Wenn Dein Baby ungewöhnlich viel schreit und sich nicht beruhigen lässt, stecken vermutlich die 3 Monats Koliken dahinter. Wahrscheinlich hast Du den Begriff schon einmal gehört, aber Dich nicht näher informiert – bis Du selbst bzw. Dein eigenes Baby betroffen war. Was genau hinter den berühmt-berüchtigten 3-Monats-Koliken steckt und wie Du Deinem Kind wirklich helfen kannst, erfährst Du hier.
Was sind 3 Monats Koliken?
Von 3-Monats-Koliken spricht man, wenn ein Säugling an mehr als 3 Wochentagen mindestens 3 Stunden schreit – und das über einen Zeitraum von 3 Wochen hinweg. Normale Babys schreien ca. 30 Minuten täglich – aus ersichtlichem Grund. Kinder mit 3 Monats Koliken sind augenscheinlich gesund und weinen trotzdem sehr viel, ohne dass schnelle Hilfe möglich wäre.
Umgangssprachlich spricht man auch von „Schreibabys„, medizinisch von Säuglingen mit Regulationsstörungen. Jungs sind übrigens nicht häufiger betroffen als Mädchen, auch wenn sich dieses Gerücht hartnäckig hält. Insgesamt haben bis zu 25% aller Säuglinge im entsprechenden Alter 3-Monats-Koliken.
Diese Kinder haben meist auch Probleme mit dem Ein- und Weiterschlafen. Wenn sie schreien, überstrecken sie sich nach hinten und bekommen einen harten Blähbauch, oft auch einen roten Kopf und ballen ihre Fäuste. Meist schreien die Kinder am späten Nachmittag oder abends bis spät in die Nacht.
Dieses herausfordernde Schreiverhalten fängt oft mit ca. 2 Wochen an und endet meist mit 3 Monaten, kann aber auch bis zu 6 Monate andauern oder erst mit 3-6 Monaten losgehen.
Eine Vorhersage, wie der Verlauf der 3 Monats Koliken bei Deinem Baby sein wird und wie lange es damit zu kämpfen hat, kann also leider niemand treffen.
Wie entstehen 3-Monats-Koliken?
Heute verwenden Mediziner nicht mehr den Begriff „3 Monats Koliken“, sondern nennen das Verhalten von Neugeborenen „Regulationsstörung„. Unter einer Regulationsstörung versteht man die noch nicht ausgebildete Fähigkeit zur Selbstberuhigung. Babys mit Regulationsstörungen sind sensibler und reagieren empfindlicher auf Reize von außen. Sie sind schnell überfordert und überreizt.
Man geht mittlerweile auch nicht mehr davon aus, dass starke Bauchschmerzen bzw. Koliken die Ursache sind. Vielmehr ist die Luft im Bauch die Folge des vielen Schreiens. Vereinfacht gesagt weinen diese Kinder also nicht, weil sie viele Bauchschmerzen haben, sondern sie haben Bauchschmerzen, weil sie viel weinen. Denn beim Weinen schlucken die Kinder Luft, die sie nicht so einfach wieder loswerden können.
Ganz vom Tisch ist die Bauchschmerzen-Erklärung aber noch nicht. Es könnte z.B. auch ein unreifer Darm hinter den 3-Monats-Koliken stecken, eine Störung der Darmflora oder auch eine unzureichende Melatonin-Produktion mit einer Verspannung der Darmmuskulatur als Folge.
Vielleicht ist am Ende die genaue Ursache für uns Eltern weniger wichtig als die Frage, wie wir unseren Kleinen helfen können. Dazu kommen wir gleich.
Wie erkenne ich, ob mein Baby Koliken hat?
Folgende Symptome deuten daraufhin, dass Dein Baby unter Dreimonatskoliken leidet:
- Dein Baby weint mehr als 3 Stunden an mindestens 3 Wochentagen für mehr als 3 Wochen.
- Der Grund des Weinens ist nicht klar ersichtlich, es handelt sich nicht um Hunger, Müdigkeit, Nähebedürfnis oder Ähnliches.
