Sprechen ist für uns Erwachsene so natürlich wie das Atmen oder Essen. Doch wir werden nicht als sprechende Wesen geboren. Tatsächlich kommunizieren Babys schon vom ersten Moment an mit ihrer Umwelt. Bis sie aber die Sprache perfekt beherrschen, vergehen Jahre. Wie die Sprachentwicklung beim Baby abläuft und wie Du sie fördern kannst, erfährst Du hier.
Kommunikation durch Schreien
Säuglinge versuchen von Anfang an zu kommunizieren. Natürlich kann Dein Neugeborenes noch nicht reden. Aber es zeigt direkt ein großes Interesse an den Stimmen, die es hört. Gespannt lauschen Säuglinge, wenn Mama und Papa mit ihnen reden oder ihnen etwas vorsingen.
Aber Babys nutzen bekanntlich auch schon ihre eigenes Sprechwerkzeug. Zwar kommen weder Silben noch Wörter aus dem Mund, dafür aber lautes Gebrüll.
Während Eltern den ersten Schrei ihres Babys noch herbeisehnen, sind sie später manchmal vom Weinen genervt. Dabei sind Schreien und Weinen für ein Neugeborenes anfangs die einzige Möglichkeit zu kommunizieren, dass ihm etwas nicht passt.
Das Kind zeigt dadurch deutlich, wenn es Hunger hat oder müde ist. Und die Eltern stellen sich sehr schnell auf die Laute ihres Babys ein. Bereits nach wenigen Wochen können sie klar unterscheiden, ob das Baby nur aus Langeweile weint oder ein ernsthaftes Problem hat.
So lernen Babys sprechen
Schon ab dem 2. Lebensmonat verändert sich die Sprache Deines Babys. Es nutzt jetzt verschiedene Laute, um mit Dir in Verbindung zu treten. Die Säuglinge fangen an zu lallen und brabbeln. Auch das erste Lächeln gelingt mit rund 6 Wochen.
Gleichzeitig hört Dein Baby immer noch gespannt zu, wenn Menschen mit ihm sprechen. Die Kleinen können bald Sprachmelodien unterscheiden. Sie merken, ob Du einen ernsten oder liebevollen Ton an den Tag legst. Denn durch das aufmerksame Zuhören verstehen die Kleinen irgendwann, was ein bestimmter Tonfall bedeutet. Das ist ein wichtiger Schritt in der Sprachentwicklung beim Baby.
So wissen sie zwar noch nicht, was das Wort “Nein” bedeutet. Aber sie erkennen an der Art und Weise, wie Du “Nein” sagst, dass sie etwas nicht dürfen.
Irgendwann geht die Entwicklung vom reinen Hören zum Verstehen über. Die Kinder probieren einzelne Laute aus. Sie versuchen Gehörtes nachzuahmen. Wörter werden zuerst verstanden, bevor sie gesprochen werden. Deshalb ist der sogenannte passive Wortschatz auch größer als die Anzahl der Wörter, die gesprochen werden.
Das funktioniert bei uns Erwachsenen übrigens ähnlich. Falls Du schon einmal eine Fremdsprache gelernt hast, erinnerst Du Dich vielleicht: Wir verstehen die andere Sprache viel schneller als wir sie sprechen.
Das erste Wort: Wann ist es so weit?
Der Übergang von einem Laut zum ersten echten Wort ist fließend. Wann Dein Säugling das erste Wort spricht, ist sehr unterschiedlich.
Manche Babys sagen schon mit acht Monaten “Mama”, “Papa” oder “da”. Andere fangen erst weit nach dem ersten Geburtstag mit dem Reden an. Meine Tochter hat relativ früh ihr erstes Wort “meh” für “mehr” gesprochen. Dafür drehte sie sich erst sehr spät zum ersten Mal um die eigene Achse.
Im Durchschnitt beherrschen Kinder um das 1. Lebensjahr einen aktiven Wortschatz von 2 bis 3 Wörtern. Normalerweise sagen sie Dinge aus dem Alltag zuerst. Diese Wörter werden oft als erstes gesprochen:
- Mama
- Papa
- Namen der Geschwister
- Ball
- Wauwau oder Miau
Neben den 2 bis 3 Wörtern, die Einjährige aktiv nutzen, verstehen sie rund 50 bis 100 Wörter. Deshalb kann Dein Kind am Beginn des zweiten Lebensjahres bereits erste Anweisungen befolgen.
Haben es die ersten Wörter endlich über die Lippen geschafft, geht die Sprachentwicklung beim Baby meistens sprunghaft voran:
- 19-20 Monate: In diesem Alter beherrschen Kinder schon 50 bis 200 Ausdrücke.
- Ab dem 20. bis 24. Lebensmonat starten die Kinder damit, 2-Wort-Sätze zu bilden.
