Mein Sohn wird in wenigen Tagen 5 und die momentane Situation mit geschlossenen Kindergärten und der geliebten Oma im Krankenhaus, haben uns in den letzten Wochen ganz schön zu schaffen gemacht. Um ehrlich zu sein, sind wir uns gegenseitig ganz schön auf die Nerven gegangen. In solchen Situationen kann es auch mal täglich zum Streit zwischen Eltern und Kind kommen. Meiner Meinung nach völlig verständlich, wenn man über Wochen, 24 Stunden am Tag und nur zu zweit aufeinander hängt. Also mussten Strategien her, um den Streit zu vermeiden, beziehungsweise zu lösen. Denn so lernen Kinder ja auch, wie man “richtig streitet”.
Konflikte mit Kleinkind
Wenn Dein Kind seine Willenskraft entdeckt, will es sich natürlich damit ausprobieren und seine Grenzen testen. Allerdings fehlen ihm noch die Erfahrung, um Gefahren und Möglichkeiten abzuschätzen. Auf der anderen Seite stehst Du, und ein Alltag, der mit Kleinkind sehr stressig sein kann. Wenn dann noch Ärger bei der Arbeit, Stress mit dem anderen Kind oder dem Partner/ der Partnerin oder irgendetwas anderes dazu kommt, können die Nerven schnell dünn werden. In solchen Situationen kommt es leicht zu Streit zwischen Elternteil und Kind. Vor allem dann, wenn sich der Deine Vorstellungen und Möglichkeiten nicht mit dem Willen Deines Kindes vereinbaren lassen.
Diese Situationen sind normal und kommen in den “besten Familien” vor. Kleinkinder sind außerdem nur begrenzt fähig, ihre Konflikte zu lösen. Stattdessen ist Dein Kind wahrscheinlich laut und kämpft, um “seinen Kopf durchzusetzen”. Oder Dein Kind reagiert mit Flucht, es möchte sich zurückziehen und schaltet auf stur.
Im 3. und 4. Lebensjahr lernt Dein Kind zunehmend nachzugeben und sich auch mal unterzuordnen. Es lernt, dass es seinen Kopf nicht immer durchsetzen kann. Das geschieht vor allem auf der Grundlage von Vertrauen. Dein Kind weiß, dass Du es gut meinst und es liebst. Das heißt, es vertraut Dir. Es vertraut darauf, dass ein Sinn dahinter stickt, wenn Du etwas nicht erlaubst und zeigt sich deshalb im Streitfall immer öfter kooperativ.
Fähigkeiten zur Konfliktlösung
Wenn Dein Kind zwischen 3 und 5 Jahren alt ist, wirst Du merken, dass es sprachlich kompetenter wird und auch Zusammenhänge und Regeln immer besser versteht. Außerdem entwickelt Dein Kind immer mehr Strategien, wie es sich in Konflikten, also auch im Streit zwischen Eltern und Kind, verhalten kann. Neben Kampf, Rückzug und Unterordnung, kommt nun auch die Kompromissfähigkeit und Delegation hinzu. Delegation beschreibt die Bereitschaft und das Bemühen einen Konflikt dadurch zu lösen, dass sich das Kind Hilfe von einem Dritten sucht. Dein Kind hofft dann, dass diese dritte Person einen Vorschlag zur Lösung des Konfliktes hat.
Außerdem entwickelt Dein Kind mit zunehmenden sprachlichen Fähigkeiten auch immer mehr die Bereitschaft, in Konfliktsituationen zu verhandeln. Das ist toll, heißt aber auch, dass Du Deine Entscheidungen jetzt gut begründen solltest. Durch klare und kurze Begründungen fällt es Deinem Kind leichter, das zu verstehen und zu akzeptieren.
