Ich erinnere mich noch gut an die ersten Wochen meiner Schwangerschaft. Damals hatte ich fest vor, sie ganz unbeschwert und ohne Sorgen zu durchleben. Wollte einfach darauf vertrauen, dass alles gut gehen würde. Doch dann konnte ich, relativ früh in der Schwangerschaft, die ersten Tritte spüren. Und plötzlich begann ich, mich um das kleine Wesen in meinem Bauch zu sorgen.
So oder so ähnlich geht es vermutlich nicht nur mir, deshalb wollen wir (werdenden) Mütter häufig auf Nummer sicher gehen und alles vom Arzt abklären lassen. Auch schon vor der Geburt. Manche dieser pränatalen Untersuchungen in der Schwangerschaft werden von der Krankenkasse übernommen, das Ersttrimesterscreening dagegen müssen Patienten selbst bezahlen.
Was genau ist ein Ersttrimesterscreening? Warum ist diese Untersuchung nicht unumstritten und warum habe ich mich ganz bewusst dagegen entschieden?
Was ist ein Ersttrimesterscreening?
Beim Ersttrimesterscreening, auch als Ersttrimestertest oder Ersttrimeonscreening bezeichnet, wird ein Ultraschall durchgeführt. Allerdings handelt es sich nicht um den Basisultraschall (8.-12. Woche) oder Feinultraschall (19.-22. SSW) – diese Leistungen werden von der Krankenkasse übernommen. Das Ersttrimesterscreening ist eine zusätzliche Untersuchung zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche. In diesen Schwangerschaftswochen zeigen sich Abweichungen auf dem Ultraschall besonders deutlich.
Bei der Untersuchung soll die Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass eine Chromosomenveränderung, insbesondere Trisomie 13, 18, 21, vorliegt. Andere Chromosenkonstellationen sind in der Regel nicht lebensfähig. Die Kosten für diese Untersuchung müssen privat bezahlt werden und liegen zwischen 150 und 200 EURO.
Was passiert beim Ersttrimesterscreening?
Der Ablauf des Ersttrimesterscreenings beinhaltet einen Ultraschall sowie eine Blutentnahme. Der Ultraschall misst die Breite der Nackenfalte des Kindes. Eine breite Nackenfalte kann ein Hinweis auf eine vorliegende Trisomie 21 sein. Auch die Darstellbarkeit des kindlichen Nasenbeins sowie der Blutfluss beim Fötus sind wichtig. Das Labor bestimmt anhand der Blutwerte die Konzentration des Schwangerschaftshormons HCG und des Eiweißes PAPP-A. Außerdem müssen einige persönliche Daten erhoben werden: das Alter der Mutter, Chromosomenstörungen bei früheren Schwangerschaftswochen und die genaue Schwangerschaftswoche.
Aus diesen „Risikofaktoren“ errechnet ein Computerprogramm dann die Wahrscheinlichkeit, ob das Kind mit einer Chromosomenveränderung zur Welt kommt. Das Ergebnis des Ersttrimesterscreenings liegt mit den Laborwerten vor, die in der Regel wenige Tage in Anspruch nehmen. Wenn der Bluttest schon vor dem Ultraschall angeordnet wurde, können die Ergebnisse gleich vor Ort besprochen werden.
Manchmal kann der untersuchende Arzt bei dieser Untersuchung auch bereits das Geschlecht erkennen. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht das aber nicht.
Was, wenn das Ersttrimesterscreening auffällig ist?
Ein auffälliges Ersttrimesterscreening bedeutet nicht, dass eine Behinderung vorliegt. Denn das Ergebnis ist nicht absolut, sondern lediglich eine Wahrscheinlichkeit für eine Chromosenstörung, insbesondere Trisomie 21 (Down-Syndrom). Das heißt, es kann eine Behinderung vorliegen. Das Kind kann aber auch gesund zur Welt kommen. Wenn Auffälligkeiten festgestellt werden, muss die werdende Mutter sich entscheiden, ob sie weitere Maßnahmen wünscht, die etwas aussagekräftigere Ergebnisse liefern.
Diese Maßnahmen, konkret handelt es sich dabei meist um eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese), sind invasiv. Das bedeutet, dass eine Nadel in die Fruchtblase oder Plazenta (Chorionzottenbiopsie) eingeführt wird. Das Risiko, danach eine Fehlgeburt zu erleiden liegt bei 0,2 – 2,5 %.
Ist das Ersttrimesterscreening sinnvoll?
