Eine natürliche Geburt läuft in groben Zügen immer gleich ab: Sie unterteilt sich in die 4 Phasen der Geburt. Gerade wenn Du zum ersten Mal ein Baby erwartest, willst Du sicherlich wissen, was bei einer vaginalen Entbindung auf Dich zukommt. In diesem Beitrag erkläre ich Dir den Ablauf einer Geburt. Du erfährst dabei, wie lange die einzelnen Geburtsphasen dauern, ob eine Geburt wehtut und wann die Schmerzen am größten sind.
Die 4 Phasen der Geburt: Ablauf & Tipps
Jede Geburtsphase ist anders und dauert unterschiedlich lang. Dazu kommt, dass jede Frau einzigartig ist. Keine Entbindung ist gleich, aber sie läuft immer nach demselben Schema ab.
Wenn Du weißt, was in den einzelnen Geburtsphasen geschieht, wie lange sie dauern und wie Du am besten mit ihnen umgehst, dann fühlst Du Dich vielleicht schon etwas sicherer und kannst der Geburt Deines Babys entspannter entgegen sehen.
Dafür beschreibe ich Dir die Phasen der Geburt nicht nur, sondern Du kannst Dir auch den Ablauf einer Geburt in Bildern ansehen. So wird das Ganze noch verständlicher. ➔Hier geht’s direkt zur Grafik
Die 4 Phasen der Geburt heißen:
• Eröffnungsphase
• Übergangsphase
• Austreibungsphase
• Nachgeburtsphase
Eröffnungsphase der Geburt
Wenn Du zur Entbindung in der Geburtsklinik oder im Geburtshaus ankommst, dann wirst Du zunächst einmal untersucht. Das dient auch dazu, dass die Hebamme weiß, in welcher der Geburtsphasen Du Dich gerade befindest. Viele Frauen kommen während der Eröffnungsphase in die Klinik.
Früher gehörte es übrigens zum Standardablauf, dass den Gebärenden in der Klinik die Schamhaare rasiert bzw. gekürzt wurden. Außerdem bekamen Frauen einen Einlauf, um den Darm vor der Geburt zu leeren. Diese Methode dient nicht nur der Hygiene, sie kann auch die Wehentätigkeit anregen. Heute darfst Du selbst entscheiden, ob Du Rasur und Einlauf haben möchtest oder nicht.
Die Eröffnungsphase ist die erste und gleichzeitig oft längste Phase der natürlichen Geburt. Sie dauert so lange an, bis Dein Muttermund fast vollständig geöffnet ist. Vollständig geöffnet hat er einen Durchmesser von 10 cm.
Dauer der Eröffnungsphase
• Erstgebärende: 8-14 Stunden
• Frauen, die bereits Kinder geboren haben: Durchschnittlich 6 Stunden
Während der Eröffnungsphase hast Du Wehen, die im Verlauf dieser 1. Geburtsphase immer stärker werden. Gleichzeitig werden die Abstände zwischen den Wehen kürzer.
Durch die Wehen wird Dein Baby immer weiter in das Becken und zum Muttermund geschoben. Bei vielen Frauen platzt die Fruchtblase entweder vor oder während der Eröffnungsphase. Geschieht das nicht von alleine, kann die Hebamme die Fruchtblase öffnen.
Das schützende Polster zwischen Baby und Muttermund ist danach weg. Dadurch können sich Wehen und Muttermundtätigkeit verstärken. Deshalb wird die Öffnung der Fruchtblase häufig dann gemacht, wenn der Geburtsvorgang ins Stocken gerät.
Wenn Du Dich dem Ende der Eröffnungsphase näherst,
• dann dauern die Muskelkontraktionen ca. 1-1,5 Minuten.
• Der Abstand dazwischen beträgt nur noch 2-3 Minuten.
In der Eröffnungsphase untersucht Dich Deine Hebamme regelmäßig. Sie stellt dabei sicher, dass es Dir und Deinem Baby gut geht. Es werden folgende Faktoren kontrolliert:
- Herztöne
- Muttermund
- Teilweise werden auch Blutdruck und Fieber gemessen bzw. das Blut untersucht.
👉 Tipps für die Eröffnungsphase bei der vaginalen Geburt
Besonders wichtig ist es, dass Du während aller Phasen der Geburt richtig atmest:
- Versuche länger aus- als einzuatmen.
