Du hast von Deinem Arzt die Diagnose „Risikoschwangerschaft“ erhalten? Dann fragst Du Dich jetzt vielleicht, was das überhaupt bedeutet oder machst Dir Sorgen um Dich und Dein ungeborenes Kind. Zu Deiner Beruhigung gleich vorab: Heute werden in Deutschland rund 35 % aller Schwangerschaften als Risikoschwangerschaften eingestuft. Gleichzeitig ist es so sicher wie nie zuvor, schwanger zu sein. Erfahre hier alles über die Gründe für eine Risikoschwangerschaft, ihre Folgen und wie Du am besten damit umgehst.
Risikoschwangerschaft: Definition
Jede Schwangerschaft bringt gewisse Risiken mit sich. Bei einer Risikoschwangerschaft liegen bestimmte Faktoren vor, die auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für Komplikationen bei Mutter und/oder Kind schließen lassen.
➔Manche dieser Risiken werden bei der Untersuchung entdeckt, wenn sie körperlicher Natur sind.
➔ Sie können sich aber auch aus der Anamnese ergeben. In diesem Fall sind Gründe vorhanden, die entweder im Lebensstil, in der Geschichte oder in der Familie der Schwangeren liegen.
Faktoren: Ab wann liegt eine Risikoschwangerschaft vor?
Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die Deine Schwangerschaft per Definition zu einer Risikoschwangerschaft machen – auch wenn es akut keinen Grund zur Sorge gibt. Also wann ist es eine Risikoschwangerschaft?
Wenn nur eines der Risiko-Kriterien erfüllt ist, spricht der Fachmann bereits von einer Risikoschwangerschaft.
Körperliche Faktoren
Beim Vorliegen bestimmter körperlicher Faktoren, wie z.B. chronischen Krankheiten, bestimmten genetischen Faktoren oder anatomischen Veränderungen, spricht Dein Frauenarzt von einer Risikoschwangerschaft.
Körperliche Faktoren für Risikoschwangerschaft:
- Über- oder Untergewicht
- Körpergröße unter 1,50 m
- Rhesusunverträglichkeit
- Infektionen
- Entzündungen im Genitalbereich
- Herz-/Kreislauf-Erkrankungen
- Chronisch hoher Blutdruck
- Diabetes
- Asthma bronchiale
- Schilddrüsenerkrankungen
- Epilepsie
- Relevante Erbfaktoren
- Veränderungen am Gebärmutterhals
- Fehlbildungen der Gebärmutter
- Einnahme bestimmter Medikamente
- Drogen-, Alkohol- oder Nikotinsucht
- Wucherungen der Gebärmutter z. B. Schwangerschaft mit Myom
Risikoschwangerschaft: Alter als Faktor
Auch das Alter der werdenden Mutter spielt eine entscheidende Rolle. Aber ab welchem Alter ist es nun eine Risikoschwangerschaft?
- Bei Erstgebärenden: Alter unter 18 oder über 35 Jahren
- Bei Mehrfachgebärenden: Alter über 40 Jahre
Schwangere unter 18 Jahren
Ist eine Schwangere sehr jung, gilt ihre Schwangerschaft automatisch als Risikoschwangerschaft. Das bedeutet keinesfalls dass sie oder ihr Baby ein Problem bekommen werden. Aber die Erfahrung zeigt, dass bei sehr jungen Frauen die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Schwangerschafts-Komplikationen erhöht ist, z.B. für:
- Schwangerschaftsvergiftung
- Eisenmangel
- Hoher Blutdruck
- Mangelversorgung
Auch Frühgeburten kommen bei besonders jungen Schwangeren etwas öfter vor.
Eine Mangelversorgung kann sich beispielsweise dadurch ergeben, dass die Schwangerschaft erst spät erkannt wird. Dann versäumt die werdende Mutter Vorsorge-Maßnahmen wie die Einnahme von Schwangerschafts-Vitaminen oder sinnvolle Schutzimpfungen. Auch auf ihre Ernährung in der Schwangerschaft kann sie erst spät achten.
Dadurch muss es natürlich nicht, kann es aber zu Entwicklungs-Verzögerungen beim ungeborenen Kind kommen.
Risikoschwangerschaft ab 35 Jahren
In der Mitte ihrer 30er kann sich die deutsche Durchschnitts-Frau noch zurecht jung und fit fühlen. Bekommt sie aber mit über 35 Jahren ihr erstes Kind, dann gilt sie tatsächlich schon als Risikoschwangere. Dabei sind in Deutschland ein Viertel aller Erstgebärenden über 35 Jahre alt.
Mit 35+ besteht ein höheres Risiko für folgende Komplikationen:
- Kaiserschnitt
- Fehl- und Frühgeburten
- Chromosomenveränderungen
Gerade in Bezug auf Chromosomenveränderungen gibt es mittlerweile hervorragende und schonende Diagnosemöglichkeiten. ➔In meinem Beitrag über NIPT-Tests kannst Du Dich umfassend darüber informieren. Teilweise werden diese Tests von der Krankenkasse übernommen und Du erfährst frühzeitig, ob eine Chromosomenveränderung wie Trisomie 21 vorliegt oder nicht.
