„Darf ich heute bei euch schlafen?“ fragte mich der kleine Ben (4 Jahre), nachdem er den ganzen Nachmittag ungewöhnlich harmonisch mit unserem Mädchen gespielt hatte und wir anfingen, unsere Sachen für die Heimfahrt zu packen. Ich schaute meine Freundin – seine Mutter – irritiert an. „Ähm. Mmmhh! Willst Du das wirklich?“ fragte ich ihn völlig überrumpelt. „Ja!“ erwiderte er im Brustton der Überzeugung.
Ja, warum eigentlich nicht?
Ich setzte mich und überlegte. Das war mir eigentlich eine Spur zu spontan, aber ich konnte diesen Wunsch sehr gut nachvollziehen und wollte ihn nicht einfach so grundlos verwehren. Der Bub (6 Monate) war zwar aufgrund des Dreitagefiebers quengelig und unruhig, aber da er abends eh bei Papa im Tragetuch einschlief, konnte ich doch auch zwei Kinder statt eins zu Bett bringen. Oder? „Hat Ben denn schon mal woanders geschlafen?“ hakte ich nach. Meine Freundin erzählte, dass er bereits öfter auswärts übernachtet hatte, dass das bislang reibungslos klappte und er sich freut, ja sogar ganz stolz ist, wenn er woanders schlafen darf. „Und wie bringst Du ihn zu Bett?“ erkundigte ich mich. „Ich lese ihm eine Geschichte vor, er bekommt ein Fläschchen mit Milch und nach dem Zähneputzen schläft er normalerweise schnell ein“ erklärte sie.
Was sagt mein Mann dazu?
Während meine Große und Ben mich förmlich anbettelten, bei uns schlafen zu dürfen, rief ich Thomas an. Ohne ihn wollte ich diese Entscheidung nicht fällen, schließlich war es unser gemeinsamer Samstagabend, den wir für diese Aktion hergeben würden. Doch er lachte nur und sagte „Klar, lass es uns probieren.“ Damit war die Sache beschlossen.
Die wichtigsten Dinge müssen mit
Meine Freundin, die im übrigen ebenso überrascht war wie ich, sauste daraufhin in Windeseile durch die Wohnung, um die Dinge zu suchen, die ihr Sohn zum (Ein-)Schlafen benötigt: Schlafanzug und Zahnbürste, Schmusekissen und Bettdecke, Wechselsachen für den nächsten Tag, das Lieblingsfläschchen für die Milch und ein Buch mit der liebsten Gute-Nacht-Geschichte. Im Nu war eine große Tasche gefüllt, die wir samt Kindersitz im Auto verstauten. Die beiden Großen durften auf der Rücksitzbank sitzen, wo sie die ganze Autofahrt über (20 Minuten) aufgeregt schnatterten.
Klare Anweisungen
Zu Hause angekommen, herrschte zunächst großes Chaos. Das Mädchen schwirrte aufgekratzt und überdreht durch die Wohnung und präsentierte im „erwachsenen Ton“, ihr Hab und Gut. Dabei kam sie auf schräge Ideen, beispielsweise mit Schuhen im Bett herum zu hüpfen oder das iPad von Thomas als ihr eigenes zu präsentieren. Damit die fröhliche Stimmung nicht wegen eines unnötigen Konfliktes kippt, erklärte ich den Beiden wie der Abend abläuft. „Hände waschen, Abendbrot essen, duschen (die beiden sahen aus wie kleine Ferkel) und danach können wir uns gerne eine Bilderbuchapp auf dem iPad anschauen!“ schlug ich vor. „Jaaaaaa!“ gröhlte das Mädchen und ihr Kumpel stimmte mit ein.
Gut organisiertes „Abendprogramm“
Nachdem Abendessen duschte ich die Großen, während Thomas den Kleinen wusch und wickelte. Anschließend stillte ich den Bub. Ben und das Mädchen zogen sich selbstständig an und dann schaukelte Thomas das Baby im Tragetuch in den Schlaf, so dass ich mich in aller Ruhe den beiden Freunden widmen konnte. Wir schauten uns die versprochene Bilderbuch-App an. Ben bekam seine Milch. Ich putzte beiden die Zähne und richtete das Schlaflager her.