- Die Ausatmung sollte ungefähr 3-mal so lange dauern wie die Einatmung.
- Wenn Du merkst, dass eine neue Wehe kommt, atme tief ein. Öffne den Mund anschließend leicht und lass die Luft langsam wieder raus.
Vielen Gebärenden hilft in der Eröffnungsphase auch das Tönen. Bei der Ausatmung erzeugen sie ein langes AAAAAA oder OOOO.
Das Tönen mit AAAA und OOOO kam bei mir völlig natürlich, ich konnte gar nicht anders. Autorin Julia
Eine Geburt ist ein Kraftakt, der mit Schmerzen verbunden ist. Es gibt aber viele verschiedene Möglichkeiten, Dir die 4 Phasen der Geburt erträglicher zu machen.
Diese Dinge können Dir in der Eröffnungsphase außerdem helfen:
- Positionswechsel: Versuche während der Eröffnungsphase verschiedene Positionen. Du darfst stehen, liegen, knien. Höre auf Deinen Körper, er wird Dir sagen, was er will.
- Massagen: Mir hat es gut geholfen, dass jemand meinen unteren Rücken massiert hat.
- Akupunktur: Kleine Nadeln an verschiedenen Meridianen können Dich unterstützen.
- Bad oder Fußbad: Das warme Wasser kann Dich und Dein Gewebe entspannen.
- Schmerzmittel: Medikamente, PDA (Periduralanästhesie), Spinalanästhesie und Pudendus-Block
- Hypnobirthing: Methode zur Tiefenentspannung bei der Geburt.
Falls Deine Schmerzen kaum auszuhalten sind und Deine Wehen scheinbar pausenlos kommen, dann könntest Du gerade einen Wehensturm erleben. Wenn Du den Verdacht hast, dass Dein Körper von einem Wehensturm überrollt wird, dann informiere umgehend Deine Hebamme.
Die Eröffnungsphase zieht sich über mehrere Stunden. Trinke währenddessen ausreichend Wasser. Dagegen solltest Du auf schwere Mahlzeiten verzichten. Denn bei einigen Frauen gehen die Geburtsschmerzen auf den Magen, ihnen wird schlecht und nach einem schweren Essen müssen sie sich übergeben.
Übergangsphase
Die Übergangsphase ist kurz, aber ganz schön heftig. Sie wird häufig als die schlimmste der 4 Phasen der Geburt empfunden.
Viele Schwangere spielen sich in der Eröffnungsphase irgendwann auf einen Rhythmus aus Wehen und Wehenpausen ein. Wenn dir das gelingt, hast Du Deine Situation ein Stück weit im Griff und fühlst Dich etwas sicherer.
Die Übergangsphase wirft alles durcheinander, denn die Wehen werden jetzt unregelmäßiger. Sie lassen sich schwerer veratmen, die Pausen sind kurz oder kaum mehr wahrnehmbar.
Die Übergangsphase dauert nur zwischen 20 Minuten und 2 Stunden. Trotzdem kommen jetzt viele Frauen an ihre Grenzen, manchen wird schlecht oder ihr Körper fängt an zu zittern.
Die gute Nachricht: Die Übergangsphase ist ein Zeichen dafür, dass die Entbindung Deines Babys nun nicht mehr lange dauert. In dieser 2. Phase der Geburt öffnet sich der Muttermund vollständig auf 10 cm. Zu Beginn der Übergangsphase ist er normalerweise ca. 8 cm groß.
Die Wehen scheinen in dieser Phase oft kaum erträglich. Der starke Druck auf den Muttermund führt dazu, dass die Frauen gerne pressen würden, es aber noch nicht dürfen. Außerdem platzt bei einigen Frauen jetzt erst die Fruchtblase.
Viele Gebärende haben jetzt den Wunsch nach einer PDA, einem Kaiserschnitt oder einfach nur nach Hause zu gehen. Das ist okay, schließlich befindest Du Dich in einem Ausnahmezustand. Wenn Du möchtest, kannst Du in der Übergangsphase ein Schmerzmittel bekommen.
👉 Tipps für die Übergangsphase
- Lass den Frust heraus: Häufig machen sich Frust und Wut in dieser Phase der Geburt breit. Lass Deine Gefühle heraus, selbst wenn Du dazu Deinen Partner oder die Hebamme anbrüllen musst.
