Ihr kommt frisch aus der Klinik oder aus dem Geburtshaus nach Hause – und plötzlich seid ihr zu dritt! Diesen Moment hast Du vermutlich schon mehrmals in Gedanken durchgespielt. Die ersten Tage mit Baby zuhause sind eine intensive Zeit, auf die Du Dich schon vor der Geburt vorbereiten kannst – auch, wenn sich definitiv nicht alles im Vorfeld planen lässt.
Die ersten Tage mit Baby: Der Beginn des Wochenbetts
Hier im Magazin wirst Du bereits einige Artikel von mir zum Thema Wochenbett finden – von den in meinen Augen sinnvollsten Hygieneprodukten und der Vorbereitung auf das Wochenbett zuhause über die Rolle der Hebammenbetreuung gibt es einige wichtige Informationen zu dieser wichtigen Zeit. Auch die ambulanten Geburt wurde hier im Magazin bereits behandelt.
Da ich es aber als unheimlich wichtig empfinde, sich wirklich im Vorfeld realistisch und abseits der Instagram- und Hochglanzfotografie-Welt mit dem Wochenbett auseinanderzusetzen, möchte ich heute noch einmal einige generelle Tipps zusammentragen.
Der Artikel richtet sich in erster Linie an Schwangere mit dem ersten Baby im Bauch, erfahrene Mamas werden vermutlich wenig Neues mitbekommen – wobei das Wochenbett mit Geschwistern seine eigenen Herausforderungen mitbringt. Aber natürlich freue ich mich auch über Eure eigenen Erfahrungen und einen regen Austausch in den Kommentaren.
Was passiert im Wochenbett mit Dir und Deinem Baby?
Als Wochenbett bezeichnet man die ersten 6-8 Wochen nach einer Geburt. In dieser Zeit regeneriert sich der Körper nach der Schwangerschaft, Wundheilung und Laktation setzen ein und die Hormone stellen sich um. Die Gebärmutter verkleinert sich auf ihre ursprüngliche Größe und die Eltern-Kind-Beziehung entwickelt sich (weiter).
Für das Neugeborene sind diese ersten Wochen gekennzeichnet durch neue Aufgaben, tausende neue Eindrücke und dem erstmaligen Erleben der eigenen Körperlichkeit. Selbständig atmen, die Temperatur halten, Trinken und Verdauen müssen erst einmal „gelernt“ werden – und das kann auch mal mit der ein oder anderen Schwierigkeit verbunden sein.
Die ersten Tage mit Baby: Fiktion und Realität
Nachdem das Wochenbett jahrelang ein Schattendasein gefristet hat und es in der Öffentlichkeit eher darum ging, möglichst schnell so zu tun, als sei gar nichts gewesen, erlebt diese erste magische Zeit in meinen Augen u.a. durch Social Media in den letzten Jahren ein „Revival“. Allerdings eines, das teilweise auch falsche Erwartungen weckt oder zu Konflikten führen kann.
Vor einigen Jahren habe ich einmal ein Paar betreut, das einen erfolgreichen Blog betrieb. Und stets und immer zeigte man sich strahlend in aufgeräumter Kulisse und den tollsten Klamotten. Aus den Bildern und Beiträgen sprach das pure Glück und das Gefühl, alles ganz locker hin zu bekommen.
Die Realität aus Überforderung und Traurigkeit sah nur ich. Und schon damals dachte ich, dass ein Internetauftritt mit Reichweite doch eigentlich DIE Möglichkeit wäre, genau das auch zu zeigen.
Ich würde mir wünschen, dass es ein realistischeres Bild auch in der Öffentlichkeit davon geben darf, was das Wochenbett bedeutet. Und dass es auch für jede Familie etwas anderes bedeutet. Während die eine Frau sich ab Tag eins nach Geburt gerne schminkt und schön anzieht, um sich wohl zu fühlen, hat die andere kein Problem damit, bis nachmittags im Schlafi herumzuhüpfen und mit dem Baby zu kuscheln. Und beides ist völlig ok und darf sein. Denn „richtig“ ist das, was sich für Dich und Eure Situation richtig anfühlt. Etwas darstellen zu wollen, was man eben nicht ist, nur weil man es als irgendwie „richtiger“ empfindet, ist unnötig, anstrengend und meistens sowieso nicht dauerhaft machbar.
Was ich gerne zum Wochenbett sage
In meinen Geburtsvorbereitungskursen male ich ein eher „düsteres“ Bild zum Thema Wochenbett. Nicht im Sinne von „das wird alles ganz schrecklich“, eher nach dem Motto „plant nichts, was ihr nicht beeinflussen könnt“ und erwartet nicht zu viel von Euch selbst.
