Dass Babys und Kleinkinder mal Bauchschmerzen, Blähungen oder ungewöhnlichen Stuhlgang haben, wissen vermutlich alle Eltern. Doch was, wenn diese Symptome nicht mehr aufhören? Kann es sich um eine Kuhmilchallergie beim Baby handeln? Welche Symptome auf eine Milcheiweißallergie hindeuten können, auf welche Nahrung Du in diesem Fall zurückgreifen solltest und wie es weiter gehen kann, erfährst Du hier.
Was ist eine Kuhmilchallergie?
Kuhmilchallergie, Kuhmilcheiweißallergie, Milcheiweißallergie, Milchallergie, CMPA (cow’s milk Protein allergy) – all diese Begriffe bezeichnen dieselbe Tatsache: Der Organismus Deines Babys reagiert auf eines oder mehrere der über 25 Proteinstrukturen in der Kuhmilch. Das Immunsystem erkennt diese nicht als Nahrung, sondern als potentiellen Angriff und versucht, sie mit einer Immunreaktion unschädlich zu machen: Antikörper werden gebildet, es wird Histamin ausgeschüttet und eine allergische Reaktion tritt auf.
Wie das Milchprotein in den Körper des Babys gelangt, ist dabei unerheblich. D.h. ein Kind mit Milchallergie reagiert auf Frischmilch im Brei genauso wie auf Pulvernahrung auf Kuhmilchbasis oder manchmal sogar auf Milchproteine in der Muttermilch. In einigen Fällen tritt sogar eine Reaktion auf, wenn die Haut mit Kuhmilchprodukten in Berührung kommt.
Wichtig zu wissen ist, dass es sich dabei nicht um eine Laktoseintoleranz handelt. Diese Problematik hat nichts mit dem Immunsystem zu tun, sondern mit dem Verdauungstrakt. Auch entsteht die Reaktion bei einer Laktoseintoleranz (Laktoseunverträglichkeit) nicht auf das Milcheiweiß, sondern auf den Milchzucker. Eine Laktoseintoleranz ist bei Säuglingen selten.
Wann entwickeln Babys eine Kuhmilchallergie?
In welchem Alter beginnt eine Milcheiweißallergie? Eine Allergie auf Kuhmilch entwickelt sich sehr früh, oft schon während der Stillzeit. Mediziner gehen davon aus, dass etwa 2-3% aller Säuglinge eine Milchallergie entwickeln. Die gute Nachricht: Meistens „verwächst“ sich die Allergie im Laufe der ersten Lebensjahre wieder, d.h. betroffene Kinder können irgendwann wieder Milchprodukte zu sich nehmen.
Wann genau eine Besserung der Kuhmilchallergie bei Deinem Baby eintritt, kann niemand vorhersagen. Die meisten Kinder können aber etwa ab dem 3. Geburtstag wieder Milchprodukte essen. Spätestens im Schulalter ist die Allergie bei 80-90 % der Kinder vorbei.
Wie erkennt man eine Kuhmilchallergie bei Babys?
Wie äußert sich eine Milcheiweißallergie bei einem Baby? Eine Allergie äußert sich bei jedem Menschen ein wenig unterschiedlich. D.h. es gibt eine Liste an möglichen Kuhmilchallergie-Symptomen, die aber nicht alle bei jedem Betroffenen auftreten.
Mögliche Anzeichen einer Milchallergie beim Baby sind:
Haut
- echter Milchschorf (nicht zu verwechseln mit Kopfgneis)
- Ausschlag
- Hautrötungen
- Schwellungen
- Nesselsucht
- Bläschen
- Schwellung der Lippen
- Verschlechterung einer Neurodermitis
Verdauungstrakt
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Durchfall
- Verstopfung
- Blut im Stuhl
- Erbrechen
- Reflux
- bei kleinen Babys fehlende Gewichtszunahme
Atemwege
- Schwellungen der Schleimhäute
- chronischer Husten
- Schnupfen
- Bronchitis
Anaphylaktischer Schock
Im Extremfall kann es unmittelbar nach dem Verzehr von Milchprodukten zu einem allergischen Schock kommen. Dabei können sich die Atemwege verengen, es kommt zu Atemnot, akutem Blutdruckabfall, Schwindel, Bewusstlosigkeit. Sollte das passieren, verständige als allererstes den Notarzt.
Unmittelbare und verzögerte Symptome
Viele der Symptome, vor allem Erbrechen, Durchfall, Schwellungen und Rötungen im Gesicht, treten unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme auf. Es kann aber auch vorkommen, dass einige oder sogar alle der Beschwerden erst einige Zeit, teils bis zu 48 Stunden später auftreten. Eine typische Spätreaktion ist der Verschlechterung einer bestehenden Neurodermitis am nächsten Tag oder die Entstehung von nässendem, juckendem Milchschorf.
