Ich kann mich noch gut erinnern wie aufgeregt ich war, als ich meinem Mädchen im Alter von 5 Monaten das erste Mal von einer süßen Quarkspeise mit Früchten kosten ließ. Sie griff damals so gierig nach meinem Löffel, dass ich ihr ohne lange nachzudenken ein paar Happen anbot. Im Anschluss hatte ich ein richtig schlechtes Gewissen, denn ich wollte ihr so früh weder Kuhmilchprodukte noch gezuckerte Speisen verabreichen… Meine Hebamme, die uns dabei beobachtete, lachte nur und sagte: „Entspanne Dich. Von dem bisschen wird nichts Schlimmes mit ihr passieren.“ Das fiel mir allerdings ziemlich schwer, schließlich hatte ich gelesen wie schlecht Zucker für so kleine Babys ist und ich wollte doch alles richtig machen.
Viele Wege führen zur festen Nahrung
Zucker mied ich (von der „Quark-Episode“ abgesehen) im gesamten ersten Lebensjahr. Jedoch gab es noch viele andere Entscheidungen zu fällen, bei denen ich mir zunächst überhaupt nicht sicher war, ob meine Antworten „richtig“ waren oder nicht: Sollte ich beispielsweise vor dem Essen stillen oder danach? Wie viele Mahlzeiten durften pro Tag auf den Tisch? Welche Mengen? In welcher Konsistenz? Und vor allem: Welche Nahrungsmittel sind für Babys geeignet? Es dauerte einige Wochen und etwas Erfahrung bis ich merkte, dass bei der Beikosteinführung vieles möglich ist. Meine Ausbildung zur Stillberaterin entkrampfte das Thema „Stillen und Beikost“ zusätzlich, weil ich noch anderen Müttern begegnete, deren Kinder auch über den 6. Lebensmonat hinaus am liebsten Muttermilch zu sich nahmen und weil ich eine Menge über Muttermilch und seine Vorteile lernte.
Langsamer Beikoststart!
Bei der Einführung von Beikost gibt es beispielsweise keinen Grund zur Eile, weil Muttermilch gute und ausreichend viele Kalorien liefert, um das Baby satt zu bekommen. Die meisten Nahrungssmittel haben sogar viel weniger Kalorien als Muttermilch. Muttermilch hat circa 70 kcal und 4 Gramm Fett auf 100g, gekochte Karotten dagegen nur 27 kcal und 0,2 Gramm Fett. Zudem unterstützt Muttermilch die Verdauung von fester Nahrung. Babys, die zunächst kleine Mengen an fester Nahrung probieren und diese mit Muttermilch einnehmen dürfen, zeigen in der Regel weniger Verdauungsprobleme und allergische Reaktionen als Kinder, bei denen rasch eine Stillmahlzeit nach der anderen durch (viel) Brei ersetzt wird.
Wann kann es los gehen?
„Die Entscheidung darüber, wann mit der Fütterung von Beikost zu beginnen ist, kann nicht ausschließlich vom Alter des Kindes oder den Vorstellungen der Eltern abhängig gemacht werden. Im Beitrag Beikostplan bekommst Du einen sehr guten Überblick über das Thema Beikost. Außerdem schadet es nicht, einen Blick auf das Kind zu werfen: Zeigt es Interesse am Essen? Kann es überhaupt etwas mit fester Nahrung anfangen? Überprüfe, ob Dein Kleines schon Beikostreifezeichen zeigt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt sechs Monate ausschließlich (=voll) zu stillen, es ist jedoch nicht nötig ein am Essen interessiertes Kind vehement von fester Nahrung abzuhalten. „Es gibt keinen Hinweis, dass die Einführung von kleinen Mengen (eine Handvoll) an Beikost vor dem fünften Monat unter Beibehaltung des Stillens nachteilig wäre“, denn Muttermilch unterstützt, die Verdauung von kleinen Portionen stärkehaltiger Kost (siehe auch „Beikost und Allergien“).
Fingerfood (Baby-led Weaning) oder Brei?
Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Die einen schwören auf Brei, weil er gut (meist ohne Verschlucken) hinunter rutscht, sich ohne große Sauerei füttern lässt und weil er als fertiges Gläschen im Geschäft erhältlich ist, wenn es mal schnell gehen muss. Die anderen möchten ihrem Kind bei der Beikosteinführung lieber freie Hand lassen – im wahrsten Sinne des Wortes, denn bei Baby-led Weaning oder „Breifrei“ dürfen Babys selbstbestimmt bei einer gesunden Auswahl an Fingerfood zugreifen. Ich bin weder für schwarz noch weiß, sondern bewege mich irgendwo dazwischen. Der Bub bekommt vor allem Obst und Gemüse in Form von Fingerfood, weil er das sehr gerne isst und vor allem essen kann. Da bei uns auf dem Speiseplan aber auch Suppen, Kartoffelbrei, Smoothies und so weiter stehen, darf er gerne die babygerechte Variante davon (sparsam gewürzt) von einem Löffelchen probieren, wenn er möchte. Ich koche keine speziellen Babybreie für ihn, weil mir das schlichtweg zu aufwendig ist für die wenigen Löffel, die er im Moment an Beikost futtert. Da wähle ich lieber Familiengerichte, bei denen ich etwas für ihn abnehmen kann, z.B. Speisen mit viel Gemüse und Kartoffeln oder ich biete ihm einfach etwas Obst an, wenn unser Essen gänzlich ungeeignet ist. Beim Baby-led Weaning (dem bewussten Verzicht auf Brei) benötigen Babys außerdem eine gewisse Fingerfertigkeit, um alle Nahrungsmittel wirklich gut greifen zu können. Diese fehlt ganz jungen Babys. Dem Bub (7 Monate) fällt es beispielsweise sichtlich schwer eine flutschige Banane zum Mund zu befördern, weswegen ich ihm oft helfe und glitschige Nahrungsmittel zum Ablutschen hinhalte. Ich bin sozusagen sein „Fingerfood-Halter“ ;)
Ungeeignete Nahrungsmittel?
Es gibt nur sehr wenige Nahrungsmittel, die ein Baby nicht essen darf:
- Honig (Bakterien im Honig können zum Tod des Kindes führen – siehe Säuglingsbotulismus)
- Rohe Eier/ rohes Fleisch/ roher Fisch
- Kleine & feste Nahrungsmittel z.B. Nüsse (Erstickungsgefahr)
- Zucker, Süßstoff, Süßigkeiten
- Zu viel Salz/ starke Gewürze
- Koffein (in Cola, vielen Teesorten, Schokolade)
- Kinderprodukte (enthalten meist Zucker und andere unnötige Zusatzstoffe)
- Fertigprodukte für Erwachsene (siehe auch „Beikost für Stillkinder„)
Geeignete Nahrungsmittel für den Beikoststart
Besonders gut geeignet sind saisonale Obst und Gemüsesorten, da sie reif geerntet werden und somit den höchsten Anteil an Vitaminen und anderen wichtigen Nährstoffen haben. Wir begannen im Frühjahr/ Sommer mit der Beikost, dementsprechend gab/ gibt es:
- Kartoffeln, Gurken, Tomaten, Spargel, Karotten, Brokkoli, Blumenkohl (gekocht bzw. gedünstet)
- Erdbeeren, Kirschen, Wassermelone, Aprikosen, Nektarinen, Äpfel
(siehe auch „Saisonkalender Obst“ und „Saisonkalender Gemüse“) Der erste Monat war ein Probiermonat, in dem der Bub allmählich begriff, dass die Sachen, die ich ihm beim Essen reiche, schmackhaft sind. Mittlerweile isst er regelmäßig mit (er kaut und schluckt wie ein Großer), wobei die Mengen stark variieren. Mal mampft er eine ganze Nektarine zum Frühstück, dann wieder nur drei Nudeln zum Mittag. Da er weiterhin nach Bedarf gestillt wird und wunderbar gedeiht, mache ich mir diesbezüglich absolut keine Sorgen.