Schwangere über 40 Jahren
Eine Frau, die zwei oder mehr Kinder geboren hat, wird als Mehrgebärende bezeichnet. Bist Du eine Mehrgebärende, deren Schwangerschaften bisher ohne Komplikationen verliefen? Dann ist alles bestens.
Erst ab einem Alter von 40 Jahren, mit oder ohne bisherige Komplikationen, fällt Deine Schwangerschaft in die Kategorie Risikoschwangerschaft.
Ab welchem Alter eine Risikoschwangerschaft vorliegt, hat also auch etwas mit der Schwangerschafts- Historie der Frau zu tun.
Hat eine Frau schon mehrfach problemlos Kinder ausgetragen, geht man davon aus, dass sie sehr gute körperliche Voraussetzungen dafür mitbringt. Eine Risikoschwangerschaft bescheinigt Dir die Frauenärztin dann erst ab 40, statt ab 35 Jahren.
Schwangerschaftsverlauf & vorherige Schwangerschaften
Bestimmte Faktoren, die mit dem Verlauf Deiner aktuellen oder vorherigen Schwangerschaften zu tun haben, können ebenfalls zu einer Beurteilung als Risikoschwangerschaft führen, beispielsweise:
- Vielgebärende mit mehr als 4 Kindern
- Mehrlingsschwangerschaften
- Vorangegangene Fehl- und Frühgeburten
- Vorheriger Kaiserschnitt
- Vorangegangene Komplikationen bei der Geburt
- Muttermundschwäche
- Frühzeitige Wehen
- Ungünstige Lage des Babys am Ende der Schwangerschaft
- Blutungen in der Schwangerschaft
- Schwangerschaftsdiabetes
- Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie)
- Massiver Eisenmangel
- Sehr großes oder sehr kleines Baby
Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes bringen beispielsweise oft sehr große Babys zur Welt. Das wiederum erhöht ihre Wahrscheinlichkeit für Frühgeburt oder Kaiserschnitt.
Alle oben genannten Risikofaktoren bergen das Potenzial für sehr ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen auf Mutter und Kind und können sogar lebensbedrohlich werden.
Verständlicherweise werden Schwangere in einer solchen Risikoschwangerschaft besonders engmaschig ärztlich betreut und überwacht.
Diagnose Risikoschwangerschaft
Die Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt sind dazu da, mögliche Komplikationen und Risikofaktoren zu erkennen. Eine gängige Praxis ist die Ultraschall-Untersuchung der Schwangeren.
Haben Ärztin oder Arzt eine Schwangerschaft festgestellt, klopfen sie im Gespräch verschiedene Risikofaktoren aus dem Lebensstil und der Familie der Schwangeren ab.
Stellen sie Auffälligkeiten im Ultraschall oder bei der Anamnese fest, folgen weitere Untersuchungen. Teilweise überweisen sie Dich dazu an Spezialisten.
Mit folgenden zusätzlichen Methoden kann eine Risikoschwangerschaft diagnostiziert und genauer eingeordnet werden:
- Ersttrimester-Screening: Untersuchung auf Chromosomenveränderung zwischen der 11. und 14. SSW
- Organ-Screening: Feinultraschall zur Abklärung von Fehlbildungen
- Kardiotokographie (CTG): Prüfung der Herztätigkeit des Babys und der Wehentätigkeit der Schwangeren
- Chorionzottenbiopsie: Untersuchung der Zottenhaut zur Feststellung von Chromosomenveränderungen
- Amniozentese: Fruchtwasseruntersuchung zur Erkennung von Fehlbildungen
- Nabelschnurpunktion: ab 20. SSW zur Untersuchung von Fehlbildungen beim Baby
- Quadruple-Test: Blutuntersuchung im 2. Trimester zur Feststellung von fetalen Chromosomenstörungen und bestimmten Fehlbildungen
Ist eine Risikoschwangerschaft gefährlich?
Im Laufe Deiner Schwangerschaft wirst Du regelmäßig untersucht. Die Pränataldiagnostik ist auf einem hohen Stand und kann viele Risiken rechtzeitig erkennen.
Wenn Dein Arzt einen Faktor für eine Risikoschwangerschaft findet, dann bedeutet das aber nicht automatisch, dass Du Dir Sorgen machen musst. In vielen Fällen verlaufen Risikoschwangerschaften ohne größere Probleme.
Aber es ist einfach wichtig, dass Frauen mit einem höheren Komplikationsrisiko engmaschiger überwacht werden. Der Frauenarzt trägt zunächst auf Seite 5 im Mutterpass alle Risikofaktoren ein, die auf Dich zutreffen. Danach wird er festlegen, wie häufig Du zu den Untersuchungen in seiner Praxis kommen sollst.
