Dein zweites Kind ist unterwegs und Du bist ein bisschen rat-und planlos, was Du im Vergleich zur ersten Schwangerschaft beachten oder im Vorfeld organisieren musst? Hier bekommst Du 5 praktische Tipps für die Zeit vor und nach der Geburt Deines zweiten Kindes, die Dir die Sorgen nehmen oder Dich vielleicht auch ein wenig umdenken lassen.
1. Soziales Netz aufbauen
Meiner Ansicht nach einer der wichtigsten Punkte überhaupt für Mehrfacheltern. Bereits in der Schwangerschaft mit dem zweiten Kind wirst Du feststellen, dass Du deutlich früher auf „Hilfe“ von außen angewiesen bist. Das kann die Oma sein, die mit dem Geschwisterkind in den Park geht, während Du zum Frauenarzt musst oder das Nachbarskind, das Deinen Hund ausführt, weil Dir der Rücken wehtut und Dein Großer mit Brechdurchfall daheim liegt. Auch außerhalb von Not-oder Ausnahmesituation macht es Sinn, für Entlastung zu sorgen.
Hinzu kommt natürlich auch, dass dieses Netz spätestens zur Geburt Gold wert ist. Denn je entspannter Du in Hinblick auf die Betreuung des ersten Kindes bist, desto besser kannst Du Dich auf die Geburt des zweiten Kindes einlassen.
Das bedeutet konkret:
- Besprecht und „trainiert“ mit dem „großen“ Kind den Ernstfall, auch wenn es selbst noch klein ist. Kinder sind Gewohnheitstierchen und unvorhersehbare Ereignisse machen ihnen oft noch mehr zu schaffen als uns Großen.
- Das heißt, besprecht mit dem Kind, dass es sein kann, dass Mama relativ plötzlich weg ist.
- Erklärt ihm, wer für es da ist, wer es vom Kindergarten abholt und ins Bett bringt. Und auch, dass Mama und Papa wiederkommen und das Baby mitbringen.
- Übt diese Situation, indem Du vielleicht vorher schon mal einen Abend weg bist. Geht vielleicht nochmal schön essen oder ins Kino und lasst die Betreuungsperson auch „wichtige“ Dinge wie das ins Bett bringen oder Essen übernehmen. So lernt nicht nur Dein Kind, dass es auch von anderen Personen (notfalls) versorgt werden kann, sondern Du bekommst auch ein bisschen Gelassenheit und musst Dir darüber nicht so viele Sorgen machen, wenn die Geburt losgeht.
2. Den Notfall durchspielen
Normalerweise bin ich kein Typ, der sich oder anderen irgendwelche Horrorszenarien ausmalt. Allerdings muss ich sagen, dass es mich in meiner zweiten Schwangerschaft irgendwie beruhigt hat, einen Notfallplan zu haben. Mit Notfallplan meine ich in erster Linie auch wieder die Gewährleistung der Betreuung Deines großen Kindes. Aber ich rede jetzt nicht von der Geburt, da haben die meisten alles super geplant und organisiert. Vielmehr kann es ja theoretisch zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft sein, dass Du notfallmäßig zum Arzt oder in die Klinik musst.
Es ist also wichtig, sich im Vorfeld zu überlegen, wo Du Dein erstes Kind schnell unterbringen kannst oder wer in diesem Falle das Kind aus Kindergarten, Kita oder Schule holt. Das muss evtl. auch mit den Erziehern abgesprochen werden, da in den meisten Kindergärten angegeben werden muss, wer zur Abholung des Kindes berechtigt ist. Häufig höre ich bei Vorgesprächen oder im Kurs dann von den Frauen „Im Notfall kann ich das Kind ja auch mitnehmen“, was ich leider an dieser Stelle relativieren muss. Kinder unter 16 sind in den allermeisten Kreißsälen verboten.
