Kinder kommen immer wieder in den Kontakt mit anderen Kindern: im Kindergarten, in der Familie, auf dem Spielplatz oder durch befreundete Eltern, die auch Kinder haben. Wir wissen, dass alle Kinder verschieden sind oder sich in verschiedenen Phasen ihres Lebens befinden. Und natürlich kommt es auch mal zu Streit zwischen Kindern. Gestritten wird dabei um Spielzeuge, wer zuerst rutschen darf oder wer das schönere Bild gemalt hat. Manche Kinder nehmen sich, was sie wollen. Manche weinen und manche Kinder schubsen oder hauen sogar. Gerade bei Kleinkindern sind meiner Meinung nach all diese Verhaltensweisen normal und es liegt an uns Eltern, unseren Kindern zu erklären, was ok ist und was nicht. Konflikte zwischen Kindern: Wie kannst Du Dein Kind stärken und wann sollte Dein Nachwuchs sich wehren?
So wehrt sich mein Sohn – ein Erfahrungsbericht
Mein Sohn ist eher der, der in Konfliktsituationen anfängt zu weinen, zu mir kommt und sich in sein Schneckenhäuschen verkriecht. Theo ist dann oft sehr traurig. Auf der einen Seite möchte er einfach nur spielen, auf der anderen Seite aber auch nicht nachgeben, wenn es bei dem Streit etwa um ein Spielzeug geht.
Natürlich ist mein Sohn auch mal der, der ein Spielzeug wegnimmt oder einen Streit beginnt. Normalerweise versuche ich mich so gut wie möglich als Mama zurückzuhalten, um den Kindern die Chance zu geben, ihren Streit alleine zu klären. Für mich ist aber klar, dass die Auseinandersetzungen nur verbal geklärt werden dürfen und auch Theo weiß das.
Ich beobachte oft, dass Theo versucht, die anderen Kinder mit Sätzen wie “wenn wir nicht mehr streiten, macht spielen doch viel mehr Spaß” zu beruhigen. Das klappt manchmal und manchmal nicht. Ich beobachte aber mindestens genauso oft, dass es meinem Sohn schwer fällt, sich zu wehren. Das führt dann manchmal dazu, dass andere Kinder anfangen ihn zu hänseln oder ihn sogar körperlich angreifen. In solchen Situationen ist mein Sohn schnell überfordert und traurig. Von Sätzen wie “Dann wehr dich doch!” halte ich nicht viel, denn im Unterton fordert er das Kind zur körperlichen Auseinandersetzung auf.
Was bedeutet “sich wehren”?
Für ein Kind, das gerade angegriffen wird, ist es oft das Schwierigste, mit seiner eigenen Wut klarzukommen und nicht zurückzuschlagen. Ich versuche Theo zu ermutigen in solchen Situationen verbal klare Grenzen zu setzen. Also zum Beispiel, dass er sagt: “Stopp, ich möchte nicht, dass Du mich schlägst!”. Es geht dabei darum, dass Dein Kind eine klare und selbstbewusste Ansage macht. Ich rate Theo, sich nach der Ansage aus der Situation zu entfernen. Dadurch merken die anderen Kinder, dass sich mein Kind so etwas nicht gefallen lässt. Wichtig ist, dass sich Dein Kind aus der “Opferrolle” heraus bewegt. Für mich ist das eine effektive und gute Art sich verbal zu wehren.
Situationen, in denen Dein Kind verbal oder nonverbal angegriffen wird, können es leicht überfordern. Es geht oft so schnell, dass sie sich doch körperlich wehren und einfach zurück hauen. Das kann an der Überforderung liegen, oder weil sie es bei anderen Kindern sehen. Einige Eltern raten ihren Kindern auch “sich zu wehren und zurück zu schlagen”. Meiner Meinung nach kann das aber nicht die Antwort sein, denn Gewalt erzeugt Gegengewalt, und schnell kommt es zu einer Spirale von physischer und psychischer Gewalt.
Durch Gewalt eskalieren Konflikte zwischen Kindern
Mein Anliegen ist es ein sozial kompetentes Kind zu erziehen, welches sich nicht aufs Faustrecht beruft oder andere mobbt. Denn ich bin der Meinung, dass sich jeder Konflikt auch ohne Gewalt lösen lassen muss, denn durch Gewalt eskalieren Konflikte immer nur weiter. Kinder, aber auch Erwachsene, können oft nicht die Folgen einer nonverbalen Gegenwehr abschätzen.