Bis zur 32. SSW bekommst Du in der Regel einmal pro Monat einen Termin beim Gynäkologen. Danach solltest Du jede zweite Woche vorstellig werden.
Wie groß das Risiko für Mutter und Baby ist, hängt immer davon ab, welche Faktoren zur Einordnung als Risikoschwangerschaft führen.
Hast Du beispielsweise frühzeitige Wehen, ist die Lage normalerweise brenzliger als bei einer frühzeitig festgestellten Rhesusunverträglichkeit. Aber natürlich kann nur der behandelnde Mediziner entscheiden, wie hoch Dein Risiko ist und was er Dir verschreibt.
Wird bei Dir eine Risikoschwangerschaft festgestellt, bleibe so ruhig wie möglich. Mach Dir klar: Das bedeutet auch, dass die Mediziner sich besonders intensiv um Dich und Dein Baby kümmern werden. Es ist durchaus möglich, dass Du eine völlig normale Schwangerschaft und Geburt erlebst.
Risikoschwangerschaft & Beschäftigungsverbot
Kannst Du als Risikoschwangere arbeiten? Bei der Frage nach dem Beschäftigungsverbot in einer Risikoschwangerschaft gibt es keine allgemeingültige Antwort. Man muss den Einzelfall betrachten.
Eine 36-jährige Erstgebärende, der es in der Schwangerschaft blendend geht, kann durchaus bis zum letzten Tag arbeiten. Sie zählt zwar als Risikoschwangere, fühlt aber vielleicht keinerlei Einschränkungen.
Wenn aber von der Arbeit eine Gefahr für Mutter und Kind ausgeht, wird die Gynäkologin bzw. der Gynäkologe Dir ein Beschäftigungsverbot aussprechen.
Es ist wichtig, dass Du immer offen und ehrlich mit Deinem Arzt sprichst. Vielleicht hast Du auf den ersten Blick einen entspannten Bürojob, aber die Arbeit belastet Dich psychisch sehr. Auch in diesem Fall kann ein Beschäftigungsverbot sinnvoll sein, insbesondere, wenn der Stress die Risikofaktoren verstärken würde.
Kann sich die Diagnose Risikoschwangerschaft auch wieder ändern?
Die Diagnose Risikoschwangerschaft ändert sich in den meisten Fällen nicht. Du kannst schließlich nichts gegen Deine Körpergröße oder die früheren Kaiserschnitte unternehmen.
Wurdest Du allerdings aufgrund einer Infektion als risikoschwanger eingestuft und diese Infektion ist ausheilt, könnte die Diagnose ggf. wieder zurückgenommen werden. Vermutlich wird Dich Dein Arzt aber dennoch weiterhin engmaschig untersuchen wollen, damit er mögliche Folgen der Infektion oder ein neues Aufkeimen frühzeitig erkennen kann.
Lass Dich von dem Stempel der Risikoschwangerschaft nicht verunsichern. Besser, Du bist eine Risikoschwangere, die öfter untersucht wird, als dass man eine Gefahr übersieht.
Wie solltest Du Dich in einer Risikoschwangerschaft verhalten?
Bis auf ein paar Ausnahmen, gilt für die Risikoschwangerschaft all das, was auch in jeder anderen Schwangerschaft wichtig ist:
- Sei sensibel, was Dich und Dein Baby anbelangt (Stichwort Achtsamkeit).
- Achte auf eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung.
- Sorge für ausreichend Auszeiten und entspanne Dich zwischendurch.
Das ist bei einer Risikoschwangerschaft außerdem wichtig:
- Wenn Du darfst, bewege Dich viel. Ich bin in der Schwangerschaft z.B. sehr gerne geschwommen. Kläre Deine Aktivitäten aber unbedingt vorher mit dem Arzt ab. Frag ihn, was Du machen darfst und was Du lieber lassen solltest.
- Nimm Medikamente/Präparate, die Dir Dein Gynäkologe verschreibt, regelmäßig ein.
- Falls Dein Arzt Dir Bettruhe in der Schwangerschaft verschrieben hat, solltest Du Dich unbedingt daran halten.
Hat eine Risikoschwangerschaft auch Vorteile?
Diese Frage klingt vielleicht paradox. Aber es gibt tatsächlich auch Vorteile, die mit einer Risikoschwangerschaft einhergehen.
Dazu gehören die zusätzlichen Untersuchungen beim Frauenarzt, die von der Krankenkasse getragen werden. Auch notwendige Blut- und Fruchtwasseruntersuchungen brauchst Du normalerweise nicht selbst übernehmen, wenn Sie Dein Arzt für notwendig hält.
Erzähle uns in den Kommentaren gerne von Deiner Risikoschwangerschaft. Ich wünsche alles Gute für Dich und Dein Baby!
Mehr Infos dazu findest Du hier.
Da fehlt noch was … weniger als 1 Jahr zwischen der Geburt des letzten Kindes und erneuter Schwangerschaft.