- Dein Kind ist unruhig, weint, zieht die Beinchen krampfartig an und streckt sie dann wieder energisch weg.
- Überstrecken nach hinten, geballte Fäuste, roter Kopf.
- Der Bauch ist hart und aufgebläht, Du vermutest Bauchschmerzen als Ursache des Weinens.
- Die Beschwerden treten oft zur selben Tageszeit auf, bevorzugt am Nachmittag und Abend.
- Dein Kind hat Probleme, einzuschlafen und / oder länger am Stück zu schlafen.
3 Monats Koliken – was tun?
Wenn Du diese Anzeichen bei Deinem Baby bestätigt siehst, solltest Du als allererstes mit dem Kinderarzt sprechen und andere medizinische Ursachen abklären lassen. Zum Beispiel könnte auch eine Milchzucker-Unverträglichkeit, Verstopfung oder eine Ohrentzündung dahinter stecken. Wenn medizinische Ursachen auszuschließen sind, stellt er die Diagnose „Regulationsstörung“.
Allein damit können schon einige Eltern mehr Verständnis für das Verhalten ihres Kindes aufbringen. Tatsächlich kann es schon etwas helfen, sensibel auf die Bedürfnisse Deines Babys einzugehen und viel Geduld zu haben. So hilfst Du ihm, sich zu regulieren, was zu weniger Schreiphasen führt.
Auch verschiedene Coachings, Elternschulen oder Gespräche mit anderen betroffenen Eltern oder Hebammen können helfen, die Eltern-Kind-Kommunikation zu verbessern. Wenn Du dafür sorgst, dass zumindest unmittelbare Bedürfnisse wie das nach Nahrung, Wärme, Schlaf und körperlicher Nähe zuverlässig erfüllt werden, hat Dein Kind weniger Stress und weniger Weinphasen.
Natürlich kann das die Ursache nicht komplett beheben. Wenn ihr ein Schreibaby habt, dann hat das in vielen Fällen nur bedingt oder überhaupt nichts mit eurem Verhalten als Eltern zu tun. Lass Dich nicht unter Druck setzen von Sprüchen wie „Entspannte Eltern – entspannte Kinder“. Wer so etwas von sich gibt, glaubt wahrscheinlich daran, hatte aber noch nie einen Säugling mit 3-Monats-Koliken.
Zum Glück gibt es noch ein paar ganz konkrete Maßnahmen und Tipps, die ich Dir im nächsten Kapitel erklären werde. Danach hilft vor allem eins: Aushalten. Denn früher oder später wird Dein Baby aufhören, so viel zu schreien – versprochen!
3 Monats Koliken – was hilft wirklich?
Was hilft am besten gegen 3-Monats-Koliken? Wenn es ein Allheilmittel für 3-Monats-Koliken gäbe, das bei allen Babys schnell und unkompliziert hilft, würden sich nicht alle Eltern diese Frage stellen. Leider gibt es keines. Aber es gibt verschiedene Maßnahmen, die Du versuchen kannst und die vielleicht für Linderung sorgen.
Behandlung der Wirbelsäule
Bei einigen Kindern (nicht bei allen) wirkt eine Behandlung durch einen Osteopathen oder Chiropraktiker Wunder.
Co-Regulation
Wie gesagt kann es sein, dass Dein Baby Hilfe braucht, sich zu regulieren, d.h. Spannungen und Stress abzubauen und zur Ruhe zu kommen. Solange es das noch nicht selbst kann, ist es auf seine Bezugspersonen angewiesen. Unterstützen kannst Du Dein Kind durch
- viel Körperkontakt
- Beruhigende Bewegungen, z.B. Wiegen
- fester Tagesablauf
- Weißes Rauschen zur Beruhigung bzw. Einschlafen
- Viel Tragen in der Babytrage bzw. dem Tragetuch
- Federwiege
- Reize tagsüber verringern
Maßnahmen gegen Blähungen und Bauchschmerzen
Egal, ob nun die Bauchmerzen Ursache oder Folgeerscheinung des vielen Schreiens sind: Wenn Dein Baby Beschwerden hat, kannst Du versuchen, für Abhilfe zu sorgen. Zunächst einmal präventiv, indem Du dafür sorgst, dass es möglichst wenig Luft schluckt beim Füttern:
- Sorge für eine ruhige, entspannte Atmosphäre beim Stillen oder Füttern.
