Geburtsstillstand

Geburtsstillstand – wenn plötzlich gar nichts mehr geht


In meinen letzten Beiträgen habe ich über die unterschiedlichen Wehenarten und ihre jeweiligen Aufgaben erzählt und Dir in groben Mustern eine Geburt skizziert, natürlich eine „perfekte“. Doch wie wir alle wissen, leben wir nicht in einer perfekten Welt und auch eine Geburt läuft nicht immer nach Plan. Heute möchte ich darüber sprechen, was passiert, wenn eine Geburt ins Stocken gerät. Wann sprechen wir Geburtshelfer von einem Geburtsstillstand und welche Maßnahmen werden dann ergriffen. In diesem Artikel beschränke ich mich ausschließlich auf Geburten in der Klinik. Außerklinische Geburten folgen nicht zwangsläufig diesen Regeln.

Was ist ein Geburtsstillstand?

Der Definition nach sprechen wir Geburtshelfer nach zwei Stunden ohne Geburtsfortschritt bei regelmäßiger,  muttermundswirksamer Wehentätigkeit von einem Geburtsstillstand. Es gibt zum einen den Geburtsstillstand in der Eröffnungsperiode. Das heißt, die Hebamme untersucht den Muttermund nach zwei Stunden und der Befund hat sich nicht verändert, obwohl die Wehen kräftig sind und den Muttermund auch schon etwas eröffnet haben. Zum anderen gibt es auch den Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode, also wenn der Muttermund bereits ganz eröffnet ist. Hier spricht man von einem Geburtsstillstand, wenn das Köpfchen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr tiefer tritt.

Gründe für einen Geburtsstillstand

In der Eröffnungsperiode ist der Geburtsstillstand meistens entweder durch ungenügende Wehen oder eine fehlerhafte Einstellung des kindlichen Köpfchens begründet. Das bedeutet, dass Deine Wehen vielleicht noch nicht kräftig oder häufig genug sind. Es kann auch bedeuten, dass das Baby die korrekte Position, um durch Dein Becken zu kommen, noch nicht gefunden hat.

Was wird getan, wenn die Geburt in der Eröffnungsperiode ins Stocken gerät?

Sind die Wehen das Problem, wird man zunächst mit sanften Mitteln versuchen, diese etwas in Gang zu bringen.

Probate Mittel sind da die viel beschriebene Bewegung zur Wehenanregung, Akupunktur, Homöopathie oder auch ein Einlauf. Da Gebärmutter und Darm beide aus glatter Muskulatur bestehen, arbeiten sie oft zusammen. Wenn man den Darm anregt, macht die Gebärmutter mit.

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Helfen diese sanften Schubser Deiner Gebärmutter nicht auf die Sprünge, wird irgendwann ein Wehenmittel verabreicht. Hat das kindliche Köpfchen sich nicht korrekt in das Becken gedreht, werden – auch wenn es paradox klingt –  die Wehen vielleicht nochmal gebremst. Gegebenenfalls geschieht das sogar durch Wehenhemmer.

Geburtsstillstand? Manchmal hilft nur ein Neustart

Das Problem bei einer fehlerhaften Einstellung des kindlichen Köpfchens und kräftiger Wehentätigkeit ist nämlich, dass das Baby vielleicht irgendwann so verkeilt ist, dass es gar nicht mehr durch das Becken kommt. Aus diesem Grunde versucht man eher, die Muskulatur der Gebärmutter und auch die übrige Muskulatur zu entspannen, damit das Baby nochmal aus dem Becken raus und dann wieder korrekt hinein rutschen kann. Parallel dazu sagt die Hebamme Dir vielleicht, dass Du auf einer bestimmten Seite liegen oder eine bestimmte Position einnehmen sollst, um diesen Vorgang zu unterstützen. In beiden Fällen wird mit Dir auch über die Möglichkeit der Schmerzmittelgabe und der PDA gesprochen. Sei da auf jeden Fall offen. Manchmal hilft ein krasser Cut und „Neustart „.

Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode

Meist liegt der Geburtsstillstand am Ende der Geburt in einer fehlerhaften Einstellung des kindlichen Kopfes oder in einem Missverhältnis begründet. Von einem Missverhältnis spricht man, wenn das Köpfchen des Kindes nicht durch Dein Becken zu passen scheint.

Welche Maßnahmen werden dann ergriffen?

Im Grunde greifen jetzt die gleichen Maßnahmen wie beim Geburtsstillstand in der Eröffnungsperiode. Zunächst einmal wird geschaut, ob die Wehen kräftig und häufig genug sind. Dann wird für maximale mütterliche Entspannung gesorgt, um das Becken vielleicht doch noch die entscheidenden Millimeter zu lockern. Das heißt, dass auch wenn der Muttermund schon ganz offen ist, noch eine PDA empfohlen werden kann.

Was passiert, wenn all die Tricks nicht helfen?

Am Ende eines Geburtsstillstandes, der sich nicht lösen lässt, steht leider immer eine operative Geburtsbeendigung. Das heißt, es wird entweder ein Kaiserschnitt gemacht oder, wenn das Kind bereits tief genug ins Becken eingetreten ist, ein vaginal operativer Eingriff. Damit ist ein Eingriff mit Saugglocke oder (heute sehr, sehr selten) mit einer Zange gemeint.

Geburtsstillstand vor Wehenbeginn vorhersagen?

Nein! Das kann keiner! Unter der Geburt können Kind und Becken mehrere Zentimeter Platz gut machen, indem die Schädelnähte des Babys sich übereinander schieben und das Knorpelgewebe des Beckens sich weitet. Ob und wie das geschieht, sieht man aber immer erst unter der Geburt.

Ich kann mir nur im Ansatz vorstellen, wie es sich anfühlen mag, nach Stunden voller Wehen und Anstrengung doch zum Kaiserschnitt auf dem OP-Tisch zu liegen. Erschöpfung und Frustration führen nicht selten dazu, dass sich das Gefühl einstellt, die ganze Wehenarbeit sei umsonst gewesen. Auch wenn ich diese Ansicht gut verstehen kann, teile ich sie nicht. Sollte am Ende des Weges ein Geburtsstillstand mit Saugglocke oder Kaiserschnitt stehen, war jede Wehe, die Du bis dahin überstanden und veratmet hast dennoch eine wahnsinnige Leistung und auch keinesfalls sinnlos. Dein Baby weiß durch all die Wehen, die Ihr durchgemacht habt, dass es geboren wird, und auch hormonell gibt es einen Unterschied zu einem geplanten Kaiserschnitt.

Bei Frustration das Gespräch suchen

Wenn Du allerdings merkst, dass Du mit der Geburt haderst, dass Du enttäuscht oder traurig bist oder manches einfach nicht verstehen kannst, sprich darüber. Mit Deinem Partner, Deiner Hebamme, Freunden, der Familie oder auch ganz konkret mit den Geburtshelfern, die Deine Geburt begleitet haben. Denn dass man enttäuscht ist, wenn alles ganz anders kam als gedacht, ist legitim. Es schmälert die Freude über das Baby aber ebenso wenig wie die Liebe zu ihm. Aber am Ende ist auch ein holpriger Start der erste Schritt in Dein Leben mit diesem Kind und auf diesen ersten folgen sicher noch ganz ganz viele weniger holprige.

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