Ich will Dich nachts nicht tragen!


Vier Monate ist der kleine Kerl und er meckerte mich gestern Nacht um 00.38 Uhr an. Sein Bauch war voll; so voll, dass ihm die Milch aus den Mundwinkeln wieder heraus lief. Trotzdem kam er nicht zur Ruhe, obwohl er fast immer zuverlässig beim Stillen wieder einschläft. Er patschte hektisch gegen meinen Arm, wälzte sich nervös hin und her und schimpfte. Genervt knipse ich das Nachtlicht an. Ich war furchtbar müde, aber der Bub hatte offensichtlich andere Pläne. Die Windel war so voll, dass sich seine Hose feucht anfühlte. „So kann man ja auch nicht schlafen“, flüstere ich ihm zu, während ich mit kleinen Augen seine Windel wechsle, seinen weichen Bauch küsse und ihm übers Gesicht streichle. Er lächelt mich an. „Was für ein lieber, putziger Kerl“ denke ich, bevor ich das Licht ausmache und versuche Schlafrunde Nr. 2 einzuläuten. Ich bot ihm voller Hoffnung, er könne so einschlafen, nochmals meine Brust an, aber er verzog nur das Gesicht und wandte sich unruhig ab. Der Mond schien so hell durchs Fenster, dass ich seine Mimik auch ohne zusätzliches Licht gut erkennen konnte. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Ich stand auf und holte einen Schnuller. Doch er machte das, was er seit der Geburt immer damit macht: Er kaute ein paar Mal darauf herum und spuckte ihn aus. Ich steckte ihn wieder rein, er kaute darauf herum und spuckte in aus. Rein, raus, rein raus – bis er fuchtig wurde und die Schnute fest verschloss. Mist! Ich wurde sauer, weil meine Nachtruhe dahin war und er zunehmend unruhiger. „Nein, ich trage Dich nicht!“ schimpfte ich mit ihm, als er begann zu jammern. „Es ist mitten in der Nacht und wir müssen schlafen! Du darfst gerne an meiner Seite kuscheln, aber ich stehe nicht auf!“ fügte ich hinzu. Da begann er laut zu weinen und schwups stand ich auf den Beinen. Normalerweise schläft er immer die ganze Nacht im Liegen und nach seinen regelmäßigen Trinkpausen problemlos weiter. Nun hielt ihn etwas vom Weiterschlafen ab. Ich hatte keine Ahnung, was es war, aber es schien ihn mächtig zu quälen. Während ich ihn im Halbdunkeln durch die Wohnung trug, schmiegte er sein kleines, warmes Köpfchen an meine Schulter. Er war plötzlich ganz leise und genoss das Kuscheln auf meinem Arm offensichtlich. Ja, ich war saumüde, aber schon lange nicht mehr böse. Er konnte ja nichts dafür, verstand sicherlich selbst nicht, was da gerade mit ihm passierte. Er rieb sich die Augen und das kleine Näschen an meinem Pulli. Ich hielt ihn ganz fest – mein armes Baby. Nach einigen Minuten hörte ich sein gleichmäßiges Atmen. Es war kurz vor zwei Uhr und ich legte das zufrieden schlummernde Bündel ins Bett und mich daneben. Ich deckte ihn zu, legte meine Hand auf seine Brust und dachte nur, dass ich ihn immer wieder nachts tragen werde, wenn es sein muss. Das gehört keineswegs zu meinen Lieblingsbeschäftigungen in der Nacht und ich werde sicherlich jedes Mal murren, wenn es dazu kommt. Aber ich bin so dankbar für dieses kleine, pflegeleichte Menschlein, dass ich ihm gerne helfe, solange er meine Hilfe benötigt. Auch mitten in der Nacht. Auch wenn ich wirklich nicht aufstehen und ihn tragen will ;)

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