Familien- und Freundebett
Da Ben auch zu Hause gerne bei seinen Eltern schläft, obwohl er ein eigenes Bett hat, durfte er neben dem Mädchen schlafen, das sich mit Papa ein 2,80 Meter breites Bett teilt. Ich schlafe ja seit der Geburt mit dem Bub auf einer separaten 1,40 Meter Matratze im Wohnzimmer.
Alleine Einschlafen? Kein Problem!
Zum Vorlesen der Gute-Nacht-Geschichten kuschelte ich michzwischen die Mäuse und schlief nach dem langen, aufregenden Tag fast selbst mit ein. Die beiden hörten gespannt zu und popelten synchron in ihren Nasen :) Gegen 20 Uhr schlummerte das Töchterchen ein – eine Stunde später als sonst. Ben benötigte etwas länger (20.45 Uhr), aber bis dahin lag er ganz ruhig und entspannt da. Ich schlich mich nach dem Vorlesen raus, aber schaute regelmäßig nach ihm, für den Fall, dass er etwas braucht oder gar traurig wird. Doch er machte das echt prima. So toll, dass er gerne noch mal bei uns schlafen darf.
Nur das Gastkind schläft aus…
Am nächsten Morgen wachte das Mädchen wie üblich 6 Uhr auf und war ziemlich enttäuscht, weil Ben noch tief und fest schlief. Er schlief bis 7.40 Uhr (was er zu Hause wohl nie macht) und nur mit Mühe und Not konnte ich sie davon abhalten, den kleinen Kerl aufzuwecken.
Weiterer gemeinsamer Ausflug am nächsten Tag
Weil die beiden sich auch nach dem Aufstehen weiterhin bestens vertrugen, plante ich spontan einen Ausflug zur Burg Linn in Krefeld, wo es einen sehr hübschen Abenteuerspielplatz gibt. Nach dem Frühstück bereitete ich dafür fix einen Nudelsalat zu, damit wir bei dem wunderschönen Wetter draußen picknicken und länger auf dem Spielplatz bleiben konnten.
Nachrichten per WhatsApp
Ben’s Mama hatte nichts dagegen und genoss die unerwartete freie Zeit. Damit sie sich so richtig entspannen konnte, schickte ich ihr regelmäßig Bilder von den spielenden Kindern.
Gemeinsame Zeit schweißt zusammen
Erst Sonntagabend mussten sich die beiden voneinander trennen. „Darf ich heute noch mal bei euch schlafen?“ fragte mich Ben hoffnungsvoll, als wir uns verabschiedeten. „Heute leider nicht, weil ihr doch morgen früh in den Kindergarten wollt!“ antwortete ich, „aber gerne an einem anderen Wochenende noch einmal!“ Die beiden schauten mich ganz enttäuscht an, denn das gemeinsame Wochenende hatte ihnen wirklich gut gefallen. Mir übrigens auch, denn ein Gastkind bedeutet nicht zwangsläufig mehr Arbeit. Im Gegenteil, wenn sie sich so gut verstehen wie unsere zwei ist es sogar einfacher. Denn so entsteht keine Langeweile, bei der wir manchmal als Spielpartner „herhalten“ müssen. Die beiden stromerten stundenlang an der frischen Luft herum und kamen nur zu uns, wenn sie hungrig oder durstig waren. Oder ein fremdes Kind sie geärgert hatte :)
Gerne wieder
Manchmal ist es ganz gut, wenn die Kinder uns mit ihren Wünschen überrumpeln und ins kalte Wasser werfen. So hatten wir nicht viel Zeit, uns über eventuelle Probleme den Kopf zu zerbrechen, sondern wir testeten einfach, ob es klappt oder nicht. Im schlimmsten Fall hätten wir den kleinen Ben mitten in der Nacht zu Mama gefahren. Das blieb uns erspart, dafür sind wir nun um eine wirklich schöne Freundschaftserfahrung reicher.