Stuhlgang bei Babys mit Kuhmilchallergie
Farbe und Konsistenz vom Stuhl bei Babys mit Milchallergie sind sehr unterschiedlich, jedoch meist auffällig. Während einige Babys Verstopfung haben, reagieren andere mit Blut im Stuhl oder sehr schleimigem Stuhlgang. Auch Durchfall tritt häufig auf. Durch Blutbeimengungen kann der Stuhlgang rötlich bis dunkel verfärbt sein.
Babys, die Spezialnahrung für Babys mit Milchallergie (s.u.) bekommen, entwickeln dann oft grünen bis dunkelgrünen Stuhl.
Was tun, wenn mein Baby auf Kuhmilch reagiert?
Wenn Du beobachtest oder den begründeten Verdacht hast, dass Dein Kind unter einer Milcheiweißallergie leidet, solltest Du einen Termin beim Arzt vereinbaren und vorerst alle Kuhmilchprodukte aus der Ernährung streichen.
Das gilt sowohl für Kuhmilch in der Beikost, als auch in der PRE-Nahrung oder für Dich als stillende Mutter.
Diese Eliminationsdiät solltest Du bei einer Diagnose mindestens 6 Monate aufrechterhalten, bevor Du – in Absprache mit dem Kinderarzt – testen kannst, ob die Allergie noch vorhanden ist.
Bitte versuche niemals, bei einer diagnostizierten Allergie selbst zuhause zu testen, ob Dein Kind das Nahrungsmittel schon wieder verträgt. Das kann sehr gefährlich werden, wenn die Immunreaktion heftig ausfällt und ein anaphylaktischer Schock auftritt!
Wie testen Ärzte eine Kuhmilchallergie beim Baby?
Der Arzt hat verschiedene Möglichkeiten, eine Kuhmilchallergie beim Baby zu testen.
- Prick-Test: Mit einem kleinen Kratzer in der Haut wird Kuhmilch in die oberste Hautschicht gebracht. Erfolg an dieser Stelle eine Hautreaktion, sind Antikörper gegen Kuhmilcheiweiß vorhanden.
- Blutuntersuchung: Die Antikörper können auch über einen Bluttest gesucht werden. Allerdings ist eine Blutabnahme für Kinder mit viel Stress verbunden.
- Orale Provokation: Unter ärztlicher Aufsicht kann Kuhmilch oral verabreicht werden, um zu testen, ob Symptome auftreten.
Eine zweifelfreie Diagnose ist bei Babys gar nicht so einfach, denn sie können sich ja nicht äußern zu ihren Beschwerden und körperlichen Reaktionen. Eine orale Provokation ist nicht immer ratsam, vor allem, wenn schon starke Symptome vorliegen. Meistens hilft darum eine Anamnese und die genaue Beobachtung der Reaktionen im Alltag.
Wann wird die Kuhmilchallergie beim Baby besser?
Wenn Dein Kind tatsächlich auf Kuhmilch reagiert, bessern sich alle Symptome innerhalb weniger Stunden bis Tage, wenn Du Kuhmilch und alle milchhaltigen Produkte komplett aus der Ernährung streichst.
Innerhalb von 2 Wochen sollte sich das Hautbild und die Verdauung normalisiert haben.
Achte darauf, die Milchprodukte langfristig nicht einfach nur wegzulassen, sondern durch kalziumreiche Alternativen zu ersetzen. Eine Ernährungsberatung bzw. Beikostberatung kann hierbei helfen.
Welche Nahrungsmittel bei Milcheiweißallergie Baby?
Vielleicht fühlst Du Dich jetzt ein wenig überfordert, was Du als stillende Mama oder Dein Baby in der Beikost denn nun konkret noch essen dürft? Damit Dir das leichter fällt, habe ich hier eine Liste mit Nahrungsmitteln, die nicht erlaubt sind. Alles andere, also Getreide, Fleisch, Fisch, Eier, Gemüse, Obst, usw. dürft ihr weiterhin ganz normal essen.
- Kuhmilch
- Schafmilch
- Ziegenmilch
- Stutenmilch
- Laktosefreie Milch
- Butter
- Joghurt
- alle Käsesorten, z.B. Hartkäse, Frischkäse, Weichkäse, Feta, Mozarella, Camembert
- Butterschmalz
- Sahne (Rahm / Schlagobers)
- Saure Sahne, Sauerrahm
- Quark, Speisequark, Topfen
- Schmand
- Crème Fraîche
- Buttermilch
- Kefir
- Dickmilch
- Milchpulver
- Vollmilchpulver
- Magermilchpulver
- Kondensmilch
- Milchcreme
- Molke
- Molkepulver
- Molkeprotein
- Molkeeiweiß
- Trockenmilch
- fettfreie Milchtrockenmasse
- Pre-Milch auf Kuhmilchbasis
- Folgemilch auf Kuhmilchbasis
- Kindermilch
- Milchschokolade
- Brotaufstriche mit Milchpulver (z.B. Nutella)
- Trinkschokolade auf Kuhmilchbasis
Auch laktosefreie Milch gehört zu den Milchprodukten, denn hier ist nur der Milchzucker, nicht aber die Milchproteine entfernt. Ziegen- und Schafmilchprodukte eignen sich bei manchen Kindern als Ersatz, viele reagieren aber auch auf die Proteine in dieser tierischen Milch.
