Du bist beim Lesen der Überschrift zusammengezuckt? Ja, zugegeben, auf den ersten Blick klingt Plazenta essen tatsächlich nicht ganz so appetitlich. Das hindert viele Mamas aber nicht daran, es trotzdem zu tun. Ich erzähle Dir heute, warum immer mehr Frauen ihre Plazenta oder zumindest Teile davon essen und was es mit diesem Trend auf sich hat. Und warum Du Deine Plazenta NICHT essen solltest!
Was ist die Plazenta?
Die Plazenta wird auch Mutterkuchen oder Nachgeburt genannt. Sie entwickelt sich während der Schwangerschaft und ist das Bindeglied zwischen der Schwangeren und ihrem Baby. Sie besteht aus Gewebe der Mutter und des Embryos. Das Baby ist über die Nabelschnur mit dem Mutterkuchen verbunden.
Wenn das Baby geboren ist, wird die Plazenta nicht mehr benötigt. Sie wird 10-20 Minuten nach der Geburt des Babys ausgeschieden. Eine menschliche Plazenta ist ca. 500-600 Gramm schwer, kreisrund und hat einen Durchmesser von ungefähr 20 Zentimetern.
Warum essen Menschen die Plazenta?
Die Plazenta zu essen wird auch als Plazentophagie bezeichnet. Die Gründe, den Mutterkuchen zu essen oder zumindest einen kleinen Teil davon zu kosten, sind meist esoterischer Natur. Argumentiert wird ferner damit, dass auch viele Tiere die Nachgeburt fressen.
Plazenta essen soll:
- die Wahrscheinlichkeit einer Wochenbettdepression verringern,
- die Produktion der Muttermilch fördern,
- die Geburtsschmerzen lindern,
- das Immunsystem stärken und
- die Mutter-Kind-Bindung verbessern.
Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren ein ziemlicher Kult um das Essen der Plazenta entwickelt. Mythen und Ammenmärchen ranken sich um den Mutterkuchen und dessen vermeintlich heilvolle Kräfte. Keine der oben genannten Wirkweisen ist allerdings wissenschaftlich belegt. Bislang durchgeführte Einzelstudien kamen zu dem Schluss, dass das Essen der Plazenta keinen positiven Effekt hat.
Plazenta essen: Wie läuft das überhaupt ab?
Wahrscheinlich hast Du Dich schon beim Lesen der Überschrift gefragt, wie das Essen der Plazenta gehandhabt wird. Ein herzhafter Biss in den Mutterkuchen? Muss die Plazenta gekocht oder gebraten werden? Und gibt es vielleicht sogar Rezepte, um Plazenta zuzubereiten?
Sagen wir es so: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Manche Mamas essen einfach ein kleines Stückchen der Plazenta roh, andere bereiten den Mutterkuchen auch zuhause zu. Im Netz finden sich Rezepte von Plazenta-Salaten über Mutterkuchen-Lasagne und Plazentakuchen bis hin zu Spaghetti mit Plazenta-Soße.
Eine Alternative: Plazenta-Nosoden
Die Plazenta kann auch zu Globuli verarbeitet werden. Viele Mamas schwören auf diese sogenannten Plazentanosoden. Bei der Herstellung wird die Plazenta gereinigt und in kleine Zuckerkügelchen verarbeitet. Diese können von Mama und Baby eingenommen werden und gegen viele verschiedene Krankheiten und Probleme helfen, so sollen sie zum Beispiel die Nahrhaftigkeit der Muttermilch erhöhen oder auch gegen Babys Schnupfen helfen. Wissenschaftlich belegt sind diese Wirkungen jedoch nicht.
Die Plazenta essen: Alleine oder gemeinsam?
Wer sich näher ins Thema einliest, stellt fest, dass es nicht nur viele verschiedene Arten gibt, die Plazenta zu essen, sondern auch unterschiedliche Riten, Anleitungen und Bräuche, nach denen die Plazenta gegessen wird. Manche Mamas kosten nur ein Stückchen der Plazenta, weil sie glauben, dass das Glück bringt. Wiederum andere feiern eine regelrechte Plazentaparty, bei der der Mutterkuchen mit dem Partner, der Verwandtschaft oder den Freunden geteilt wird.
Wie schmeckt Plazenta?
Ich kann beim Essen der Plazenta nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen, habe aber häufig gelesen, dass der Mutterkuchen einen recht eigenwilligen, metallischen Geschmack hat. Der Grund dafür ist, dass die Plazenta reich an Eisen ist. Die Konsistenz des Mutterkuchens ist schwammig-schwabbelig, der Kern ist blutig.
Deshalb solltest Du die Plazenta nicht essen!
Es ist wissenschaftlich erforscht, dass das Essen der Plazenta keine positiven Auswirkungen auf die Mama oder das Baby hat.
Was nicht hilft, kann aber durchaus schaden: Aus den USA wurde ein Fall bekannt, in dem ein Baby sehr krank wurde, weil die Mama die Plazenta bzw. Kapseln aus dem Mutterkuchen gegessen hat. Was viele nämlich nicht wissen, ist: Die Nachgeburt kann neben Schwermetallen auch Bakterien und Viren enthalten. Im Fall des kleinen Babys handelte es sich um B-Streptokokken, die die Mutter über die Kapseln aufnahm und über die Muttermilch an ihr Stillbaby weitergab.
Die Plazenta schützt Dein kleines Baby im Bauch vor Schadstoffen und dient als Filter. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass das Essen der Plazenta so gefährlich sein kann.
Lass Dir deshalb am besten etwas anderes mit der Plazenta einfallen: Ein Bäumchen auf dem Mutterkuchen zu pflanzen ist zum Beispiel ein schöner Brauch, der auch Glück für die wachsende Familie bringen soll.
Ich nehme eher an, dass mit „Die Nachgeburt hat man ihr wegnehmen müssen“ gemeint ist, dass es Schwierigkeiten bei der Geburt der Plazenta gab und diese nicht von alleine oder nicht vollständig geboren wurde, weshalb ärztliche Hilfe nötig war, und der Arzt die Plazenta „entnehmen“ musste. Dadurch ist natürlich auch ein höherer Blutverlust gegeben. Ich glaube nicht, dass damit gemeint ist, dass sie sie nicht essen durfte und das sonst üblich gewesen wäre.
Leopold Mozart an der Drucker Johann Jakob Lotter am 7. Februar 1756: „übrigens benachrichte, daß den 27. Januarii abends um 8 uhr die meinige mit einem Buben zwar glücklich entbunden. Die Nachgeburt aber hat man ihr wegnehmen müssen. Sie war folglich erstaunlich schwach. Itzt aber : Gott sey Dank : befinden sich kind und Mutter gut. Sie empfehlt sich beyderseyts. der Bub heißt Joannes Christosomus, Wolfgang, Gottlieb [Amadeus].“
Anscheinend war der Verzehr der Nachgebot im 18. Jahrhundert gang und gäbe.