Die übergriffige Schwiegermutter ab Tag 1 für vier Wochen in der Wohnung, weil der Mann nicht da ist – könnte schwierig werden. Die eigene Hochzeit 8 Wochen nach dem Entbindungstermin planen – eher nicht. Mit dem 6 Wochen alten Baby für 6 Monate im Camper den Van Life-Traum leben – kann klappen, kann aber auch ganz furchtbar werden.
Was mir wichtig ist zu vermitteln ist, dass es nicht das Standardbaby gibt, mit dem man bestimmte Dinge ab Tag X machen kann. Ich bekomme immer wieder die Frage gestellt „kann ich…, wenn das Baby dann ein 2, 4, 6 Wochen alt ist ?“. Und die einzige Antwort, die ich darauf geben kann ist, dass ich das nicht weiß, weil wir alle Dein Baby ja noch gar nicht kennengelernt haben.
Du kannst nichts planen, wenn Du nichts weißt
Weder, wie die Geburt abläuft, noch, wie es Dir körperlich danach geht, noch, wie Dein Baby so drauf ist. Und es reduziert den Stress in den ersten Wochen als Neu-Eltern enorm, wenn man das im Vorfeld genau so kommuniziert. Wann der erste Besuch kommt, wer das ist und wo er Euch besucht, würde ich erst nach der Geburt und anhand der Situation entscheiden. Feste Termine eher ab- als definitiv zusagen und mir die Option offen halten, spontan umzuentscheiden, wenn es doch nicht geht.
Es wird Tage geben, an denen zwei mal Zähne putzen, eine warme Mahlzeit und eine Dusche etwas sind, worauf Du stolz bist, weil es vielleicht auch Tage gab, wo nicht einmal das drin war. Auch wenn Du es Dir vorher nicht vorstellen kannst: Ein einziger winzig kleiner Mensch kann es tatsächlich schaffen, zwei Erwachsene rund um die Uhr zu beschäftigen. Und das ist völlig ok, denn – und jetzt kommt etwas ganz, ganz Wichtiges: Das geht vorbei! Irgendwann werden diese Stunden zwischen Wickeln, Wäsche waschen, Stillen und Umhertragen nur noch eine Erinnerung sein. Anstrengend – ja, Kräfte und Nerven raubend – natürlich – aber eben auch einzigartig intensiv und irgendwie „magisch“.
Mach Dir das im Vorfeld nicht kaputt, indem Du Dir ein Wochenbett ausmalst, das gar nicht „Deins“ oder Euers ist.
Wochenbett & erste Tage mit Baby: Meine Hebammen-Tipps
Nach den allgemeinen, eher emotionalen Schilderungen möchte ich Dir aber natürlich auch konkrete Tipps an die Hand geben, mit denen Du im Vorfeld arbeiten kannst, um Dir das Wochenbett zu erleichtern. Die „althergebrachten“ Tipps sind hier tatsächlich die hilfreichsten:
✍Vorbereitung
Ein Hoch auf den Nestbautrieb! Allerdings fände ich manchmal eine Verschiebung der Prioritäten gar nicht so schlecht. Statt des 6. Schlafsacks eine Ersatzpackung Klopapier im Haus zu haben, kann durchaus Sinn machen. Also denk einfach auch an Dinge des täglichen Bedarfs, die Du gut bevorraten kannst. Kauf die Wochen vor der Geburt einfach ein bisschen mehr, damit Du es in den ersten Tage entspannt angehen lassen kannst.
Denk auch an Termine, die leichter ohne Baby zu organisieren sind. Alles, was Du und Dein Partner vorher erledigen könnt, macht das Wochenbett entspannter, z.B.:
- Friseur
- Inspektion / Reifenwechsel vom Auto
- Zahnarzt
- Tierarzt
- …
- Auch alle Anträge (Elterngeld, Krankenversicherung, Sorgerecht, Vaterschaftsanerkennung) können zu ganz großen Teilen bereits im Vorfeld bearbeitet und dann nach der Geburt nur ergänzt und abgeschickt werden.
Natürlich gilt das nicht nur für Dich als Mama, sondern auch für Deinen Partner. Denn auch der sollte in den ersten Tagen mit Baby zuhause keine vermeidbaren Zahnschmerzen bekommen (oder sich mit der überfälligen Steuer herumschlagen müssen).
