Es ist wohl eine der größten Umstellungen im Leben Deines Kleinkindes: Von der Windel zur Toilette zu wechseln. Nur wie klappt das Trocken werden am besten? Und ab wann ist Dein Kind überhaupt bereit für Töpchen oder Toilette? Solltest Du Dein Kind aktiv auf das Trocken werden vorbereiten oder lieber warten, bis die Signale von ihm kommen? Hier kommen unsere Expertentipps.
Wann werden Kinder im Durchschnitt trocken?
Wie beim Gehen oder Sprechen Lernen hat jedes Kind beim Trocken Werden sein eigenes Tempo. Manche Kinder werden zwei oder drei Jahren tagsüber und auch nachts trocken, andere machen mit fünf Jahren noch nachts ins Bett.
Dennoch stellst Du Dir als Elternteil manchmal die Frage, ob es zu lange dauert und noch „normal“ ist, wenn Dein Kind in einem bestimmten Alter noch nicht trocken ist. „Ab 4 Jahren sollte es tagsüber klappen„, erklärte uns der Bayreuther Kinderarzt Dr. Stefan Schwarz im Interview zum Thema „Wann braucht mein Kind keine Windel mehr“.
Der bekannte Kinderarzt Remo Largo nennt als Durchschnittsalter hingegen nur 28 Monate, also ca. 2 1/4 Jahre. Laut seiner „Schweizer Sauberkeitsstudie“ von 2007 kommen die meisten Kinder also schon im Laufe des 3. Lebensjahrs ohne Windel aus, viele aber auch erst im 4. Lebensjahr.
Trocken werden: Diese ersten Signale gibt Dir Dein Kind
Mach‘ Dir also keine Sorgen, falls andere Kinder in Deinem Bekanntenkreis schon früher trocken geworden sind als Deins. Du wirst es merken, wenn Dein Kind bereit ist, sich allmählich von der Windel zu verabschieden. Hör auf Dein Bauchgefühl und auf das, was Dein Schatz Dir signalisiert.
Die ersten Hinweise zeigen sich – wie bereits erwähnt – in der Regel meist im zweiten oder vielleicht sogar erst im dritten Lebensjahr:
- Dein Kind hat zu regelmäßigen Zeiten einen normal geformten, weichen Stuhl und kann diesen in der Nacht zurückhalten.
- Die Windel bleibt immer öfter für einige Stunden trocken. Nach dem Mittagsschlaf ist sie nicht nass. Daran kannst Du erkennen, dass Dein Kind Urin zurückhalten kann und eine gut entwickelte Blasenmuskulatur hat.
- Dein Kind kann sich alleine die Hose aus- und anziehen.
- Es zeigt Interesse an Deinen Toilettenbesuchen.
- Dein Kind sagt Dinge wie „Windel voll“, „Kacka macht“ oder es macht auf seine volle Windel aufmerksam.
Erst, wenn Du diese Zeichen bemerkst, kannst Du das Thema Trocken werden mit Deinem Kind allmählich angehen und mit dem Töpfchentraining beginnen. Damit ist keinesfalls ein strenges Trainingsprogramm gemeint, bei dem Du Dein Kind zu jeder Gelegenheit auf die Toilette oder auf den Topf setzt – im Gegenteil! Das Trocken werden läuft idealerweise ohne Druck ab; Du führst Dein Kind spielerisch an den Toilettengang heran und bist dabei sein Vorbild.
Wie lange dauert der Übergang von Windel zu Töpfchen oder Toilette?
Auch, wenn Dein Kind schon früh mehrere dieser Signale sendet: Bis zum letzten Schritt des Trocken werdens vergeht meist noch etwas Zeit. Schließlich brauchen neue Routinen immer etwas Geduld und Übung – inklusive Rückschläge.
