Für mich war das immer ein Horrorszenario: Das Haus ist fertig, der Arbeitsplatz sicher, die Finanzen in trockenen Tüchern: das Wunschkind kann also kommen. Ich setze die Pille ab, wir hoffen und warten – und nichts passiert. Einigen meiner Freundinnen ist das in etwa so passiert, wenn sie mit der Kinderplanung gewartet haben, bis das Eigenheim fertig war. Doch was ist eigentlich besser, Baby vor oder nach dem Hausbau bekommen? Denn auch Bauen oder Renovieren mit Kindern hat natürlich seine Tücken. Ich habe mir da mal ausführlich Gedanken gemacht und ein Fazit gezogen.
Haus bauen und Baby bekommen – in dieser Reihenfolge?
Der mustergültige Weg ist natürlich der: Hochzeit, Hausbau, Kinder. Diese Reihenfolge hat durchaus Vorteile:
- Der Baustress ist um und Du kannst Dich voll und ganz auf den Kinderwunsch und hoffentlich die folgende Schwangerschaft konzentrieren.
- Finanziell ist alles abgesichert und geklärt, die Kreditraten stehen und ihr wisst, dass ihr euch nicht übernommen habt.
- Gleichzeitige Mietzahlungen für eine große, kindgerechte Wohnung entfallen.
- Im Haus ist genug Platz für Kinderzimmer.
- Es gibt einen Garten, den man kindersicher gestalten kann.
- Deine Kinder sind von Anfang an im eigenen Zuhause, müssen nicht irgendwann umziehen.
Gleichzeitig gibt es aber auch Nachteile, die gegen diese Reihenfolge sprechen.
- Oft kann man die Bedürfnisse von Kindern noch gar nicht so gut einschätzen, bevor man welche hat. Thema Babyzimmer zum Beispiel. Wir brauchen für unseren 4-jährigen bis heute kein eigenes Kinderzimmer, weil er nicht alleine sein kann. Das hätte ich mir vorher nicht gedacht.
- Es vergeht Zeit, oft einige Jahre, bis das Eigenheim fertig ist. In dieser Zeit habt ihr eben noch keine Kinder. Folglich seid ihr dann schon älter als Eltern, als ihr es vielleicht eigentlich wolltet.
- Mit steigendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit auf bestimmte Fehlbildungen bzw. Chromosomenaberrationen (z.B. Trisomie 21). Gleichzeitig sinkt die Fruchtbarkeit beider Elternteile mit den Jahren.
- Ich habe schon oft erlebt, dass der Druck dann sehr hoch ist, wenn der „perfekte Moment“ für das Wunschkind erreicht wurde. Das belastet auch den Körper und eine Schwangerschaft kommt vielleicht nicht wie erhofft.
Schwanger und Hausbau?
Also lieber erst ein Haus bauen, wenn man schon schwanger ist? In diesem Fall ist erst einmal die wichtigste Frage: Bauen lassen oder selber anpacken? Denn selber bauen oder renovieren ist in der Schwangerschaft nur sehr bedingt möglich. Du solltest Dich keinesfalls überlasten und jederzeit die Möglichkeit haben, Dich auszuruhen.
Selbst, wenn ihr alle wichtigen Arbeiten von externen Firmen erledigen lasst, gibt es für Dich als Schwangere noch viel zu tun. Vor allem die psychische Belastung solltest Du nicht unterschätzen. Es müssen Entscheidungen getroffen werden und die Bauarbeiten überwacht werden. Vermutlich arbeitet Dein Mann und hat nicht immer die Zeit dafür. Das bedeutet für Dich Stress und Zeitdruck – denn mit dem Entbindungstermin habt ihr wahrscheinlich eine definitive Deadline, wann alles soweit fertig sein muss für den Einzug.
Oft dauert der Haubau auch weitaus länger, als geplant. Schon der Baubeginn verzögert sich in vielen Fällen, weil Genemigungen fehlen oder die beautragte Firma überlastet ist.
All das tut einer Schwangerschaft nicht gut.
Auch ein Haus kaufen, wenn man schwanger ist, scheint da nicht so viel besser. Denn dann stehen Besichtigungstermine an, die vielleicht nicht gleich um die Ecke sind. Lange Fahrten mit Auto oder Öffentlichen, bevorzugt am späten Nachmittag oder Abends, wenn eine schwangere Frau vielleicht schon müde ist.
Wenn dann der Kaufvertrag notariell beglaubigt ist, geht es erst richtig los. Umbauten müssen in Auftrag gegeben werden, überwacht werden, man muss ggf. um die Baustelle herum leben – oder eben warten.
Wenn Du trotzdem einen Hausbau in der Schwangerschaft planst, dann unbedingt so, dass alles weiterläuft, auch wenn Du komplett ausfällst oder das Baby zu früh kommt.
Hausbau mit Kindern – geht das überhaupt?
Dann bleibt eigentlich nur noch die Variante: Erst eine Familie gründen, dann das Eigenheim planen und finanzieren.