Schimpfwörter im Streit zwischen Eltern und Kind
Wenn sich Dein Kind in einem Streit nicht mehr zu helfen weiß, kann es sein, dass es vor lauter Wut auch Schimpfwörter benutzt. Meiner Erfahrung nach sollte man so einem Wutanfall nicht unnötig viel Aufmerksamkeit schenken. Also im dem Sinne, dass die Schimpfwörter den Konflikt nicht noch verschärfen sollten. Denn offensichtlich ist die Stimmung schon aufgeheizt genug. Vielmehr solltest Du eine Chance darin sehen, die Gefühle Deines Kindes zu verstehen. Dazu kannst Du die Schimpfwörter in ein Gefühl übersetzen. Also, wenn Dein Kind zum Beispiel aufräumen soll, es aber nicht will und Dich blöde Kuh nennt, könntest Du sagen: “Ich sehe, dass Du das Aufräumen blöd findest, aber es ist jetzt wichtig, weil…” Als Alternative kannst Du Deinem Kind einfach mal kurz 2 Minuten Zeit geben, bevor ihr weitersprecht. Eine Auszeit tut Euch vielleicht gut. Und denke immer dran, dass Du ein Vorbild bist, Du solltest also am besten auch keine Schimpfworte benutzen.
Konfliktfähigkeit der Eltern
Natürlich liegt das Hochkochen von Konflikten nicht nur am Alter der Kinder. Auch bei Erwachsen gibt es jede Menge Faktoren, die dazu beitragen, dass es zu einem Streit zwischen Eltern und Kind kommen kann. So hat zum Beispiel nicht jeder Erwachsene gelernt, wie man sich in einem Konflikt verhält. Es spielt aber auch eine große Rolle, wie Dein Alltag aussieht. Also ob Du heute viel Stress hattest, zu Hause oder bei der Arbeit. Es gibt unzählige Faktoren, die Dein Verhalten in einem Streit beeinflussen. Das ist ganz normal. Wichtig ist, dass Du das nicht aus den Augen verlierst und Deinen Stress nicht auf das Verhalten Deines Kindes projizierst. Vergiss nicht, dass es Deinem Kind genauso gehen kann.
10 Tipps für “richtiges” Verhalten im Streit zwischen Eltern und Kind
1. Kinder brauchen Grenzen
Für Kinder sind klare Grenzen sehr wichtig, weil sie ihnen einen Rahmen geben, in dem sie sich bewegen dürfen. Das zählt auch für einen Streit zwischen Eltern und Kind. Außerdem lernt Dein Kind auf diese Weise, auch die Bedürfnisse anderer Menschen zu erkennen. Ein klares und deutliches “Nein” ist dabei unumgänglich.
Wenn Du mit Deinem Kind zum Beispiel über die Fernsehzeit oder ähnliches streitest: Lege (zusammen mit Deinem Kind) eine wöchentliche Zeit fest. Und wenn Dein Kind diese bereits am Montag aufbraucht, wird es sich den Rest der Woche ärgern.
2. Vermeide Drohungen
Du kennst bestimmt Situationen, in denen Dein Kind einfach nicht hören möchte. Dann ist es Zeit, einmal mental aus der Konfliktsituation herauszutreten. Fasse einen klaren Kopf und erkläre Deinem Kind die Folgen seines Handelns, anstatt mit Strafe zu drohen. Denn Drohungen verstärken in der Regel den Streit zwischen Eltern und Kind nur. In manchen Situationen, kannst Du Dein Kind die Konsequenzen auch einfach mal spüren lassen. Wenn Du also mal wieder mit Deinem Kind darüber streitest, ob es im Winter eine dicke Jacke anziehen muss, lass es doch einfach mal kurz ohne Jacke rausgehen. Nimm einfach die Winterjacke in einem Beutel mit. Ich kann mir gut vorstellen, dass Dein Kind schnell einlenkt.
3. Nur das Verhalten kritisieren
Wichtig ist, dass Du auch im Streit zwischen Eltern und Kind einen kühlen Kopf behältst. Dabei ist es völlig in Ordnung das Verhalten Deines Kindes zu kritisieren, Du solltest aber auf jeden Fall Wörter wie Nervensäge vermeiden. Auf keinen Fall solltest Du die Persönlichkeit Deines Kindes kritisieren, denn das kann das Selbstvertrauen Deines Kindes beschädigen und wird definitiv kein Fehlverhalten beenden.