Keine Garantie auf ein gesundes Kind
Natürlich ist es sehr beruhigend, wenn das Ergebnis des Screenings unauffällig ist. Viele Frauen können die Schwangerschaft dann viel unbeschwerter durchleben, auch wenn mindestens 10% der Kinder mit Trisomie 21 beim Ersttrimestertest unentdeckt bleiben. Eine Garantie auf ein gesundes Kind ist die Untersuchung also nicht im Geringsten. Zumal es viele andere Krankheiten gibt, die mit keiner Methode der Pränataldiagnostik entdeckt werden können oder sich erst in den ersten Lebensjahren eines Kindes zeigen.
Psychische Belastung durch Ergebnis
Wenn das Ersttrimesterscreening auffällig ist, ist das in jedem Fall eine psychische Extremsituation. Wer sich gegen weitere Untersuchungen entscheidet aus Angst vor einem Schwangerschaftsabbruch, lebt den Rest der Schwangerschaft in der Ungewissheit, ob er ein gesundes Kind zur Welt bringen wird. Und wer sich für eine darauffolgende, risikobehaftete invasive Untersuchung entscheidet, muss eine sorgenreiche Wartezeit in Kauf nehmen, bis die Ergebnisse vorliegen.
Weniger Fruchtwasserpunktionen dank Screening
Ob trotzdem ein Ersttrimesterscreening sinnvoll ist, muss im Endeffekt individuell entschieden werden. Denn tatsächlich entscheiden sich in den letzten Jahren immer mehr Frauen für diesen Test, aber immer weniger für die Fruchtwasseruntersuchung und das damit verbundene Risiko.
Eine Alternative bietet übrigens mittlerweile ein Bluttest der Mutter – dabei kann ganz ohne invasiven Eingriff, d.h. ohne Risiko einer Fehlgeburt, festgestellt werden, ob eine Chromosenaberration vorliegt. Allerdings wird auch dieser nicht erstattet und kostet mehrere hundert Euro – ist also erheblich teurer als das Ersttrimesterscreening.
Schwerwiegende Entscheidung: Abtreibung?
Und am Ende der Untersuchungskette wartet womöglich die schwerste aller Entscheidungen: möchte ich mein Kind abtreiben, weil es sehr wahrscheinlich das Down-Syndrom hat? Denn das ist die einzige Alternative zum Leben mit einem behinderten Kind – eine Heilung oder Behandlung gibt es nicht.
Warum ich mich gegen ein Ersttrimesterscreening entschieden habe
Und genau diese Entscheidung habe ich an den Anfang meiner Überlegungen zu dem Thema gestellt. Mit meinen 29 Jahren gab es laut meinem Gynäkologen keine medizinische Indikation dafür. Trotzdem bringt statistisch gesehen eine von etwa 940 Frauen in diesem Alter ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt. Ausschließen kann man das Risiko nie, allerdings nimmt es mit steigendem Alter zu:
20 Jahre | 1: 1068 |
25 Jahre | 1: 946 |
30 Jahre | 1: 626 |
32 Jahre | 1: 461 |
34 Jahre | 1: 312 |
38 Jahre | 1: 117 |
40 Jahre | 1: 68 |
42 Jahre | 1: 38 |
44 Jahre | 1: 21 |
Die Frage, die ich mir stellte war also: Würde ich bei einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf eine Behinderung bzw. Chromosomenveränderung mein Kind abtreiben wollen? Ich stellte schnell fest, dass ich diese Frage innerlich eigentlich schon beantwortet hatte, bevor ich sie stellen konnte: Solange mein Kind ein glückliches Leben führen kann, würde ich es nicht abtreiben. Nicht nur meinem Kind, sondern vor allem mir und meinem Mann zuliebe. Denn ich denke, dass mich das mein restliches Leben lang verfolgen würde. Das heißt nicht, dass ich keine Angst hatte vor einem behinderten Kind. Vielmehr hätte das Gefühl gehabt, mein Kind getötet zu haben, nur aus Angst vor einem Leben mit einer Behinderung. Dagegen kenne ich Familien – im realen Leben und auch von verschiedenen Blogs – die mit einem Kind mit Trisomie 21 sehr glücklich sind.
Ein Ersttrimesterscreening habe ich deshalb nie machen lassen und einige Monate später einen gesunden Jungen zur Welt gebracht. Darüber bin ich unendlich dankbar und glücklich, würde mich aber immer wieder so entscheiden.
Danke für deinen Beitrag. Ja, ein Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom soll nicht einfach sein, jedoch auch nicht unglücklich. Vor allem, eine Behinderung ist keine Krankheit!!! Eine Abtreibung in so einem Fall ist sowieso moralisch unbedenklich, meiner Meinung nach.