Jede Schwangerschaft und jede Geburt ist so individuell und einzigartig wie die Menschen, die daran beteiligt sind, deshalb ist ein „Fahrplan“ durch die Geburt etwas, das leider keiner geben kann. Dennoch weiß ich aus meiner Arbeit in der Vor-und Nachsorge, dass gerade beim ersten Kind der Wunsch danach oft groß ist und das Erfassen gewisser Eckpfeiler Sicherheit vermitteln kann. Deshalb möchte ich heute versuchen, ein wenig Klarheit in den Ablauf einer Geburt zu bringen, ohne natürlich die individuellen Abweichungen berücksichtigen zu können.
Die Fahrt in die Klinik
Wann Du losfahren musst, hast Du bestimmt im Geburtsvorbereitungskurs erfahren, andernfalls gibt es auch hier im Magazin viele gute Beiträge darüber, wie die Geburt beginnt.
Wie Du in die Klinik kommst, hängt sicher vor allem von der Wehenstärke und den Umständen ab. Einen Krankenwagen zu rufen, ist bei einem Geburtsbeginn mit Wehen in der Regel nicht notwendig. Ausnahme bildet an dieser Stelle der Blasensprung bei nicht im Becken fest befindlichen Köpfchen. Auch hierzu findest Du hier einige Informationen und natürlich geben Frauenarzt und Hebamme darüber auch gerne Auskunft. Ansonsten bleibt es Dir überlassen, wie Du den Weg zum Kreißsaal antrittst. Taxis sind zwar nicht verpflichtet, wehende Frauen zu transportieren, sagt man aber gleich beim Anruf dazu, dass das der Fall ist, kommt meist eine Taxifahrerin ? Die Fahrtkosten kannst Du dir im Übrigen von der Kasse erstatten lassen, das nur der Vollständigkeit halber, da ich schon des Öfteren erlebt habe, dass Paare mit dem Krankenwagen in die Klinik kamen, obwohl die Situation noch sehr entspannt war, weil sie kein eigenes Auto haben. Ein Krankentransport schlägt mit ca. 800€ zu Buche, das sollte finde ich Fällen vorbehalten sein, wo es wirklich notwendig ist. Darüber hinaus habe ich schon fast alles erlebt. Gebärende kamen zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, auf dem Fahrrad, dem Schlitten oder sogar selbst als Fahrer im Auto. Diese Entscheidung bleibt wirklich Dir und den Umständen überlassen.
Weitere Informationen:
Die Geburt geht los: Was kann ich zu Hause tun?
Geburtsbeginn: Was tun, wenn es wirklich losgeht?
Wehen erkennen – Die verschiedenen Wehenarten erkennen
Jetzt geht’s los! – Erste Anzeichen für einen Geburtsbeginn
Wie erkenne ich den Geburtsbeginn?
Geburtsbeginn! – Wann mache ich mich auf den Weg ins Krankenhaus?
Was passiert dann in der Klinik?
Bei der Ankunft im Kreißsaal wird Dich zunächst einmal eine Hebamme in Empfang nehmen, den Grund für Dein Kommen erfragen und einen Blick in den Mutterpass werfen. Diesen solltest Du also möglichst griffbereit haben. Dann kommst Du für gewöhnlich erst einmal in ein Aufnahme-oder Wehenzimmer und es wird ein CTG angeschlossen, um zu schauen, wie das Baby so mit den Wehen zurecht kommt. Etwa eine halbe Stunde lang werden die Herztöne kontrolliert. Wenn die Wehen schon recht kräftig und Liegen vielleicht unangenehm ist, sprich ruhig die Hebamme darauf an, das CTG kann auch im Stehen oder in einer anderen Position geschrieben werden. Danach wird der Muttermund untersucht, um einen Eindruck zu bekommen, was die Wehen schon bewegt haben. Die Entscheidung, wie es dann weiter geht, wird je nach Befund mit Euch gemeinsam getroffen, gerade beim ersten Kind, kann es gut sein, dass Du nochmal spazieren oder auch nochmal nach Hause gehen darfst, da noch nicht eindeutig geklärt ist, ob die Geburt wirklich los geht.
Wenn die Wehen aber schon kräftig und der Muttermund schon etwas geöffnet ist, wirst Du zunächst einmal stationär aufgenommen. Dafür sind eventuell bestimmte Formalitäten zu erledigen, für die Du in dem Moment keinerlei Nerven hast. Das kann ich gut verstehen, ich kann mir vorstellen, dass das Ausfüllen diverser Zettel unter Wehen blöd ist, leider ist diese „Zettelwirtschaft“ in der Klinik aber kaum vermeidbar. Deshalb kann ich Dir nur empfehlen, bereits bei der Vorstellung zur Geburt zu erfragen, ob es solche Aufnahmezettel gibt und Du diese vielleicht schon mitnehmen und im Vorfeld daheim ausfüllen kannst. Das erleichtert allen Beteiligten an Tag X das Procedere ungemein.
Die nächsten Stunden unter Wehen wirst Du vielleicht noch in einem Wehenzimmer, in der Badewanne oder auch auf den Fluren rund um den Kreißsaalbereich verbringen. Wann Du wirklich im Kreißsaal bleibst, hängt von Deinem Befinden, der Kreißsaalsituation und den Umständen der Geburt ab. Wenn beispielsweise die Herztöne Deines Kindes engmaschiger überwacht werden müssen, es Risiken gibt oder Du Medikamente benötigst, bleibst Du sicher früher in „Deinem“ Kreißsaal, als wenn Du einfach Wehen hast und alles unkompliziert vor sich hin läuft.