Frühes Töpfchentraining beschleunigt das Trocken werden nicht
Wichtig zu wissen: Laut Medizinern spielt es keine Rolle, ob Du früh ein Sauberkeitstraining startest, bei dem Du Deinen Schatz immer wieder aufs Töpfchen setzt! Das beschleunigt das Trocken werden nämlich überhaupt nicht. Ein zu frühes „Topfen“ kann sogar das Gegenteil bewirken und Deinem Kind den Spaß am Abgewöhnen der Windel nehmen. Der Zeitpunkt ist von Kind zu Kind unterschiedlich – und Du solltest ihn nicht erzwingen.
In den Fünzigerjahren wollte man diesen Schritt nur allzu gerne beschleunigen. Damals wurden rund 96 Prozent aller Kinder mit knapp einem Jahr aufs Töpfchen gesetzt. In den Siebzigern waren es nur noch 20 Prozent. Das frühe Training änderte allerdings nichts daran, dass alle Kinder erst mit über zwei Jahren und später trocken wurden!
Die 4-Phasen-Theorie des Trocken werdens nach Renz-Polster
In seinem Buch „Kinder verstehen. Born to be wild: Wie die Evolution unsere Kinder prägt“ beschreibt Kinderarzt und Autor Herbert Renz-Polster mit der 4-Phasen-Theorie, warum Kinder erst dann trocken werden können, wenn sie folgende vier Entwicklungen durchlaufen haben:
- Laut Renz-Polster bemerkt ein Kind in der ersten Phase, dass in seinem Bauch etwas passiert.
- In der zweiten Phase zieht es sich zurück, sobald es in die Windel macht. Es versteckt sich zum Beispiel im Schrank, unter den Tisch oder stellt sich in eine Ecke.
- In der dritten Phase kann Dein Kind Dir mitteilen, dass die Windel voll ist.
- In Phase 4 gibt das Kind vorher Bescheid, dass es gleich so weit ist. Herbert Renz-Polster beschreibt dies als den Moment, in dem Du mit dem Weglassen der Windel beginnen und ein Töpfchen oder einen Toilettensitz anbieten kannst.
Das 4 Phasen-Modell nach Renz-Polster impliziert ebenfalls: Druck oder Stress sind beim Trocken Werden nicht produktiv. Es ist schließlich kein Wettbewerb, sondern ein wichtiger Entwicklungsschritt Deines immer größer und selbstständiger werdenden Kindes. Begleite Dein Kind in diesem Schritt behutsam, damit es ihn mit Selbstbewusstsein umsetzt, wenn es bereit dafür ist.
Werden Mädchen schneller trocken als Jungs?
Immer wieder hören wir Eltern sagen: Mädchen gehen früher zur Toilette als Jungs. Aber stimmt das wirklich, oder ist es nur ein Vorurteil? Tatsächlich hat die Forschung kleine Unterschiede festgestellt: Laut einer US-Studie des „Children’s Hospital Philadelphia“ aus dem Jahr 2003 sind Mädchen im Durchschnitt mit drei Jahren und Jungs mit drei Jahren und zwei Monaten trocken.
Mädchen haben demnach also einen kleinen zeitlichen Vorteil. Aber warum? Als Ursache vermuten die Wissenschaftler, dass Jungs erst ernen müssen, ihren Penis zu kontrollieren sowie zum Urinieren zwei Positionen (stehen und sitzen) erlernen müssen.
Trocken werden in der Kita
Manchmal versuchen etwa die Erzieher:innen gerne, ihre Krippenkinder möglichst früh trocken zu bekommen. Lasse es sie ruhig ein paarmal probieren. Aber wenn es partout nicht funktioniert, werden einfach wieder konsequent Windeln getragen.
