Du kennst das sicher: Seit Dein Baby auf der Welt ist, ist Dein Schlaf anders. Die Nächte sind kurz, der Schlaf nicht mehr durchgehend und – besonders auffällig: Du bist sofort wach, wenn Dein Kind sich meldet. Ich möchte mich heute mit diesem Phänomen, dem sogenannten Ammenschlaf, befassen und Dir erklären, was genau das eigentlich ist, wen das betrifft und ob der Ammenschlaf auch bei Müttern oder Vätern klappt, die tief und fest schlafen oder sogar gar nicht hören können.
Ammenschlaf – was ist das eigentlich?
Ammenschlaf ist eng verknüpft mit Co-Sleeping. Vom Ammenschlaf ist in der Regel Babys engste Bezugsperson betroffen, in den meisten Fällen also die Mama des Kindes. Betroffene haben einen unruhigen Schlaf, wachen leicht auf und reagieren besonders empfindlich bei bestimmten Geräuschen. Allerdings ist die Art der Geräusche ausschlaggebend: Ausgelöst wird der Ammenschlaf allein durch Geräusche, die Dein Kind betreffen. Also solche, auf die Du als Mutter besonders achtest und die mit bestimmten Emotionen in Verbindung gebracht werden. Das ist zum Beispiel Babygeschrei oder auch nur ein leichtes Wimmern im Schlaf. Das Interessante ist, dass die Betroffenen bei weitaus lauteren Geräuschen gar nicht wach werden. Sie schlafen beispielsweise bei nächtlichen Bauarbeiten oder Straßenlärm problemlos.
Wie funktioniert dieses Schlaf-Phänomen?
Dein Gehirn teilt Geräusche in „bekannt“ und „bisher unbekannt“ ein und in solche, die in Verbindung mit etwas potenziell Gefährlichem stehen können. Nimmt Dein Gehirn dann solche Geräusche wahr, sorgt es dafür, dass Du wach wirst. Im Schlaf hast Du natürlich kein wirkliches Bewusstsein, Du befindest Dich im Stand-by-Modus. Das heißt, Du reagierst nur auf das, was für Dein Gehirn eine wichtige Störung ist und verschläfst die restlichen Geräusche. Wie leicht Du wach wirst, hängt natürlich auch von der Schlafphase ab, in der Du Dich gerade befindest. Im Tiefschlaf muss das Geräusch lauter sein, während Du im Leichtschlaf und während des Traumschlafes schneller wach wirst.
💡 Übrigens: Du wirst nicht nur durch Geräusche sondern auch durch Geruchsreize geweckt. Hat Dein Baby im Beistellbett neben Dir beispielsweise eine komplett übergelaufene Windel, wirst Du im Ammenschlaf automatisch wach.
Der Ammenschlaf ist übrigens in den meisten Fällen nur eine vorübergehende Veränderung des Schlafverhaltens. Er ist oft vorbei, sobald Dein Kind durchschläft und nachts nicht mehr auf Dich angewiesen ist. Der Ammenschlaf kann sich aber auch bis zur Teenager-Zeit ziehen. Das bedeutet, Du schläfst erst dann gut, wenn das Kind beispielsweise sicher von einer Party wieder nach Hause gekommen ist.
Ammenschlaf in der Schwangerschaft
Der Ammenschlaf stellt sich oft nicht erst mit der Geburt des Kindes ein, sondern bereits in der Schwangerschaft. Als werdende Mama wachst Du von nächtlichen Turnübungen in Deinem Bauch auf oder eben davon, dass es ungewohnt ruhig ist zu den Zeiten, wo sich Dein Baby eigentlich bewegt. Ein Problem hierbei ist, dass es vielen Frauen anschließend schwerfällt, wieder einzuschlafen. Die Gedanken kreisen um die Geburt und um die Zeit, die danach kommt.
Was den leichten Schlaf bei Müttern begünstigt
Bei Müttern ist der Ammenschlaf verbreiteter als bei Vätern. Das sind die Gründe dafür:
- Mütter sind meist Bezugsperson Nr. 1 für das Neugeborene. Sie kümmern sich tagsüber hauptsächlich um das Kind und füttern, stillen und versorgen es. Auch in der Nacht ist die Mutter meist die primäre Bezugsperson.
- Des Weiteren begünstigen die Hormone Oxytocin und Prolaktin den (leichten) Ammenschlaf. Sie werden während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt vermehrt produziert und lösen Schutz- und Verteidigungsinstinkte aus.
- Hinzu kommt noch, dass Frauen einen leichteren Schlaf als Männer haben und auch häufiger zu Schlafstörungen neigen.
- Forscher haben untersucht, wie sich das weibliche Gehirn verändert, wenn eine Frau Mutter wird. Schon während der Schwangerschaft kommt es zu Veränderungen in Hirnarealen der sozialen Kognition die unter Umständen die spätere Fürsorge der Mutter für ihr Kind beeinflussen. Im Zusammenhang damit liegt die Vermutung nahe, dass es sich beim Ammenschlaf um eine Art Urinstinkt handelt und die Frau mit der Geburt stärker auf die Geräusche ihres Kindes reagiert.
Ammenschlaf bei Vätern
Das heißt jedoch nicht, dass Väter auf nächtliche Reize gar nicht reagieren. Ist der Vater Bezugsperson Nr. 1 reagiert er auch stärker auf die nächtlichen Kindsgeräusche und wird schneller wach. Teilen sich Mutter und Vater die Verantwortung, dann werden beide nachts schnell wach, wenn das Kind Laute von sich gibt.
Sensibel auf die Reize ihres Kindes reagieren können sowohl die Mutter als auch der Vater. Eltern sind lt. des Schlafforschers und Kinder- und Jugendarztes Dr. Alfred Wiater darauf konditioniert vor allem auf akustische Reize des Kindes empfindlicher zu reagieren als auf andere, äußere Reize.
💡 Der Ammenschlaf betrifft übrigens nicht nur Eltern. Immer da, wo wir ein wenig Kontrolle über die Situation haben wollen, tritt das Phänomen auf. Ein Beispiel: Wenn Du in einem Hotel schläfst und die neue Umgebung nicht kennst, schläfst Du in den ersten Nächten meistens schlecht.
Aufwachen bei Schwerhörigkeit
Du musst Dir in der Regel keine Sorgen machen, dass der Ammenschlaf mal nicht funktioniert. Wenn Du innerlich darauf eingestellt bist, dass Du Dein Baby versorgen musst, dann reagierst Du auch auf seine Signale. Das funktioniert sogar, wenn Du nicht gut oder gar nicht hörst. Ich selber bin schwerhörig und trage Hörgeräte. Wenn ich schlafe, nehme ich sie raus und höre gar nichts. Natürlich habe ich Hilfsmittel, die bei Geräuschen meiner Kinder reagieren, aber oft bin ich davor schon wach. Bei mir ist es so: Auch wenn ich meine Kinder nicht höre, habe ich im Schlaf einen Instinkt, der mich weckt. Das ist dann sozusagen mein ganz persönlicher Ammenschlaf.
