bis vier Minuten. So können sie sich Verbote kaum merken. Dennoch möchtest Du als Mama bestimmte Grenzen setzen, auch, wenn Dein Kind noch klein ist. Bringt es also etwas, schon im Babyalter das „Nein“ einzuführen? Ab wann lernt ein Baby, ein Nein zu verstehen? Und wie kannst Du das „Nein“ bei Deinem Kleinkind effektiv einsetzen?
Ab wann muss ich meinem Kind Grenzen setzen?
Babys merken schon ab der Geburt, ob man ihre Bedürfnisse ernst nimmt. Ein Baby zu erziehen, ist zumindest im ersten halben Jahr nicht möglich – und auch nicht notwendig. Du kannst ein Baby nicht verziehen und Du musst keine Angst haben, es zu sehr zu verwöhnen.
In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres fangen Babys an, einen eigenen Willen zu entwickeln und sie erkennen die Reaktion anderer auf Ihr Verhalten. Das nennt man zielgerichtetes Schreien (intenional cry), weil es merkt, dass es Deine Handlungen beeinflussen kann. Ein „Ja“ oder ein „Nein“ versteht es in diesem Alter aber noch nicht.
Frühestens an dieser Stelle, also etwa gegen Ende des ersten Lebensjahres, sind die ersten Erziehungsmaßnahmen sinnvoll. Dein Kind lernt langsam, dass nicht nur es selbst Bedürfnisse hat, sondern auch die Menschen um sie herum. Es kann sich zwar noch nicht in andere hineinversetzen und mitfühlen – aber es kann lernen, einen Augenblick zu warten, bevor Du Dich ihm zuwendest.
Achte weiterhin gut auf die Signale Deines Kindes – so erkennst Du am besten, was es braucht und wie dringend es gerade wirklich ist.
Wie wirkt ein „Nein“ im Babyalter?
Sagst Du zu Deinem Krabbelkind „Nein“ und machst dabei einen böses Gesicht, wird es im ersten Moment auch darauf reagieren. Du möchtest seine Handlung kritisieren, Dein Kind versteht Dein „Nein“ in diesem Alter jedoch nur als Kritik an sich selbst – es sieht darin eine Ablehnung und stellt möglicherweise die Verbundenheit zwischen Dir und sich selbst in Frage.
Diese Verbundenheit ist für Babys jedoch extrem wichtig. Beschränke Deine „Neins“ deshalb wirklich nur auf Situationen, in denen ein Verbot nicht zu vermeiden ist. Zum Beispiel, wenn Dein Kind Dich oder ein anderes Kind haut oder beißt, oder wenn es sich selbst in Gefahr bringen könnte.
Muss ich dann alles wegräumen und sichern?
Alles hermetisch abzusichern wäre der falsche Weg. Es gibt Eltern, die wirklich alles kindersicher machen. Die Schränke in Reichweite werden geleert oder verschlossen und die Regale abgeräumt. Doch damit nimmst Du Deinem Baby die Möglichkeit, seinem Forscherdrang nachzugehen oder auch mal eine negative Erfahrung zu machen. Dein Kind soll auch mit Euren Alltagsdingen spielen und diese untersuchen dürfen, solange sie keine ernsthafte Gefahr darstellen.
Schränke, in denen sich Putzmittel, Alkohol oder Glas befinden, solltest Du natürlich abschließen oder leerräumen. Bewahre auch wertvolle Dinge, die Dir persönlich sehr am Herzen liegen, lieber außer Reichweite Deines Kindes auf. Sonst bist Du selbst immer wieder zum „Nein“-sagen gezwungen, obwohl es eigentlich nicht nötig ist.
So versteht Dein Baby „Nein“ besser
Je mobiler Dein Baby wird, umso öfter wirst Du „Nein“ sagen müssen. Die Inhalte von Schränken werden entdeckt, die Pflanzen sind plötzlich spannend und auch die Steckdose muss erforscht werden. Auch Klettern und Steigen gehören zur Baby-Entwicklung dazu – das alles kann zu einer Gefahr werden. Auch Ketten und Brillen sehen für Babys toll aus und verführen sie zum Greifen.
Ein „Nein“ allein reicht hier allerdings nicht, damit Dein Baby Dich versteht: Indem Du Dein Kind von der Gefahrenstelle wegnimmst oder den Gegenstand aus seiner Reichweite legst, koppelt es Dein „Nein“ langsam an diese Handlung. Die Gründe wird Dein Kind anfangs nicht verstehen, weshalb Du dich immer wiederholen musst. Es wird anstrengend für Dich sein und Dein Baby wird einige Enttäuschungen erleben – aber irgendwann merkt es, dass es eben nicht an die Steckdose oder an den Mülleimer darf. Bis es die Gründe versteht, kann es allerdings noch ein paar Jahre dauern.