Trotzdem habe ich natürlich Angst davor, dass das Prinzip der Gewaltlosigkeit dazu führen könnte, dass mein Sohn ein leicht gefundenes Opfer wird, weil er sich eben nicht körperlich wehrt. Sich wehren bedeutet also nicht nur, dass Dein Kind zurück haut oder auch gemein wird, sondern klare Grenzen zu setzen oder sich Hilfe bzw. Unterstützung bei einem Erwachsenen zu suchen.
Die Rolle der Eltern
Mir als Mama fällt es schwer meinem Sohn in solchen Situationen Ratschläge zu geben. Zum einen möchte ich natürlich nicht, dass er ein leichtes Ziel für Mobbing wird, nur weil er sich “nicht richtig wehrt“. Auf der anderen Seite kann und will ich meinem Sohn nicht den Rat geben, sich körperlich zu wehren. Ich sehe es als meine Aufgabe, meinem Sohn zu erklären, dass es völlig normal ist, wütend zu werden und dass ich ihn in seiner Wut sehe und ernst nehme. Durch mein Vorbild soll er lernen, wie wichtig es ist, seine Gefühle in Worte zu fassen und sich selbstbewusst auszudrücken bzw. zu wehren. Durch ein starkes Auftreten kann sich Dein Kind aus der Opferrolle herausbewegen.
Außerdem frage ich mich oft, ob es auch die Aufgabe der Eltern ist, die anderen Kinder zur Rede zu stellen. Prinzipiell ermutige ich meinen Sohn immer dazu seine Konflikte alleine zu lösen, denn nur so kann er es für andere Situationen, in denen kein Erwachsener anwesend ist, lernen. Trotzdem befürworte ich es auch, wenn Theo einen Erwachsenen, um Hilfe bittet, falls er in einem Konflikt nicht alleine zurechtkommt.
Konflikte zwischen Kindern: Das hilft in Streitsituationen
Doch ab wann sind Kleinkinder überhaupt in der Lage ihre Konflikte alleine zu lösen? Vor allem Einzelkinder werden oft im Kleinkindalter das erste Mal mit Konflikten konfrontiert und sind schnell damit überfordert. Prinzipiell kann man sagen, dass Kleinkinder bis 3 Jahre noch gar keine ausreichenden Handlungskompetenzen haben, um Konflikte konstruktiv zu lösen. Kinder können diese Kompetenzen erwerben, indem sie Dir als Elternteil als Vorbild zuschauen, wie Du Konflikte löst. Außerdem kannst Du Deinem Kind Vorschläge machen, wie er/ sie sich in Konfliktsituationen verhalten kann.
Falls Du als Elternteil Zeuge eines Konflikts unter Kleinkindern wirst, würde ich dir folgende Tipps geben:
- Halte Dich erst einmal raus, und schaue ob die Kinder den Konflikt unter sich lösen können.
- Falls Du das Gefühl hast, dass die Kinder Deine Unterstützung brauchen, behandele das Thema allgemein bzw. neutral ohne einen “Bösen” und ein “Opfer” herauszustellen.
- Versuche das Einfühlungsvermögen der Kinder zu stärken und benenne so den Streitpunkt noch einmal.
- Ermutige die Kinder, ihre Gefühle zu benennen und höre dabei zu ohne direkt mit Deiner Meinung oder einem Rat zu reagieren.
Dein Kind stärken – Mut machen
Wichtig ist, dass Dein Kind sich traut klar und deutlich Grenzen zu setzen. Dein Kind braucht also Mut und das Wissen, dass seine/ ihre Gefühle richtig sind und von den Anderen akzeptiert werden sollten. Wenn Dein Kind ängstlich und unsicher ist, lebt es oft in einer Welt von Befürchtungen. Ängstliche Kinder sind oft auch zurückhaltender, passiv und lassen sich unter Umständen zu viel gefallen und können so ein leichtes Ziel für Hänseleien sein. Durch die Unsicherheit und die Befürchtung, dass eine Gegenwehr zu noch mehr Schikanen führen könnte, gehen diese Kinder oft lieber einen Schritt zurück, statt klar ihre Grenzen abzustecken.