Übersicht zur Sprachentwicklung beim Baby
In diesem Abschnitt findest Du eine gute Übersicht über die einzelnen Phasen der Sprachentwicklung beim Baby. Wie bereits erwähnt, entwickelt sich aber jedes Baby anders. Deshalb sind die Altersangaben nur grobe Anhaltspunkte.
Alter | Sprachentwicklung | Sprechweise | Beispiele |
1. Lebens-Monat | Erkennt Stimmen der Eltern | Schreien, Weinen, Kommunikation durch Blickkontakt | |
2. Monat | Erstes Lallen | Gurren, Lachen | |
3. Monat | Erste Laute aus der Kehle | Kehllaute werden meist in Rückenlage erzeugt | |
5. Monat | Frühkindliche Monologe | Brabbelt vor sich hin, lacht laut, jauchzt | |
6. Monat | Kommunikation durch Laute | Lallen und Brabbeln | La, Brrr, Ba, Da |
6-12 Monate | • Nachahmung von Lauten • Versteht erste Worte und Anweisungen • Hält Lall-Monologe | Erste Laute mit doppelten Silben | Lala, Baba, Blala, Dadada, |
12-18 Monate | • Spricht ca. 50 Wörter • Versteht, was erlaubt und verboten ist • Erkennt verschiedene Menschen (Oma, Opa, Mama, Papa, Nachbarin etc.) | • Formuliert 1-Wort-Sätze • Kann durch Betonung Fragen stellen | Papa? Banane. Mama. Oma. Eis. |
18-24 Monate | • Spricht 50 bis 250 Wörter • Versteht 200 bis 300 Wörter | • Formuliert 2-Wort-Sätze • Nutzt Zeit- und Eigenschafts-Wörter • Stellt Fragen • Verneint | Mama spielen. Nicht Bett. Papa Hunger? |
Mythen: Baby und Sprachentwicklung
Einige Gerüchte zur Sprachentwicklung beim Baby halten sich hartnäckig. Doch was ist dran?
Mythos 1: Kinder, die früh sprechen, sind intelligenter
➔ Die Sprachwissenschaftlerin Sabine Stoll von der Universität Zürich sieht keinen Zusammenhang zwischen der Intelligenz eines Menschen und dem frühen Sprechen. Allerdings erkennt sie eine Verbindung zwischen der Sprachfähigkeit und der allgemeinen Entwicklung. Säuglinge und Kleinkinder mit guten sprachlichen Fähigkeiten sind in der Lage, Informationen besser aufzunehmen und zu verarbeiten.
Mythos 2: Mädchen lernen früher sprechen als Jungs
➔ Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die diesen Mythos bestätigt. Wann einem Baby das erste Wort über die Lippen kommt, ist individuell unterschiedlich und hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Voraussetzungen für den Spracherwerb
Damit Menschen überhaupt sprechen lernen können, sind einige Voraussetzungen notwendig. Zum einen muss das Gehör funktionieren. Nur, wenn ein Baby Dich hören kann, ist es in der Lage Wörter nachzubrabbeln und zu verstehen. Die bereits erwähnte Sprachmelodie ist im ersten Lebensjahr ein ganz entscheidender Faktor, um überhaupt das Reden zu lernen.
Die Ohren der Babys funktionieren schon im Mutterleib. Dein Säugling hört Dich also während der letzten Monate der Schwangerschaft sprechen. Dabei werden direkt die ersten Grundsteine für die Sprachentwicklung beim Baby gelegt.
Nicht nur das Gehör ist ein entscheidendes Element beim Spracherwerb. Auch die motorischen Fähigkeiten des Mundes sowie eine einwandfreie Stimme sind wichtig. Um Wörter zu formulieren, müssen die Gesichtsmuskeln, der Gaumen, der hintere Rachen, die Lippen und der Kiefer zusammenarbeiten.
Voraussetzungen für einen normalen Spracherwerb:
- funktionierendes Gehör
- motorische Fähigkeiten zur Lautbildung
- gesunde Stimmbänder
Vielleicht machst Du Dir Sorgen, ob die Sprachentwicklung bei Deinem Baby altersgemäß ist. Ist Dein Baby vielleicht ein „Late Talker“? Lies hier, welche Meilensteine es beim sprechen Lernen gibt und ab wann Du handeln musst.
Falls Dein Baby bis zum 15. Lebensmonat kein einziges Wort spricht, solltest Du den Kinderarzt aufsuchen. Es werden zwar bereits früher Hörtests gemacht, allerdings können noch andere Ursachen für eine verzögerte Sprachentwicklung vorliegen.