🍝 Vorkochen
Etwas, das ich jahrelang gepredigt und erst nach meinen eigenen Geburten wirklich zu schätzen gelernt habe. Nach einer durchstillten Nacht oder einer anstrengenden Geburt mit höherem Blutverlust tut es so gut, eine warme, nahrhafte Mahlzeit zu haben. Dein Körper braucht Kraft und die bekommt er tausend mal besser aus dem selbst gekochten Geschnetzelten oder dem Gemüseeintopf, als aus der Butterbrezen, die man hektisch so nebenbei einschiebt. Klar ist die auch mal ok, aber ein bißchen was Nahrhafteres im petto zu haben ist sicher nicht verkehrt. Und ich hab mich gefreut wie ein Kind, als ich Monate später im hintersten Winkel der Tiefkühltruhe noch eine Wochenbett-Bolognese gefunden habe ;-)
☎️ Kommunizieren
Wie bereits gesagt: Kommuniziere im Vorfeld deutlich, wie Du Dir das Wochenbett in punkto Besuch etc. vorstellst. Denn wenn das vorher klar geregelt wurde, braucht hinterher keiner sagen, er wusste ja nicht, dass Du keinen Besuch möchtest. Überleg Dir auch mal, welche Art von Hilfe wirkliche Hilfe ist und welche nicht und besprich das möglichst frühzeitig. Natürlich darf jederzeit der Besuch kommen, der Dich und das Baby nicht stresst und es gehört ja auch dazu, dass der neue Erdenbürger gebührend empfangen wird. Nur, wenn Du abends dann mit Deiner entzündeten Brust oder dem Lochialstau da sitzt und vor Erschöpfung nur noch weinen kannst, war es das eben nicht wert.
🛒 Einkaufsliste für die ersten Tage mit Baby
Einige Dinge für das Baby oder Dich im Hause zu haben, finde ich persönlich sinnvoll. Natürlich haben wir in der heutigen Zeit viel mehr Möglichkeiten, schnell an nahezu alles ran zu kommen, aber gerade, wenn es eh schon stressig ist, kannst Du Dir den Shopping-Stress ersparen.
- Coolpacks (am Besten die Weichen, die man auch warm machen kann), TK-Erbsen, Quark als erste Hilfe bei Problemen mit der Brust
- Wärmekissen (z.B. von Warmies), Traubenkernkissen, Kirschkernsäckchen als erste Hilfe bei Bauchweh
- einfaches, digitales Fieberthermometer mit flexibler Spitze zur Temperaturkontrolle
- Wundschutzcreme (z.B. Calendula von Weleda)
- Ibuprofen 400 mg (Mittel der Wahl bei stillenden Müttern, wird inzwischen eher empfohlen als Paracetamol)
- Brustwarzensalbe mit Lanolin
- Wochenbettvorlagen / Binden in ausreichendem Maße
- Nahrung, Fläschchen, Sauger und Schnuller würde ich nur besorgen, wenn sich bereits in der Klinik ein Stillproblem abzeichnet. Dann weißt Du nämlich beispielsweise, welche Nahrung Dein Baby in der Klinik bekommen und ob es diese gut vertragen hat.
- Welches Stillzubehör Du schon vor der Geburt anschaffen kannst, kannst Du hier nachlesen.
Ein Wort zum Schluss
Zu Beginn des Artikels habe ich ja erwähnt, dass ich die Tatsache, dass das Wochenbett derzeit einen kleinen Hype erlebt- und das nicht zuletzt auch durch Social Media und Stars und Sternchen, die uns an ihrem Wochenbett teilhaben lassen- natürlich durchaus positiv sehe.
ABER: In den letzten Jahren erlebe ich Mütter untereinander zunehmend kritischer. Da wird beäugt, bewertet und belächelt. Anstatt einfach andere Wege als den eigenen als das hinzunehmen, was es ist: Ein anderer Weg! Ich bin nicht der Meinung, dass eine Mutter nach 6 Wochen ausschließlich in labberigen Stilltops rumlaufen und sich nicht die Haare waschen muss – aber wenn sie es möchte (oder einfach andere Prioritäten hat), dann ist das ihre Entscheidung.
Wie einfach wäre es, statt zu lästern, dass Freundin XY sich nach der Geburt ja ganz schön gehen lässt, einfach mal zu sagen: „Ich liebe es ja, Babys im Kinderwagen zu fahren, wenn Du Deins mal eine Stunde loswerden möchtest, gehe ich gerne mit ihm spazieren“. Oder sich vor dem Einkaufen zu erkundigen, ob die müde aussehende Neu-Mama aus der Nachbarschaft was braucht, damit sie nicht extra losfahren muss. Solche kleinen Gesten helfen unheimlich, und vor allem geben sie einer frisch gebackenen Mutter, die gerade erst in diese Rolle finden muss, nicht das Gefühl, nichts auf die Reihe zu kriegen.
Die erste Zeit, und vor allem die ersten Tage mit Baby zuhause sind manchmal anders, als Du es Dir vielleicht vorgestellt hast – aber sie sind etwas ganz Besonderes, das Du so nie wieder erleben wirst. Auch bei jedem weiteren Geschwisterkind wird es anders! Diese Tage und Wochen gehören nur Euch und Ihr dürft sie gemeinsam gestalten. Mit der Hilfe, die ihr dazu braucht und den Menschen, die Ihr gerne dabei haben möchtet.
Erste Tage mit Baby: Erfahrungen
Einen persönlichen Erfahrungsbericht über diese ganz besondere Zeit hat Autorin Kristina in ihrem Artikel „Meine ersten Tage mit Baby“ festgehalten.