Frag bei Medikamenten sicherheitshalber nach, ob Kuhmilcheiweiß enthalten sein kann.
Verarbeitete Produkte aus dem Supermarkt müssen kuhmilchhaltige Zutaten immer auf der Zutatenliste aufweisen. Neben einfach verständlichen Begriffen wie „Milch“ kann da auch stehen:
- Molke
- Molkepulver
- Molkeeiweiß
- Milchpulver
- Milcheiweiß (-protein)
- Casein (Kasein)
- Caseinate (Kaseinate)
- Calciumkasein
- Kaseinkonzentrat
- Kaseinhydrolysat
- Hydrolysiertes Kasein
- Hydrolysierte Molke
- Lactalbumin
- Milchalbumin
- Lactoglobulin
- Milchalbuminphosphat
- Malzmilch
- Proteinhydrolysatt
Darf ich mein Baby mit Kuhmilchallergie stillen?
Muttermilch ist auch und gerade bei Kindern mit Allergieneigung die beste Wahl. Denn Allergien und das Immunsystem stehen im engen Zusammenhang mit der Darmgesundheit – und diese wird durch das Stillen optimal gestärkt. Allerdings ist es unerlässlich, dass Du als stillende Mutter die obige Eliminationsdiät ebenfalls ausnahmslos durchhältst. D.h. Du solltest Milchprodukte jeder Art so lange konsequent meiden, bis Du abgestillt hast oder sich die Milcheiweißallergie beim Baby verwachsen hat.
Welche Pre-Nahrung bei Milcheiweißallergie?
Wenn ein Säugling nicht oder nur teilweise gestillt wird, braucht er stattdessen Flaschennahrung aus industriell hergestelltem Milchpulver. Normale Produkte sind immer auf der Basis von Kuhmilch hergestellt, einfach weil das die günstigste Option ist. Das bedeutet, ein Kind mit Kuhmilchallergie reagiert auf diese Art von Milch mit Allergiesymptomen.
Es gibt PRE-Nahrung auf Ziegenmilchbasis, allerdings vertragen das die wenigsten Kinder mit Milchallergie, denn die Eiweiße sind sehr ähnlich. Früher in diesem Fall verwendete Säuglingsnahrung auf Sojabasis wird heute ausdrücklich nicht mehr empfohlen. Denn darin enthaltene Phytoöstrogene (hormonähnliche Stoffe) könnten in so hohen Mengen schädlich auf den Organismus von Säuglingen wirken. Bei Soja in der Beikost musst Du Dir dagegen keine Sorgen machen, das ist in normalen Mengen völlig unproblematisch.
Auch herkömmliche HA-Nahrung ist nicht ausreichend für Babys mit Kuhmilcheiweißallergie. Sie enthalten immer noch hydrolysiertes (aufgespaltenes) Eiweiß aus der Kuhmilch. Stattdessen brauchst Du hypoallergenes Milchpulver speziell für Babys mit bestehender Kuhmilchallergie, z.B. von Neocate, Althera, Pregomin oder Alfaré.
Wenn der Arzt bei gesicherter Diagnose die Spezialnahrung per Rezept verschreibt, können die Kosten von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden. Sie muss dann aus der Apotheke bezogen werden. Erkundige Dich am besten vor dem Kauf bei Deiner Krankenkasse, wie Du vorgehen musst.
Wie gewöhne ich ein Baby mit einer Milchallergie an Milch?
Ein Kind mit einer bestehenden Kuhmilcheiweißallergie sollte Kuhmilch in jeder Form und Dosierung gänzlich vermeiden. Eine Gewöhnung oder Desensibilisierung durch kleine Mengen ist laut aktuellem Kenntnisstand nicht möglich und sollte niemals in Eigenregie durchgeführt werden. Sprich das Vorgehen immer mit dem behandelnden Kinderarzt oder pädiatrischen Allergologen ab!
Allerdings kannst Du davon ausgehen, dass sich die Allergie im Laufe der Zeit bessert. In Absprache mit dem Arzt könnt Ihr darum an einem bestimmten Punkt (am besten in der Klinik) testen, ob es so weit ist und dann Dein Kind an Milchprodukte gewöhnen.
Quellen
- AWMF online (2021): Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, 2007): Säuglingsnahrung aus Sojaeiweiß ist kein Ersatz für Kuhmilchprodukte
- Lange, L.: (2010) Elternratgeber Kuhmilchallergie, ersch. in Pädiatrische Allergologie 13
- Zuberbier, T. / ECARF (European Centre for Allergy Research Foundation) (2019): Kuhmilchallergie
Mehr Infos dazu findest Du hier.