- Bleibe bei Kräften: Versuche nicht, alle Power für die Übergangsphase zu verbrauchen. Die letzte Phase der Geburt steht noch an.
- Bald ist es vorbei: Denke daran, dass die Übergangsphase nur kurz andauert. Du hast es bald geschafft!
Austreibungsphase
Wenn der Muttermund vollständig offen ist und das Kind in Deinen Beckeneingang eintritt, dann startet die Austreibungsphase.
Das Baby dreht jetzt das Köpfchen, um möglichst problemlos durch den Geburtskanal zu gelangen. Wenn das Kinn des Babys in Richtung Enddarm zeigt, dann ist die Drehung abgeschlossen.
Diese Phase dauert bei einer natürlichen Geburt bei Erstgebärenden normalerweise nicht länger als 2 Stunden. Wenn Du eine PDA hast, kann sich die Austreibungsphase etwas mehr in die Länge ziehen.
Auch während der letzten Phase der Geburt darfst Du Dich in der Regel frei bewegen. Nur wenn es einen medizinischen Grund gibt, wird die Hebamme eine bestimmte Position vorgeben. Es kann zum Beispiel sein, dass Du aus der Badewanne kommen musst, wenn die Herztöne Deines Babys schwächer werden.
Regelmäßig überprüft die Geburtshelferin deshalb den Zustand von Dir und Deinem Baby.
Spätestens jetzt platzt auch Deine Fruchtblase. Durch den Blasensprung schüttet Dein Körper das Hormon Oxytocin aus, wodurch wiederum die Wehen stärker werden.
Die Austreibungsphase unterteilt sich in 2 Abschnitte:
- Frühe Austreibungsphase
- Pressphase
Frühe Austreibungsphase
Diese Phase dauert normalerweise bei Erstgebärenden nicht länger als 2 Stunden. Hast Du bereits ein Kind zur Welt gebracht, braucht die frühe Austreibungsphase in der Regel nur 1 Stunde. Bei Zweit- oder Drittgebärenden ist sie teilweise sogar noch kürzer.
Die Wehen sind sehr stark, sie kommen alle 2 bis 4 Minuten und dauern nicht länger als 1,5 Minuten.
Trotz der starken Wehen empfinden die Frauen die Austreibungsphase normalerweise nicht schlimmer als die Eröffnungsphase. Eine Ausschüttung von Glückshormonen hilft Dir jetzt nämlich, die heftigen Wehen besser zu verkraften.
Es kann sein, dass das Köpfchen Deines Babys bei manchen Wehen von außen bereits sichtbar ist und sich dann wieder zurückzieht.
Dein Damm weiß damit umzugehen. Manchmal wird er dadurch sogar schonender gedehnt, was einen Riss verhindern kann. Dammschnitte werden heute normalerweise nicht mehr durchgeführt.
Die Pressphase
Das Finale der Geburt geht mit Presswehen einher, es dauert nur 30 bis 40 Minuten.
Wenn Du bereits ein Baby geboren hast, verkürzt sich auch die Pressphase. Oftmals dauert sie dann nicht länger als 20 Minuten bis zu einer halben Stunde.
Du merkst sehr schnell, dass Du Dich in der Pressphase befindest, weil Du einen unwiderstehlichen Drang zu Pressen spüren wirst. Er wird dadurch ausgelöst, dass das Köpfchen Deines Babys auf ein Nervengeflecht drückt.
Du kannst Dich dem Wunsch zu Pressen jetzt normalerweise nicht entziehen. In der Regel presst Du bei jeder Presswehe 2-3 Mal mit. Deine Hebamme wird Dich unterstützen und Dir sagen, wann Du mitpressen darfst. Das soll verhindern, dass Du zu früh Deine Kräfte verschwendest und Dein Gewebe verletzt wird.
Wenn der Kopf des Babys durch die Scheide tritt, ist die Dehnung extrem. Die Hebamme versucht Deinen Damm so gut wie möglich zu schützen. Ist das Köpfchen vollständig geboren, hast Du es fast geschafft.
Der Körper des Babys dreht sich jetzt noch einmal, damit die Schultern geboren werden können. Du brauchst Dir aber keine Gedanken um Dein Baby zu machen. Die Geburtshelfer halten es und schützen dabei auch sein Köpfchen.