4. Zuhören
Auch in einer Diskussion oder im Streit zwischen Eltern und Kind solltest Du es ernst nehmen. Also ihm mit Respekt und Verständnis für seine Person gegenübertreten. Wenn Dein Kind merkt, dass Du ihm zuhörst und ihn als Gesprächspartner ernst nimmst, kann das zur Konfliktlösung beitragen. Außerdem beruhigt sich dadurch auch häufig die aufgeheizte Stimmung wieder.
5. Vorbild sein
Du bist das Vorbild für Dein Kind. Auch wenn Du Dich mit Deinem Partner/ Deiner Partnerin oder anderen Menschen streitest, sieht Dein Kind, wie Du Dich verhältst. Es hilft also nichts, wenn Du Dich nur in dem Konflikt mit Deinem Kind an die Regeln hältst.
Tipp: Wenn es zwischen Eltern Streit gibt, ist es wichtig, dass Euer Kind weiß, dass es keine Schuld an der Situation hat.
6. Stress vorbeugen
Schaue Dir Euren Alltag an und entscheide welche Aktivitäten und Grenzen wirklich notwendig sind und welche Ihr vielleicht rauslassen könnt, um unnötigen Stress zu vermeiden. Vielleicht hilft es auch, wenn Ihr Euch einen Plan für den Tag macht. Wenn die Grenzen und Abläufe an einem Tag gleich bleiben, bzw. jeden Tag ähnlich sind, gibt das Deinem Kind Sicherheit und es gewöhnt sich daran.
7. Eskalation vermeiden
Während des Streits zwischen Dir und Deinem Kind solltest Du darauf achten, Dich nicht von der Wut und dem Widerstand Deines Kindes anstecken zu lassen. So nimmst Du der Eskalation die Spitze. Natürlich ist das leichter gesagt, als getan. Und dazu brauchst Du jede Menge Übung. Vor allem darfst Du Dir die Reaktionen Deines Kindes nicht zu Herzen nehmen. Konflikte sind für Euch beide anstrengend.
8. Konfliktsituationen vermeiden
Versuche zu erkennen, wann es bei Euch zu Streitsituationen kommt. Vielleicht schaffst Du es, diese komplett zu vermeiden. Dabei können Dir rechtzeitige Ankündigungen und spielerische Motivation helfen. Vermeide es, Dein Kind zu überfordern. Dazu gehört auch, dass es Kinder oft überfordert, wenn sie immer und überall mit auswählen und mitbestimmen sollen.
9. Anerkennung
Wenn sich Dein Kind nach einem Streit bei Dir entschuldigt, solltest Du das Versöhnungsangebot anerkennen. Vor allem kleinere Kinder drücken das unter Umständen anders aus. Zum Beispiel indem Dein Kind Dich drückt und Dir sagt, dass es Dich lieb hat. Vielleicht hat Dein Kind eine andere Art, Eure Beziehung wieder ins Lot zu bringen. Dein Kind wird sich freuen, wenn Du es annimmst und ihm sagst, dass Du es lieb hast. Es ist wichtig, dass dieser Konflikt später nicht nochmal aufgerollt wird.
10. Aushalten
Trotz gutem Willen, lassen sich manche Streits zwischen Eltern und Kind nicht lösen. Dann müssen Du und Dein Kind lernen das einfach auszuhalten. Wenn Dein Kind wütend auf der Nachhausefahrt vom Supermarkt schreit, ist das sehr anstrengend und es hilft nur Aushalten. Wichtig ist, dass Dein Kind bei seinem Wutanfall in einer sicheren Umgebung ist, also sich nicht verletzen kann. Wenn Du es dann auch noch schaffst, ruhig zu bleiben, wird sich Dein Kind auch selbst schneller wieder beruhigen können.
Wie sieht ein Streit bei Euch aus? Hast Du noch Tipps, für Streitsituationen? Teile Deine Tipps gern mit uns in den Kommentaren.