Familienrezepte
Um mir den Alltag so einfach wie möglich zu gestalten, suche ich mir Familienrezepte heraus, bei denen auch etwas für den Knirps abfällt (z.B. Dinkelpfannkuchen, Kartoffel-Gemüse-Pfanne oder Nudeln mit selbstgemachter Pesto). Ich verzichte beim Kochen übrigens nicht komplett auf Salz, aber ich koche salzarm und würze nach, wenn ich die Portion für den Bub beiseite gestellt habe.
Zu welcher Tageszeit ist es günstig zu beginnen?
So wie es am besten für die Familie passt. Für das Baby ist es gut, wenn es an den Familienmahlzeiten gemeinsam mit den anderen Familienmitgliedern teilhaben darf, da spielt es keine Rolle, ob es sich um das Frühstück, Mittagessen oder Abendbrot handelt. Wir nehmen alle Mahlzeiten gemeinsam ein, weil Thomas und ich selbstständig sind und wir großen Wert darauf legen, mit den Kindern gemeinsam zu essen. Der Bub bekam (als er Interesse zeigte) bei jeder Mahlzeit etwas in die Hand gedrückt. Anfangs eher zum Spielen, mittlerweile landet einiges davon in seinem Bauch. Wir essen übrigens immer zur gleichen Uhrzeit, weil unser Tagesablauf (die Große geht ja schon in den Kindergarten) so vorgibt. Verschläft der Bub mal eine Mahlzeit, dann lasse ich ihn. Früher oder später wird er unseren Rhythmus von ganz alleine annehmen, bis dahin darf er entspannt nach seinem eigenen leben.
Erst stillen oder erst essen?
Mahlzeiten verlaufen in der Regel entspannter, wenn Babys ausgeschlafen und nicht total ausgehungert sind. Wann das Stillen erfolgt, habe ich immer vom Kind abhängig gemacht und das schaut bei uns sehr unterschiedlich aus. Manchmal futtert der Knabe zuerst und schlägt sich im Anschluss den Bauch mit Muttermilch voll. Dann wieder möchte er seinen Hunger zunächst an der Brust stillen und probiert danach noch ein paar Häppchen feste Nahrung.
Wie lange stillen?
Die Hauptnahrung im ersten Jahr ist und bleibt Muttermilch, die Beikost ist in der Hauptsache für den Spaß an der Freude und zum Lernen und Üben gedacht (siehe auch „Was kommt nach der Muttermilch?“).
Brauche ich besonderes Equipment?
Bei unserem Mädchen bereitete ich mich sehr akribisch mit Pürierstab, Kochbuch und allem möglichen Schnickschnack auf die Beikostzeit vor. Das Meiste davon war unnötig. Wichtig finde ich nur folgendes:
- Lätzchen mit Ärmeln (spart viel Wäsche)
- Ein Trinkbecher
- Weiches Löffelchen (ich finde Metall-Löffel zu hart für kleine Schnuten)
- Hochstuhl (am besten mit Tablett/ Tisch)
- Kleine Dosen/ Trinkflasche für unterwegs
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Dass Kinder beim Essen (lernen), genau wie bei allen anderen Entwicklungsschritten, Zeit benötigen. Babys wissen, was sie wann brauchen und wie viel sie essen möchten, sofern sie aus einer gesunden Auswahl an Nahrungsmittel wählen dürfen und weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Die einen essen mit 7 Monaten schon fleißig mit, andere dagegen verspeisen bis zum ersten Geburtstag nur ein paar Krümel. Beides ist völlig normal und früher oder später isst jedes Kind. Es ist also an uns, unsere Kinder liebevoll, d.h. ohne Druck, Zwang und Überredungskünste, bei der Beikosteinführung zu begleiten. Alles, was wir dafür tun müssen, ist für ein abwechslungsreiches, frisches Nahrungsmittelangebot zu sorgen, Geduld zu zeigen und unserem Kind voll und ganz zu vertrauen.