Wenn Du das Bedürfnis nach einem geschützten Raum hast, wo Du Deine Wehen – vielleicht auch etwas lauter – veratmen kannst, darfst Du aber ganz sicher in einem Kreißsaal bleiben.
Über Vorgänge wie Einlauf, Rasur, Blutentnahme und ähnliches habe ich bereits einen Artikel geschrieben, deshalb werde ich darauf an dieser Stelle nicht weiter eingehen.
Gegen Ende der Geburt wird in den meisten Kliniken ein Arzt hinzugezogen, den Großteil der Zeit vorher verbringst Du bei unkompliziertem Verlauf aber meist mit Deinem Partner und der Hebamme. Bei Schwierigkeiten oder auch auf Wunsch kann der Arzt aber in der Regel jederzeit hinzugezogen werden.
Die eigentliche Geburt findet normalerweise im Kreißsaal oder in einem Raum mit Gebärwanne statt, wenn es keine Besonderheiten gibt, ist dabei ein Gynäkologe und die Hebamme anwesend. Im Falle von Komplikationen kann in vielen Kliniken ein Kinderarzt hinzu gezogen werden.
Wie geht es nach der Geburt des Kindes weiter?
Wie genau die Geburt vonstatten geht und in welchen Phasen sie verläuft, habe ich Euch unlängst ja bereits erzählt, an dieser Stelle geht es eher um die „organisatorischen“ Abläufe.
Nachdem Dein Baby geboren ist, wird erst einmal gekuschelt. Bonding ist in den Kreißsälen von heute Standard und das ist auch gut so. Parallel wird aus der Nabelschnur ein wenig Blut abgenommen, um den ph-Wert zu bestimmen. Die Blutentnahme erfolgt aus Deiner Seite, also aus der Nabelschnur, die noch an der Plazenta hängt, das Baby bekommt davon nichts mit und auch Du merkst vielleicht nur, dass da an der Nabelschnur etwas gemacht wird, schmerzhaft ist es nicht. Der ph-Wert gibt Aufschluss über die kindliche Sauerstoffversorgung unter der Geburt. Auch wenn Du davon vielleicht gar nicht viel mitbekommst, beobachten Hebamme und Arzt das Baby in den ersten Minuten seines Lebens sehr genau und machen auch den APGAR-Test. Hautfarbe, Atmung, Herzfrequenz, Reflexe und Muskeltonus kann ich nämlich auch beurteilen, während Baby friedlich mit der Mama kuschelt. Dass das Kind erst einmal in Ruhe ankommen, Ihr Euch begrüßen und Kennenlernen dürft, heißt nicht, dass niemand danach schaut, wie es Euch geht.
Auch nach Dir als Mama wird natürlich geguckt. Zunächst einmal kommt noch die Plazenta auf die Welt (Nachwehen), danach wird nach eventuellen Geburtsverletzungen geschaut und diese gegebenenfalls versorgt. Dafür bekommst Du entweder eine lokale Betäubung oder es besteht die Möglichkeit, eine bereits vorhandene PDA aufzuspritzen, damit das Nähen nicht schmerzhaft ist.
Während der ganzen Zeit darf Dein Baby bei Dir auf der Brust bleiben, wenn das für alle passt. Andernfalls darf auch gerne der Papa „ran“ und erstmal ein bisschen kuscheln.
Wenn die Naht beendet ist, wird noch einmal auf Deinen Bauch gedrückt, um sicherzustellen, dass die Gebärmutter sich gut zusammenzieht. Danach wirst Du vielleicht noch ein wenig abgewaschen und das Bett frisch gemacht. Die nächsten zwei Stunden verbringt Ihr als junge Familie noch im Kreißsaal. Es wird geschaut, dass das Baby gut angekommen ist, vielleicht auch schon zum ersten Mal angelegt und schließlich erfolgt auch die U1-Untersuchung, bei der Daten wie Größe, Gewicht, Kopfumfang, aber auch Reifezeichen, Auffälligkeiten, Fehlbildungen etc. erfasst werden. Diese U1 wird entweder vom Arzt (Gynäkologe oder Kinderarzt) oder der Hebamme gemacht. Auch nach Deinem Befinden als Mama wird natürlich geschaut. Immer wieder kontrolliert die Hebamme den Stand der Gebärmutter, indem sie auf Deinen Bauch tastet und auch die Blutung wird überwacht.
Wenn es Dir gut geht und Du Dich fit genug fühlst, darfst Du gerne unter die Dusche, in jedem Fall wird die Hebamme aber mit Dir aufstehen und Dich das erste Mal zur Toilette begleiten.
Nach der Geburt sind Kreislaufprobleme sehr häufig, aus diesem Grund solltest Du zum ersten Mal nicht alleine, sondern immer in Begleitung der Hebamme aufstehen. Der große Volumenverlust (durch Kindsgewicht, Fruchtwasser und Plazenta), der Blutverlust aber auch die Anstrengung, das wenige Essen und Trinken fordern ihr Tribut und manchmal ist man doch wackeliger als man denkt. Das Entleeren der Harnblase ist aber wichtig, damit die Gebärmutter sich gut zusammenziehen kann, deshalb wird das auf jeden Fall noch im Kreißsaal mit Dir versucht.
Und dann ist es tatsächlich geschafft, die Geburt, die Kreißsaalzeit und die allerersten Stunden als Familie sind vorbei. Ihr werdet auf Station gebracht oder dürft (bei ambulanter Geburt) nach 4-6 Stunden nach Hause.
Ein großer erster Schritt ist getan, aber ich verrate sicher nichts Neues, wenn ich sage: das eigentliche Abenteuer fängt gerade erst an.
Über ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Geburt berichten auch unsere Bloggerinnen. Hier findest Du ihre Geburtsberichte.