Die Vorteile hier:
- Der Hausbau muss nicht so schnell gehen, zumindest nicht aus Gründen eurer Familienplanung.
- Ihr könnt die Räume und Inneneinrichtung den Bedürfnissen anpassen. Du weißt schon viel mehr, was Babys und Kleinkinder brauchen. Vielleicht habt ihr sogar die Familienplanung schon abgeschlossen und wisst sicher, wie viele Kinderzimmer ihr braucht?
- Auch über die eigenen Bedürfnisse ist man sich oft viel mehr im Klaren, weil man einfach ein wenig älter geworden ist und Lebenserfahrung sammeln konnte.
- Es gibt finanzielle Unterstützung vom Staat in Form von Baukindergeld. Das sind aktuell 12.000 € gezahlt über 10 Jahre für jedes Kind unter 18. In manchen Fällen unterstützen auch die Kommunen.
Aber gerade mit kleinen Kindern ist der Hausbau auch mit vielen Nachteilen verbunden.
- Euer Stresslevel als Eltern ist wahrscheinlich schon so recht hoch, eure Nerven vielleicht am Limit. Dann noch die Zusatzbelastung durch den Hausbau oben draufzusetzen, bringt das Fass vielleicht zum Überlaufen.
- Mit Kindern eine Baustelle besichtigen ist mit zusätzlichen Gefahrenquellen und viel Dreck verbunden. Auch Möbel aussuchen oder die Inneneinrichtung planen wird sicherlich nicht so entspannt, als wenn ihr nur zu zweit wärt.
- Bis zum Einzug braucht ihr eine Übergangslösung, vermutlich eine Mietwohnung. Das bedeutet eine finanzielle Doppelbelastung durch große Wohnung und Hausbau.
- Kinder müssen irgendwann umziehen, das tut nicht allen unbedingt gut, wie eine Studie 2016 gezeigt hat.
Der Knackpunkt beim Haubau mit Kindern ist in meinen Augen der finanzielle Spielraum: Wie viel Eigenleistung muss und will man einbringen, wie viel kann man einfach in Auftrag geben?
Auch eine gute Kinderbetreuung durch Verwandte oder Kita macht einen großen Unterschied. Und dann ist auch das Alter der Kinder ein wichtiger Punkt. In den ersten 6-12 Monaten braucht ein Baby eigentlich rund um die Uhr Aufmerksamkeit. Auch Kleinkinder kann man nicht einfach mal allein lassen. Erst mit dem Vorschulalter wird es allmählich etwas einfacher, finde ich.
Mit Baby auf Baustelle ziehen?
Das ist im Moment unsere Lösung: Wir wohnen mit Baby (10 Monate) und Kleinkind (4 Jahre) in einem halbrenovierten Haus. Obwohl meine Eltern direkt gegenüber wohnen und uns helfen, kommen wir nur sehr langsam voran. Das ist aber in Ordnung, denn das Haus ist auch im aktuellen Zustand bewohnbar. Das heißt, wir können ein Zimmer nach dem anderen renovieren – im ganz eigenen Tempo. Denn in der Zwischenzeit zahlen wir keine Miete und haben doch ein Eigenheim. Das ist der große Vorteil dieser Version.
Der Nachteil ist natürlich, dass wir vieles eben so hinnehmen müssen, wie es hier ist. Die Raumaufteilung zum Beispiel und die Bauart. Würden wir ein neues Haus bauen, würden wir sicher keine Ziegelwände mehr bauen und ein viel kleineres Haus.
Mein Fazit: Eigenheim mit Kind – ja, aber…
In Anbetracht dieser Punkt und nach meiner Erfahrung mit Renovierung eines alten Hauses, würde ich Dir abschließend zu folgendem raten:
- Schwanger und im ersten Jahr mit Baby würde ich weder ein Haus bauen (lassen), noch renovieren.
- Mit Kleinkindern ab etwa 2 Jahren sind Hausbau und Renovierungen immer noch stressig, aber möglich.
- Ich persönlich würde einen Kinderwunsch nicht nach hinten ziehen, um zuerst einen Hausbau zu beginnen.
- Ein renovierungsbedürftiges, aber bewohnbares Haus kaufen und mit Baby oder Kleinkind einziehen, geht. Renovieren kann man dann im eigenen Tempo. Natürlich muss man dann aber Kompromisse in Kauf nehmen.
Für den Umzug mit Kind hat Mama Julia hier einige praktische Tipps und Tricks für Dich.
Hast Du schon Erfahrungen gemacht zum Thema Hausbau und Kind? Baby vor oder nach dem Hausbau – was würdest Du raten? Schreib es uns in die Kommentare!
Sehr interessanter Artikel über Haus bauen und Kind bzw. Schwangerschaft. Es ist sicher nicht einfach beides zeitgleich zu managen aber den perfekten Zeitpunkt gibt es ja meist sowieso nicht.