Biete Deinem Baby Alternativen an
Alternativen sind hilfreich, wenn Du Deinem Kind gerade etwas verboten hast. Denn so fühlt es sich nicht eingeschränkt. Hast Du das Gefühl, Deinem Kind macht es Spaß, Lärm zu machen? Dann gib‘ ihm ein Spielzeug, das Musik macht oder andere Geräusche. Oder die Blumenerde Deiner Zimmerpflanzen hat es ihm angetan? Dann geh nach draußen und lass‘ es im Sandkasten spielen. So sind die verbotenen Dinge zu Hause schnell vergessen und Du gibst Deinem Kind die Möglichkeit, seinem Spiel- und Forscherdrang nachzugehen.
Setze das Nein sparsam ein
Setze das „Nein“ nur in Situationen ein, in denen es wirklich notwendig ist. Viele Mamas von Kleinkindern können sich selbst irgendwann nicht mehr Nein sagen hören. Ein selten gebrauchtes Nein mit fester Stimme ist weitaus effektiver als viele dahergesagte Neins, die nicht unbedingt nötig gewesen wären.
Was tun, wenn das Kind Dein „Nein“ nicht akzeptiert?
Auch wenn Du es mehrmals wiederholt hast, hat Dein Kind seinen Becher genommen und den Inhalt auf den Boden geschüttet. Jetzt ist es wichtig, dass Du Deinen Impuls zu schimpfen herunterfährst und Dich beruhigst, auch wenn es schwerfällt. Kümmere Dich um den Boden und sprich‘ danach mit Deinem Kind. Erkläre ihm, was passiert ist und warum Du nicht möchtest, dass es sich so verhält.
Der Gedanke, dass Du Dein Kind am liebsten anschreien möchtest, ist übrigens völlig normal und macht Dich nicht zu einer schlechten Mama. Statt Dein Baby anzuschreien, solltest Du aber lediglich Deine Tonlage ändern und eindringlich mit Deinem Kind sprechen. So kann das Kind Deinen Ton einordnen. Wenn Du es anschreist, erreichst Du zwar auf den ersten Blick einen Lerneffekt – jedoch nur, weil Dein Kind Angst davor hat, angeschrien zu werden. Was es an seinem Verhalten ändern soll, lernt es nicht. Außerdem lernt es so, dass es in Ordnung ist, andere anzuschreien – denn Du bist sein wichtigstes Vorbild.
Ein „Nein“ beim Kleinkind funktioniert also nur in Kombination mit einem ernsten Tonfall.
Gemeinsam an einem Strang ziehen
Als Eltern solltet Ihr Euch einig sein. Wenn Mama „Nein“ sagt, muss Papa das auch tun. Es wird deutlich schwieriger, wenn Du dem Kind das Essen auf dem Sofa verbietest und Papa erlaubt es. Wenn Euer Kind auch bei Oma und Opa Zeit verbringt, sollten sie Eure wichtigsten Grenzen kennen und diese auch aufzeigen.
Alle Bezugspersonen sollten Vorbilder für Dein Kind sein. Wenn Du Deinem dem Kind etwas verbietest und es selbst tust, entsteht der Nachahmungseffekt. Lebe Ihm also vor, was Du Dir von ihm wünschst – im Umgang mit anderen Menschen und mit Gegenständen.
Mach Deinem Kind klare Ansagen
Wenn Dein Kind schon im Kleinkindalter ist, lass Dich nicht auf einen Machtkampf ein – sondern achte auf klare Ansagen und beziehe es in Deine Handlungen ein. Wenn Dein Kind sich nicht anziehen möchte, frage gezielt, ob es die blaue oder grüne Hose sein soll, um ihm eine klare Entscheidungsmöglichkeit zu geben. So vermittelst Du Deinem Kind, dass es ein Mitspracherecht hat.
Ab wann verstehen Babys und Kleinkinder denn nun ein „Nein“?
Pauschal lässt sich das nicht genau sagen. Frühestens im Alter von acht bis 12 Monaten beginnt Dein Baby zu verstehen, wie Du auf sein Verhalten reagierst. Wenn Du ihm etwas nicht erlaubst, wird es Dich anschauen und vielleicht sogar selbst den Kopf schütteln.
Zwischen 12 und 18 Monaten, spätestens jedoch mit 18 Monaten häufen sich Wutanfälle – eine ganz normale Reaktion in der sogenannten Trotzphase, weil Dein Kind noch nicht versteht, dass nicht alles nach seinem persönlichen Plan abläuft. Zwischen 19 und 23 Monaten wird Deinem Kind langsam klar, dass sein Wille und Deine Vorstellungen nicht immer auf einer Höhe sind. Spätestens jetzt ist es wichtig, dass Du bei Deiner Entscheidung bleibst, wenn Du „Nein“ gesagt hast.
