Bei etwa zwei von 100 Geburten treten Probleme bei der Nachgeburt auf. In diesen Fällen löst sich die Plazenta entweder gar nicht, oder nicht komplett ab. Wie es dann weitergeht und was das für eine natürliche Geburt bedeutet, dazu im Folgenden mehr.
Mit der Geburt ist der Geburtsprozess noch nicht vorbei. Erst wenn nach dem Baby auch die Plazenta geboren ist, dann ist die Geburt komplett vollzogen. Dabei kann es allerdings Schwierigkeiten geben und das ist gar nicht mal so selten der Fall. Ärzte sprechen hier von einer Plazentaretention. Dabei kann sich entweder die komplette Plazenta oder aber nur Teile davon nicht von der Gebärmutter lösen. Die Plazenta bzw. die Teile verbleiben dann im Körper. Gleiches kann auch mit der Fruchtblase passieren. Anzeichen für einen solchen Umstand sind entweder die Tatsache, dass auch 30 bis 60 Minuten nach der Geburt der Prozess stockt und keine Gebärmutter und/oder Fruchtblase ausgestoßen wurden. Auch starke Blutungen nach der Geburt im Wochenbett können ein Hinweis darauf sein, dass sich noch Teile der so genannten Nachgeburt im Mutterleib befinden. In all diesen Fällen muss der behandelnde Arzt oder die Hebamme handeln, denn die Nachgeburt muss möglichst schnell aus dem Körper der Mutter heraus. Hierzu gibt es unterschiedliche Methoden.
Vom heimischen Wohnzimmer auf den Operationstisch
Ich möchte Dir gern erzählen, wie sich das bei unserer „halben“ Geburt zugetragen hat. Unser Sohn kam in der 36. SSW nach 9 Stunden Wehen im Geburtspool mitten im heimischen Wohnzimmer zur Welt. Zunächst lief alles wie geplant und gewünscht. Doch auch eine Stunde nach Geburt löste sich die Plazenta nicht. Das Baby war inzwischen abgenabelt, ich aus dem Geburtspool raus und trotzdem fehlte da noch eine entscheidende Phase der eigentlichen Geburt. Die Nachwehen waren noch da, allerdings schwach und schafften es scheinbar nicht, den Körper dazu zu bewegen, die Phase der Geburt zu beenden. Wir probierten es also zunächst mit „Hausmitteln“. Ich kniete mich auf eine Yogamatte und versuchte durch kreisende Beckenbewegungen die Plazenta nach draußen zu schieben. Gleichzeitig versuchte es die Hebamme mit manuellem Ziehen. Außer Schmerzen brachte das allerdings nichts. Der nächste Versuch führte mich dann auf die Toilette, wo wir auf die Schwerkraft hofften und nach einigem Hin und Her doch aufgeben mussten.
Danach folgte eifriges Treppensteigen, heißes Duschen und schließlich, vier Stunden später, der Weg in die Klinik. Dort stellten die Ärzte gleich zwei besondere Vorkommnisse fest: Scheinbar hatte sich meine volle Blase vor die Plazenta gelegt und hinderte sie an der Ablösung. Außerdem war die Gebärmutter entzündet, ein weitere Indikator dafür, dass es schwierig werden dürfte die Nachgeburt allein zu beenden. Nachdem dann die Blase schmerzfrei kathetert wurde, um sie manuell zu leeren und weitere Ziehversuche nicht fruchteten blieb nur eine Lösung, die Entfernung unter Vollnarkose. Also ging es fünf Stunden nach der eigentliche Geburt für die frischgebackene und inzwischen sehr fertige Mama auf den Operationstisch wo man dann, ohne Schnitt, manuell die Plazenta endlich entfernen konnte. Zur Sicherheit, damit auch wirklich nichts zurückblieb, nahm man dann gleich eine Ausschabung vor. Heilungsschmerzen nach der OP gab es keine, denn es wurden ja keine Schnitte gemacht. Das Wochenbett und die Blutungen waren dadurch ebenfalls sehr mild. Schließlich wurde ja gründlich „aufgeräumt“. Trotzdem eine traumatische Erfahrung für uns alle als Familie.
Plazentaretention – auch in Folgeschwangerschaften ein Risiko?
Doch wie kann es zu so einem Problem kommen und wie kannst Du dem Vorbeugen? Zunächst einmal ist eine Plazentaretention ein zufällig auftretendes Phänomen, was sich nicht im Vorfeld ankündigt. Deshalb ist Vorbeugung nicht möglich. Grundsätzlich gilt es drei unterschiedliche Phänomene zu unterscheiden:
- Trapped Plazenta: Dabei hat sich die Plazenta von der Gebärmutterwand zwar gelöst, schafft es dann aber nicht durch den Muttermund, weil dieser nach der Geburt bereits wieder enger geworden ist oder etwas im Weg liegt.
- Uterusatonie: Die Gebärmutter zieht sich nach der Geburt nicht mehr ausreichend zusammen, um eine Ablösung der Plazenta zu unterstützen bzw. auszulösen.
- Plazenta accreta: In Einzelfällen lösen sich Teile der Plazenta nicht ab, weil sie zum Beispiel tief in die Gebärmutter eingebettet sind.
Liegt bereits bei einer Geburt eine unvollständige oder gar keine Plazentaablösung vor, so ist das Risiko auch für folgende Geburten höher, dass dieses Problem erneut auftritt. Speziell bei Frühgeburten tritt eine Plazentaretention häufiger auf. Ärzte vermuten das liegt daran, dass die Plazenta eigentlich dafür ausgestattet ist, 40 Wochen im Mutterleib zu verleiben und das Kind zu versorgen. Auch bei Kaiserschnitten ist das Risiko höher, dass darauf folgende Geburten von einer Plazenta accreta begleitet werden, da durch die Vernarbungen die Ablösung erschwert wird. Doch egal, wie viel auch im Mutterleib zurückbleibt, es kann dort nicht bleiben, weil dadurch Blutungen und Entzündungen ausgelöst werden. Deshalb erfolgt nach jeder Entfernung auch die Gabe von Antibiotika.