Deshalb sollte Dein Kind lernen mutig zu sein und Du kannst ihm dabei helfen Strategien zu lernen um mit Spott und Konflikten umzugehen. Wie kannst Du Dein Kind stärken? Du kannst zum Beispiel mit Deinem Kind üben, auf blöde Sprüche mit Schlagfertigkeit zu reagieren und zu überraschen. Wichtig ist, dass Dein Kind mutig genug ist, irgendwie die Opferrolle zu verlassen.
Ich möchte Dir hier ein paar Tipps geben, wie Du das Selbstbewusstsein Deines Kindes stärken kannst.
- Talente fördern: Wenn Dein Kind etwas besonders gut kann, bekommt es durch die Anerkennung von Anderen Selbstbewusstsein.
- Emotionale Stärke: Lache gemeinsam mit und nie über Dein Kind und zeige Deinem Kind, dass Du ihn/sie liebst, wie er/ sie ist.
- Achtsame Erziehung: Nimm Dein Kind mit seinen / ihren Gefühlen wahr und ernst
- Gefühle zulassen: Alle Gefühle sind okay. Zeige Deinem Kind sein/ ihre Gefühle zuzulassen.
- Erfahrungen machen: Traue Deinem Kind etwas zu, lass ihn/ sie eigene Erfahrungen machen, lasse ihn/ sie neue Dinge ausprobieren und vertraue in die Fähigkeiten Deines Kindes.
- Rückhalt: Zeige Deinem Kind, dass er/ sie sich immer auf Dich verlassen kann.
- Grenzen akzeptieren: Auch Du solltest die Grenzen Deines Kindes akzeptieren. Wenn Dein Kind die Tante nicht umarmen möchte, solltest Du das akzeptieren.
- Keine Vergleiche: Vergleiche Dein Kind nicht mit anderen Kindern, das ist schädlich fürs Selbstwertgefühl.
- Vorbild sein: Du solltest Deinem Kind eine freundliche Kommunikation, Ehrlichkeit und Selbstbewusstsein vorleben.
Wie wehrt sich Dein Kind richtig – 5 Tipps
- Die Situation verlassen: Dein Kind muss sich Hänseleien nicht bis zum Ende anhören. Ermutige Dein Kind, Situationen zu verlassen.
- Grenzen setzen: Dein Kind sollte lernen klare Ansagen zu machen, was es möchte bzw. nicht möchte.
- Nicht jeder ist ein Freund: Sich zu wehren heißt manchmal auch, sich gegen vermeintliche Freunde zu stellen. Und das ist okay, denn Dein Kind sollte lernen, dass nicht jeder sein/ ihr Freund sein möchte und muss.
- Körperhaltung: Durch eine selbstbewusste Haltung kann Dein Kind Anderen auch ohne Worte zeigen, dass er/ sie sich nicht alles gefallen lässt.
- Schlagfertigkeit: Bei einem verbalen Angriff kann Dein Kind mit einer schlagfertigen Reaktion das andere Kind aus dem Konzept bringen, verunsichern oder vielleicht auch zum Lachen bringen. Das kannst Du zu Hause mit Deinem Kind üben.
Konflikte zwischen Kindern: Habt ihr Erfahrungen mit Hänseleien und wenn ja, wie geht Ihr damit um? Schreibt es uns gern in die Kommentare.
mein Sohn 6 ‚erduldet‘ sämtliche Hänseleien obwohl er körperlich und verbal überlegen ist.
er sagt immer, dass er lieber seine Ruhe hat und sich darum den anderen unterwirft…
es beschäftigt ihn aber…
wir reden über Grenzen, über Stop sagen und auch mal zurückschubsen…
doch er setzt es einfach nicht um.
Danke für diesen Artikel, mein Sohn (2) wurde heute im Indoorspielplatz regelrecht attackiert durch ein anderes Kind (vermutlich zwischen 3 und 4 Jahre alt)
Ich habe die Situationen vorerst nur beobachtet und bin dann eingeschritten als er meinen Sohn gegen eine Scheibe geschubst uns geschlagen hat.
Da mein Kleiner außer ein paar Wörter noch nicht viel sagen kann, habe ich natürlich das Wort für ihn ergriffen.
Ich habe dann meinem Sohn mehrmals erklärt was er in solchen Situationen sagen soll und dass er sich das nicht gefallen lassen muss. Ich denke ein bisschen was versteht er davon schon.
Mich hat das jetzt den ganzen Tag beschäftigt und durch deinen Artikel fühle ich mich in meinem Handeln bestätigt. Vielen Dank