Das hat unterschiedliche, durchaus berechtigte Gründe die von Hygienevorschriften über den Schutz der gebärenden Frauen bis zum Schutz des Kindes reichen. Das bedeutet auch, im allerschlimmsten Fall stehst Du vielleicht mit vorzeitigen Wehen oder einer Blutung mit Deinem ersten Kind an der Hand vor dem Kreißsaal und bekommst die Auskunft, dass Du hinein musst, um zu kontrollieren, wie es dem Baby geht, aber Dein großes Kind nicht mit darf. Dieses für alle Beteiligten traumatische Erlebnis solltest Du Dir und Deinem Kind ersparen, indem Du für den Notfall Vorkehrungen triffst und Nachbarn, Familie oder Kindergartenfreunde mit ins Boot holst. So kannst Du die kurze Zeit zu überbrücken, bis Betreuungspersonen, die aufgrund von Anfahrt oder Organisation etwas länger brauchen, da sind und übernehmen können.
3. Geschwister altersgemäß auf das zweite Kind vorbereiten
Ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt und bei vielen Zweitgebärenden relativ weit oben auf der Sorgenliste. Wie bereite ich mein Kind auf sein Geschwisterchen vor? Wie kann ich Eifersucht verhindern? Wie gehe ich mit verletztenden Aussagen des Kindes um?
- Zunächst einmal würde ich die ganze Sache mal aus der Sicht des großen Kindes betrachten. Da war man zwei, drei oder noch mehr Jahre mit den Eltern „alleine““, musste weder Aufmerksamkeit noch Spielzeug teilen und durfte manche Dinge ganz alleine entscheiden und tun. Herrlich war das…aber irgendwie halt auch normal. Plötzlich ändert sich alles. „Die Treppen muss ich jetzt immer alleine hochgehen, auch wenn Mama mich früher oft noch getragen oder huckepack genommen hat. Die Mama ist oft müde und hat so einen dicken Bauch bekommen, dass sie nach einer Runde hinter meinem Laufrad herrennen schon nicht mehr kann. Und alle reden ständig davon, dass ich groß bin und bald ein Baby kommt, dass die Mama dann ganz viel braucht…aber ich brauch die Mama doch auch ganz viel….“
- Für uns Erwachsene ist die Vorstellung, dass da plötzlich noch ein zweites Kind da ist, das man liebt und für das man Zeit und Energie aufbringt schon total abstrakt. Von unseren Kindern erwarten wir aber, dass die damit super umgehen und im besten Falle auch noch „Hurra“ schreien, wenn so ein kleines Baby dafür sorgt, dass die Hörspiel- CD jetzt nur noch halb so laut abgespielt werden darf. Und man alle kleinen Playmobilteile, mit denen man gerade gespielt hat ständig wegräumen muss oder dem Lieblingsbuch plötzlich eine Seite fehlt. Großer Bruder oder Schwester sein ist nicht immer leicht! Und genau das würde ich mir immer wieder klar machen.
- Erwarte nicht zu viel von Deinem großen Kind, meist sind die ja auch noch klein. Und wenn ein Dreijähriger plötzlich wieder aus der Nuckelflasche trinken will oder ein Knisterbuch zum Anschauen braucht, warum nicht? Irgendwann wird es von ganz alleine langweilig.
Ich finde es wichtig, Geschwisterkinder altersgemäß auf das zweite Kind vorzubereiten. Schau Dich um, welche Bücher zum Thema es gibt und erkläre Deinem Kind in einfachen Worten, was da gerade passiert. Warum Du manchmal anders bist als früher oder manche Dinge sich gerade verändern.
Was ich persönlich als super Empfehlung weitergeben kann, ist, mit dem Kind Fotos aus seiner eigenen Babyzeit anzuschauen. Mein Großer war erst zweieinhalb, aber das hat wirklich gut funktioniert. Zu sehen, dass es als Baby genau so getragen und gehalten, gewickelt und umsorgt worden ist, nimmt dem Kind das Gefühl, plötzlich weniger wert zu sein. Vielmehr sieht es, dass Babys eben bestimmte Bedürfnisse haben und dass man mit Babys eben anders umgeht als mit großen Kindern.