Zeige Deinem Kind Anerkennung, wenn es Deine Grenzen akzeptiert
Statt nur „Nein“ zu sagen, solltest Du Deinem Kind auch Anerkennung zeigen, wenn es eine Grenze eingehalten hat. Das gibt ihm das Gefühl, dass sein Verhalten von Dir gewürdigt wird. Wenn Du Deinem Kind zum Beispiel verboten hast, mit Deinem Smartphone zu spielen – und es das Smartphone findet und es Dir bringt, anstatt es selbst in Beschlag zu nehmen – dann solltest Du ihm auch zeigen, dass Du Dich über sein Verhalten freust. So motivierst Du Dein Kind, gibst ihm Mut und bestärkst es.
Ich, als 65jährige Großmutters danke der Verfasserin etc herzlichst!!! für diesen höchst informativen, unterstützenden Artikel. Neuer nächster Kontakt mit 2jährigen u jungen Eltern hat mich zum Suchen veranlasst! Super erklärt!!! Es ist mir ehrlich WURSCHT ob da Mama Papa, Papagei oder Birkenblatt angesprochen wird, wer den Fokus auf die wesentlichen Bedürfnisse richtet, nämlich EIN Kind zu verstehen und mit Situationen umgehen zu lernen, der hat schon gewonnen. Alles Andere ist Zeitverschiebung nach meiner Ansicht. Nochmals Danke für sämtliche Informationen!!!!
Meine Güte, sonst habt ihr keine Probleme?
Ich als Papa finde diesen Artikel top. Die Ansprache spielt hier doch weniger eine Rolle als der Artikel selbst und die Mehrheit werden wohl Mütter sein, die solche Artikel lesen. Auch Verfasser von Artikel sollen eine künstlerische Freiheit von Formulierungen haben dürfen, sonst vergeht denen mal der Spaß solche Artikel zu verfassen. Lieber mal dankbar sein, als wegen jeden Schei* zu jammern oder einfach besser machen.
Weiter so liebe Autorin!
Genauso sehe ich das auch! An erster Stelle steht das Thema und das ist wirklich hilfreichst erklärt u beantwortet. Wenn sich nun das lesende Flußpferd aus Afrika beschweren würde oder sich diskriminiert fühlen würde….. oder bald die KI… wo werden wir landen?
Bleiben wir am Teppich ;-)
Super Artikel! Sorry aber die Kommentare sind echt unnötig! Der Inhalt war sehr aufschlussreich und darum ging es doch hauptsächlich!
Ich überlese mal diese ganzen gegenderten kommies.. sonst müsste ich sagen, ich weiblich muss mich mit meiner Frau aussprechen hahaha 🏳️🌈
Danke für diesen Artikel, er hat mir sehr gut geholfen! Inser Sohn ist 9 Monaten und wenn ich Nein sage, hab ich das Gefühl er hört es und versteht es manchmal aber macht es dann extra nochmal 😅
Gut, zu wissen, dass es noch eine ganze Weile dauert bis er es lernt! Dann versuche ich es mal mit dem weg holen oder ernst drüber reden :)
Danke!
Hier noch ein Kommentar von einem Vater, der sich nicht diskriminiert gefühlt hat 😉
Meine Güte, immer dieses Gejammer, dass man sich gleich diskriminiert fühlt.
Bitte, ich fühle mich als Alleinerziehende Mama diskriminiert davon, dass davon gesprochen wird, dass man sich mit seinem Partner absprechen soll und würde es begrüßen, wenn ab sofort nur noch von alleinstehenden Elternteilen ausgegangen wird.
Merkt ihr, wie albern das ist?
Wenn die Mehrzahl (und ich vermute das ist eine große) der LeserInnen weiblich ist, dann ist es angemessen diese auch in den Artikeln anzusprechen.
Da hast du aber recht. Ich komm mir wie im kindergarten vor
Ich als Papa habe mich tatsächlich beim Lesen diskriminiert gefühlt. Würde es sehr begrüßen, wenn sich die Ansprache zukünftig an Eltern allgemein richten würde, auch bzgl. gleichgeschlechtriger Elternteile. Besten Dank und guter Artikel, by the way.
Hallo Patrick,
vielen Dank für Dein Lob, das geben wir gerne an unsere Autorin Simone weiter.
Wie weiter oben schon erwähnt, werden wir uns in Zukunft bemühen, bei solchen Beiträgen die Eltern allgemein anzusprechen.
Viele Grüße
Stephanie vom Babyartikel Magazin
Schon mal auf die Idee gekommen, dass sich auch Väter um die Erziehung kümmern? „Das macht dich nicht zu einer schlechten Mama…“ lol.
Hallo liebe Petra,
nein, da hast Du natürlich vollkommen Recht. Unsere Leserschaft besteht aber nach wie vor hauptsächlich aus (werdenden) Müttern, daher verwenden unsere Autoren diese Ansprache. Das soll natürlich keine Diskriminierung von Papas sein. Wir werden in Zukunft darauf achten, öfter „die Eltern“ als nur „die Mutter“ anzusprechen. Danke für Deinen Hinweis.
Viele Grüße
Julia von Babyartikel
Vielen Dank dafür von einem Vater.