Seit August 2013 haben Eltern in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr. Gleichzeitig wurde ein Bundesbetreuungsgeld eingeführt — für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Weil das Bundesverfassungsgericht dieses Betreuungsgeld — spöttisch oft als „Herdprämie“ bezeichnet — wenig später für unzulässig erklärte, steht es heute in der ursprünglichen Form nur noch in einem einzigen Bundesland zur Verfügung.
Was ist Betreuungsgeld?
Zum 1. August 2013 eingeführt, war das Betreuungsgeld in Deutschland Teil des Koalitionsvertrages zwischen FDP und CDU/CSU nach der Bundestagswahl 2009. Es war als Ausgleich für Eltern gedacht, die ihre Kleinkinder zuhause betreuen — und deshalb keine staatlichen Zuschüsse für Kinderkrippe, Kita oder Tagesmutter für ihre Kleinkinder in Anspruch nehmen. Auf Antrag ausgezahlt wurde es an alle Haushalte mit Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr, in denen die Kinder zu Hause betreut wurden.
Die Höhe betrug zunächst 100, später 150 Euro. Der Anspruch auf Betreuungsgeld endete mit dem dritten Geburtstag des Kindes.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte das Betreuungsgeld Mitte 2015 für verfassungswidrig, weil der Bund bei Familienleistungen keine Gesetzgebungskompetenz habe — das sei Ländersache. Geklagt hatte der Stadtstaat Hamburg, weil die dortige Regierung das Betreuungsgeld nicht nur für unvereinbar mit dem deutschen Grundgesetz hielt, sondern auch für politisch falsch.
Das veranschlagte Bundesbudget von 900 Millionen Euro war somit wieder verfügbar.
Kritik am Betreuungsgeld
Schon vor der Verabschiedung im Bundestag sorgte das Betreuungsgeld für viel Kritik.
Kritiker bemängelten, dass das Betreuungsgeld falsche Anreize gegen eine Berufstätigkeit der Mutter setze. Der Staat führe eine Maßnahme ein, die das Alleinverdienermodell, meist durch den Vater, fördere. Politisch erstrebenswert und sozial fair sei dagegen eine Verbesserung der Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nur so könne für beide Elternteile eine echte Wahlfreiheit entstehen.
Die Tatsache, dass das Betreuungsgeld dazu beitragen könne, dass Frauen nach der Geburt der Kinder zu Hause bleiben, statt an den Arbeitsplatz zurückzukehren, brachte dem Betreuungsgeld den spöttischen Namen „Herdprämie“ ein. Eine Prämie für Familien, die das traditionelle Rollenmuster des Familienversorgers und der Hausfrau am Herd bedienen. Die Zukunfts- und Berufschancen von Frauen beeinträchtige das erheblich. Denn je länger die Babypause dauere, desto schwieriger der Wiedereinstieg ins Berufsleben.
Das Betreuungsgeld sei außerdem ein Anreiz für sozial schwache Familien und Migranten, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. Genau diese Kinder profitieren jedoch erfahrungsgemäßam meisten von einer frühen Förderung. Eine frühe Betreuung verbessere ihre sprachlichen Fähigkeiten sowie die Integration in unsere Gesellschaft.
Vorteile des Betreuungsgeldes
Trotzdem gaben immerhin 25% der Deutschen bei einer Umfrage aus dem Jahr 2012 an, ihr Kind unter drei Jahren lieber zu Hause zu betreuen und dafür Betreuungsgeld in Anspruch zu nehmen. Nach der Einführung wurde das Betreuungsgeld am häufigsten in Bayern, Baden-Würtemberg und NRW beantragt.
Für manche Eltern bedeutete das Betreuungsgeld nämlich vor allem das, wofür es ursprünglich gedacht war: Wahlfreiheit. Sie konnten sich unter gemindertem finanziellen Druck frei entscheiden, ob sie ihr Kind lieber selbst zu Hause betreuen oder in eine Betreuungseinrichtung geben wollen.
Für Eltern, die sich bereits gegen eine Fremdbetreuung entschieden hatten, bietet das Betreuungsgeld eine gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung ihrer Erziehungsleistung.
Vermutlich hätte das Betreuungsgeld auch zu einer finanziellen Entlastung des Staates geführt. Denn die Kosten für einen Krippenplatz sind weitaus höher als das Betreuungsgeld.
Betreuungsgeld – nur noch in Bayern?
Seit Januar 2015 gibt es das Betreuungsgeld nur noch in Bayern. Hier hat die regierende CSU, die es als Wahlversprechen auch auf Bundesebene durchgesetzt hatte, die Leistung auf Landesebene wieder eingeführt. Geregelt wird es durch das Bayerische Betreuungsgeldgesetz (BayBtGG). Es garantiert einen nahtlosen Übergang von der Bundes- zur Landesleistung. Im Übergangszeitraum wurde es auch rückwirkend zum 1. Januar 2015 bewilligt und ausgezahlt.
Aktuell kann das Betreuungsgeld bis zu drei Monate rückwirkend beantragt werden. Der Antrag wird automatisch an Eltern verschickt, die Elterngeld für ein Kind in Bayern bezogen haben und die in Bayern wohnen. Für alle anderen ist er auf Anfrage erhältlich. In der Regel kann das bayerische Betreuungsgeld für Kinder vom 15. bis zum 36. Lebensmonat beantragt werden. Vorher exisitert der Anspruch nur, wenn kein Anspruch auf Elterngeld mehr besteht.
Familien in Bayern, Sachsen und Thürigen können außerdem ein sogenanntes Landeserziehungsgeld beanspruchen, das im Anschluss an das Elterngeld gezahlt wird. In Bayern ist es möglich, Landeserziehungsgeld und Betreuungsgeld gleichzeitig zu beziehen.
Was hältst Du von der „Herdprämie“? Würdest Du Dein Kind in einer Kita betreuuen lassen und arbeiten gehen, oder würdest Du lieber zuhause bleiben und das Betreuungsgeld in Anspruch nehmen? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!