- Achte darauf, dass Dein Baby die Brustwarze ganz in den Mund nimmt.
- Wechsle ab und zu die Position, damit Dein Baby etwas aufrechter ist. Sogenanntes Bergauf-Stillen erleichtert das Aufstoßen Deines Kleinen.
- Nimm Dein Baby während der Mahlzeit hoch, damit es Bäuerchen machen kann.
- Wenn Du mit der Flasche fütterst achte darauf, dass Du ein kleines Saugerloch verwendest. Je kleiner das Loch, umso weniger Milch kommt hindurch und Dein Baby trinkt automatisch langsamer – und schluckt weniger Luft.
- Wenn Du Deinem Kind die Flasche gibst solltest Du warten bis sich der Schaum vom Schütteln der Milch gesetzt hat.
- Es gibt im Handel Spezial-Nahrung für Babys mit Drei-Monats-Koliken. Hier solltest Du vorher auf jeden Fall mit dem Kinderarzt sprechen!
- Stärke die Darmflora Deines Babys durch viel Stillen oder Probiotika (z.B. BiGaia Tropfen)
Wenn Dein Baby Blähungen und Krämpfe während der Dreimonatskoliken hat, kannst Du folgendes ausprobieren:
- Auch Wärme hilft gut bei Krämpfen, etwa bei einem Bad oder mit einem Wärmekissen.
- Medikamente wie entschäumende Tropfen (Lefax oder Sab)
- Bauchmassagen mit Kümmelöl
- Massage der Fußreflexzohnen
- Körpernähe beruhigt und hilft Deinem Kind zu entspannen.
- Der „Fliegergriff„: Dein Baby liegt in Bauchlage auf Deinem Unterarm, der Kopf in Deiner Armbeuge. So kann die angestaute Luft leichter abgehen.
- Oft helfen homöopathische Mittel wie beispielsweise Kümmelzäpfchen (Carum Carvi). Auch hier solltest Du den Kinderarzt um Rat fragen!
Bitte nicht schütteln!
Wichtig ist am Ende noch, dass Du Dir klar machst, dass diese Phase der Dreimonatskoliken auch für Dich eine absolute Ausnahmesituation ist. Haushalt, Vereinsarbeit oder andere verschiebbare Termine darfst Du in dieser Phase einfach mal reduzieren. Du bist keine schlechte Mutter oder schlechter Vater, wenn Du das Gefühl hast, keine Kraft mehr zu haben oder Du in dieser Zeit gar keine rechte Freude am Elternsein empfindest.
Umso wichtiger ist es, sich in dieser Situation Hilfe zu holen, statt in die totale Überforderung zu schlittern. Hilfe bekommst Du zum Beispiel hier:
- Schreiambulanz
- Elternschule
- Hebamme
- Sozialpädiatrisches Zentrum
- Psychologische Praxis
- Familie und Freunde.
Und egal, was passiert: Du darfst Dein Baby niemals schütteln! Wenn Du das Gefühl hast, dass Du das Geschrei jetzt einfach nicht mehr aushältst und keine Hilfe anwesend ist, leg Dein Baby sicher ab und verlasse kurz den Raum, anstatt die Beherrschung zu verlieren.
Das kommt leider immer wieder vor, wenn Eltern nicht nachdenken und das wie von Sinnen schreiende Säugling wieder „zur Besinnung bringen“ wollen. Erwachsene packt man dann ja auch manchmal an den Schultern und schüttelt sie.
Bei Babys hat das fatale Folgen: Die Nackenmuskulatur ist zu schwach, um den überdimensional schweren Kopf zu halten. Der Kopf schleudert hin und her, Blutgefäße und Nervenbahnen werden verletzt. In Folge kann es zu Hirnblutungen kommen, die im schlimmsten Fall zum Tod führen. Pro Jahr passiert das in Deutschland etwa 400 Mal.
Mehr Infos dazu findest Du hier.