Auch finde ich Eifersucht in dieser Situation etwas völlig Normales und würde dem Kind das auch so vermitteln. Eifersucht darf sein! Dem Kind zu sagen: „Es ist ok, dass Du Dich manchmal so fühlst“ nimmt ich viel Druck aus der ganzen Sache.
Ebenso würde ich Aussagen wie „Ich will, dass das Baby wieder weg geht“ oder auch „Ich schmeiß das Baby in den Müll“ oder „Die Hebamme kann es wieder mitnehmen“ (alles schon erlebt) keinerlei Bedeutung beimessen. Kinder umreißen die Konsequenz einer solchen Aussage gar nicht. Im Zorn oder in der Enttäuschung kann so ein Satz schon mal rausrutschen und ist nicht wörtlich zu nehmen.
4. Klare Regeln aufstellen
Bei allem Verständnis für das große Kind müssen bestimmte Regeln im Umgang mit dem Baby einfach sein. Generell finde ich es super, die Geschwister so früh wie möglich und so viel sie möchten einzubinden. Windeln holen, Schnulli reinstecken oder Söckchen aussuchen können schon die Kleinsten und fühlen sich dadurch wichtig und gebraucht. Auch wenn es dabei für den mütterlichen Geschmack ein wenig rabiat zugeht, würde ich es so lange wie möglich tolerieren.
Aber natürlich sind bestimmte Regeln einfach notwendig und müssen gegebenenfalls frühzeitig und mehrmals wiederholt werden:
- Beispielsweise, dass Babys nur Milch trinken und man keine Gummibärchen mit ihnen teilt, auch wenn es lieb gemeint ist.
- Oder, dass ein Baby nur auf den Arm des Geschwisterkindes darf, wenn es auf der Couch sitzt und Mama dabei ist.
Prinzipiell würde ich Dinge immer erst dann ansprechen, wenn sie gerade dabei sind zu passieren. Das heißt, wenn Du siehst, Dein Kind will das Baby aus dem Bettchen holen oder vom Boden aufheben oder steckt ihm etwas in den Mund. Manchmal bringt man die Großen nämlich erst durch Verbote auf dumme Ideen. Hierbei kann es im Übrigen auch helfen, die Hebamme mit einzubinden. Mich stören Geschwisterkinder bei Hausbesuchen beispielsweise gar nicht und ich beziehe sie nach Möglichkeit immer ein, wenn sie das wollen. Gerade Dinge wie „am Köpfchen ist das Baby ganz empfindlich“ oder „beim Hochnehmen braucht man anfangs meistens etwas Hilfe, das musste ich der Mama auch erstmal zeigen, also kann sie Dir jetzt immer helfen, wenn Du das Baby hochnehmen magst“ kommen bei dem Kind noch einmal ganz anders an und setzen sich anders fest, als wenn nur Mama und Papa das sagen.
5. Ruhe bewahren
Mach Dir trotz allem nicht zu viele Gedanken. Es wird am Ende sowieso anders kommen als geplant und manches kannst Du nur bedingt beeinflussen. Dein erstes Kind wird vielleicht in der Zeit, in der Du im Krankenhaus bist, wenig schlafen, viele Nutellabrote essen und mit Oma oder Tante oder Freund im Bett schlafen… aber es wird sich dann wenigstens nicht alleine oder verloren fühlen und ganz sicher keinen Schaden davontragen. Deine Kinder werden sich wie die Kesselflicker streiten und am Ende hat das erste Lächeln wahrscheinlich trotzdem nicht Dir sondern dem großen Bruder oder der Schwester gegolten.
Und schließlich hast Du schon beim ersten Kind alles hinbekommen. Also Kopf hoch und auch ein bisschen die Zeit genießen nicht vergessen!