💗 Ist der ganze Körper des Kindes geboren, darfst Du Dein Baby endlich sehen und halten.💗
Die Nachgeburtsphase
Wenn Dein Baby da ist, hast Du den größten Kraftakt hinter Dir. Allerdings sind damit die Phasen der Geburt noch nicht ganz abgeschlossen – die vierte und letzte Phase heißt Nachgeburtsphase.
Dabei löst sich die Plazenta von der Gebärmutter ab und wird durch die Scheide ausgeschieden. Das geht für gewöhnlich ohne große Schmerzen.
Die sogenannte Nachgeburt kommt rund 10-30 Minuten nach der Entbindung Deines Babys. Sollte die Plazenta nicht innerhalb von einer Stunde ausgeschieden sein, wird nachgeholfen.
Wenn Deine Plazenta ausgeschieden ist, untersucht die Hebamme die Nachgeburt ganz genau. Denn es dürfen keinerlei Reste in Deinem Körper verbleiben, sonst kann es zu Komplikationen kommen.
Um Infektionen, Blutungen und Wucherungen zu verhindern, muss der gesamte Mutterkuchen entbunden werden. Falls Teile davon im Körper verblieben sind, wird eine sogenannte Ausschabung vorgenommen, von der Du unter Narkose nichts mitbekommst.
Hast Du bei der Geburt einen Dammriss oder Dammschnitt erlitten, wird dieser am Ende der Nachgeburtsphase versorgt. Falls notwendig, wird er genäht. Dafür bekommst Du eine Betäubung.
Sind Mutter und Kind gut versorgt, dann dürfen sie den Kreißsaal verlassen. Nachdem Du alle 4 Geburtsphasen hinter Dir hast, wirst Du offiziell als Wöchnerin bezeichnet.
🖼️ Grafik Geburtsphasen
Damit Du Dir den körperlichen Ablauf bei der Geburt eines Babys besser vorstellen kannst, haben wir die 4 Phasen der Geburt in der folgenden Infografik schematisch dargestellt.
🔎 FAQ zu Phasen der Geburt
Gerade wenn Du Dein erstes Kind erwartest, schwirren Dir vermutlich viele Fragen zur Geburt durch den Kopf. Ein paar Eurer häufigsten Fragen möchte ich hier noch beantworten:
Kann die Frau bei der Geburt sterben?
Ja, das ist möglich, eine Frau kann bei der Geburt sterben. Aber Du kannst beruhigt sein, in Zentraleuropa ist die medizinische Versorgung heutzutage so gut, dass das nur noch sehr selten vorkommt. Laut Statistik sterben nur 8 von 100.000 Frauen bei der Geburt in Deutschland.
Ist eine natürliche Geburt sehr schmerzhaft?
Ja, eine Geburt ist schmerzhaft. Wie stark die Schmerzen aber empfunden werden, hängt von der einzelnen Frau und den Umständen der Geburt ab. Die Natur hat dafür gesorgt, dass der weibliche Körper für eine Entbindung ausgelegt ist. So produziert er bei der Geburt z.B. Hormone, die den Schmerz etwas dämpfen.
Sind Wehen im Liegen schlimmer?
Normalerweise sind Wehen im Liegen nicht schmerzhafter. Allerdings kann eine liegende Position die Wehentätigkeit hemmen, wodurch sich die Geburt hinauszögert. Bei anderen Geburts-Positionen kannst Du außerdem die Schwerkraft besser ausnutzen, um Dein Baby zu gebären.
Sind die Wehenschmerzen auszuhalten?
Diese Frage lässt sich nicht direkt beantworten. Manche Frauen halten die Wehenschmerzen besser aus als andere. Falls Du damit nicht gut zurecht kommst, ist das kein Grund zur Sorge. Den Geburtshelfern stehen verschiedenste Mittel zur Verfügung, um die Entbindung für Dich möglichst erträglich zu gestalten. Sprich am besten vor der Geburt mit Deinem Arzt bzw. mit Deiner Hebamme, um Dich zu informieren.
Über ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Geburt berichten auch unsere Blogger. Hier findest Du ihre Geburtsberichte.
Mehr Infos dazu findest Du hier.