Förderung der Sprachentwicklung beim Baby
Als Elternteil hast Du einen großen Einfluss auf die Sprachentwicklung Deines Babys. Im 1. Lebensjahr hat das Kind nur wenige Bezugspersonen, von denen es lernt. Normalerweise sind die Eltern die engsten Kontakte. Die Kleinen saugen förmlich alles auf, was um sie herum passiert.
Rede mit Deinem Baby
Nur, wenn Dein Baby Sprache hört, kann es die Laute lernen und verstehen.
Aber manchen Menschen kommt es einfach komisch vor, mit Säuglingen zu sprechen. Die Kleinen können schließlich weder die Wörter verstehen, noch antworten. Andererseits fühlen sich die Eltern aber unter Druck, mit ihrem Kind zu reden, weil sie die Sprachentwicklung fördern möchten.
In solchen Fällen wird das Sprechen mit dem Baby eher als Zwang empfunden. Falls Du Dich gerade ertappt fühlst, dann sei unbesorgt. Es gibt nämlich viele Mamas und Papas, denen es ähnlich geht.
Diese ❤ Tipps möchte ich Dir gerne mitgeben:
- Kommentiere den Alltag.
- Sag Deinem Kleinen, dass es jetzt Zeit ist, seine Windeln zu wechseln.
- Erkläre, was Du gerade machst und wohin Ihr geht.
- Schaut gemeinsam Bilderbücher an und Du erzählst, was auf den Seiten zu sehen ist.
- Hört CDs mit Musik oder Hörspielen.
Es ist völlig in Ordnung, dass manche Eltern mehr mit den Babys reden als andere. Falls Dir nicht nach viel Sprechen ist, dann spiele eine CD mit Kinderliedern ab und singe gerne mit.
Jeder Kontakt mit Sprache hilft Deinem Kind weiter. Es lauscht sogar gespannt, wenn Du im Supermarkt mit der Kassiererin oder am Telefon mit der besten Freundin sprichst. Und keine Sorge: Je konkreter die Reaktionen Deines Babys auf Deine Ansprache werden, desto leichter fällt es Dir irgendwann mit Deinem Kind zu sprechen.
Kann ich zu viel mit meinem Baby reden?
Gibt es eigentlich auch den umgekehrten Fall, dass zu viel mit dem Kind geredet wird? Hier macht die Dosis das Gift. Natürlich solltest Du nicht ohne Punkt und Komma auf Dein Kind einreden.
❤ Tipp: Es ist vor allem wichtig, dass Du auf Dein Baby reagierst und auf seine Kommunikations-Versuche eingehst.
Darüber schreibt auch Mareike in ihrem Beitrag “Sprechen lernen fördern: 7 Fehler, die alle Eltern vermeiden sollten”. Je älter Dein Kind ist, desto mehr Möglichkeit sollte es bekommen, sich zu äußern.
Sprache und Bewegung
Die Sprachentwicklung beim Baby ist sehr individuell. Aber interessanterweise sind Sprache und Bewegung generell eng miteinander verknüpft. Die beiden Gehirnzentren dafür liegen direkt nebeneinander. Deshalb lernen Kinder gut, wenn sie sich gleichzeitig bewegen.
❤ Tipp: Du kannst z.B. Deinem Baby einen Ball in die Hände geben oder zurollen und dabei das Wort „Ball“ sagen. Dadurch kommt es zu besseren Verknüpfungen im Gehirn. Auch Wortwiederholungen sind wichtig, denn so können sich neue Silben und Vokalen schneller einprägen.
Kein Druck beim Sprechen lernen
Meine Tochter ist mittlerweile schon im Grundschulalter. Ich habe also die ersten Jahre der Sprachentwicklung bereits hinter mir. Bei uns kam noch der Faktor Zweisprachigkeit hinzu.
Tatsächlich gab es Phasen, in denen ich mich selbst stark unter Druck gesetzt habe, dass die Kleine besser Deutsch lernen sollte. Im Nachhinein kann ich sagen, dass sich die meisten Entwicklungsschritte von ganz alleine fügten.
➔ Wir Eltern können unterstützen, aber die Unterstützung sollte sich natürlich anfühlen. Wenn es Dir total gegen den Strich geht, stundenlang mit Deinem Neugeborenen zu sprechen, dann brauchst Du das nicht zu tun.
➔ Nimm das Baby einfach im Alltag mit, dort hört es permanent Sprache. Früher oder später wird Dir das Kommunizieren mit Deinem Kind immer leichter fallen.
➔ Spätestens dann, wenn Dein Baby mit 6 oder 7 Wochen zum ersten Mal lacht oder irgendwann eine Antwort brabbelt, geht das miteinander Reden in Fleisch und Blut über.
Mama, Papa oder Auto – welches Wort hat Dein Baby als erstes gesagt? Und wie unterstützt Du Dein Baby beim sprechen Lernen? Schreib uns gerne einen Kommentar.