Andersherum ist es natürlich sinnvoll, dass Dein Kind in der Betreuungseinrichtung beim Trocken werden unterstützt wird – aber wirklich nur, wenn es dazu schon bereit ist. Schließlich hat es hier die anderen Kinder als Vorbild und lernt durch Nachahmung. Es ist wichtig, dass es nicht – gegen seinen Willen – weiter gewickelt wird, wenn es z.B. zuhause schon gut ohne Windel klappt. Regelmäßige Gespräche mit den Erzieher:innen und Kinderpfleger:innen schaffen hier Klarheit.
Trocken werden: Die wichtigsten Tipps
Wenn Du bemerkst, dass Dein Schatz bereit ist, allmählich windelfrei zu werden, kannst Du den Prozess mit einigen Tipps unterstützen. Ein paar hilfreiche Anregungen können etwa sein:
- Achte darauf, Deinem Schatz in der Umstellungsphase Kleidung anzuziehen, die es allein und schnell runterziehen kann.
- Stimme mit Deinem Kind ab, ob es sich tagsüber lieber mal nur einen Schlüpfer statt einer Windel oder Windelhose anziehen oder im Sommer zuhause auch mal „unten ohne“ sein möchte.
- Es kann immer wieder Rückschläge geben oder unerwartete Momente, in denen Dein Kind plötzlich doch nicht alleine auf die Toilette gehen mag, etwa, wenn es krank ist oder in einer fremden Umgebung ist. Notfall-Windeln in der Tasche zu haben, ist also eine gute Idee.
- Unfälle solltest Du gerade am Anfang einberechnen und Dein Kind etwa auch beim Einkaufen ohne Windel mitnehmen, wenn es das möchte – auch, wenn Du mit einer nassen Hose rechnest. Es aber der Sicherheit halber zu einer Windel zu überreden, kann kontraproduktiv sein.
- Eine entspannte Atmosphäre ist für das Üben am besten: Lass Dein Kind also am besten entspannt daheim nackt sein, wenn es das möchte und nimm Dir Zeit für es, wenn Ihr übt. Je weniger Druck, Regeln und Verbote, desto besser zum Üben.
- Lass‘ Dein Kind selbst entscheiden, ob es lieber aufs Töpfchen oder – mit einem geeigneten Toilettensitz – auf die große Toilette gehen möchte.
- Auch, wenn es machmal schwerfällt: Nimm Dein Kind mit, wenn Du selbst zur Toilette gehst. Du bist sein wichtigstes Vorbild!
Trocken werden ist reine Übungssache
Besonders wichtig ist, dass die bewusste Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit, die das Kind beim Wickeln bekommt, anders ersetzt werden. Durch das Sauberwerden darf Dein Kind keine Zuwendung verlieren.
Den Toilettengang kannst Du mit einem Spiel verbinden, zum Beispiel sich gegenseitig mit dem Finger auf die Nase zu stupsen. Danach darf Dein Kind sich vielleicht in seinem Zimmer ein Spielzeug oder ein Buch aussuchen, mit dem anschließend gespielt wird. Entscheidend ist, dass Du dabei bist und Deine Aufmerksamkeit schenkst.
Stehen alle Zeichen darauf, dass Dein Kind sich von der Windel verabschieden will, kannst Du mit ihm den Toilettengang üben: Hose aufmachen und herunterziehen, sich richtig aufs Töpfchen oder den Toilettenaufsatz setzen und Wasser lassen. Natürlich geht das in der ersten Zeit öfter schief.
Das Wichtigste ist, dass das Ganze nicht in Stress ausartet oder Du Dein Kind unter Druck setzt. Und dass Du Signale hörst: etwa, wenn Dein Kind untenrum nackig sein möchte oder von selbst die Windel weglassen möchte. Geh darauf ein und unterstütze den Prozess behutsam.
Was tun, wenn es unterwegs und nachts windelfrei noch nicht klappt?
Bis Dein Kind auch nachts trocken werden wird, dauert es in der Regel etwas länger. Das ist normal! Falls Du es trotzdem ohne Windel schlafen lassen willst, ist eine wasserdichte Betteinlage sinnvoll. Zusätzlich kannst Du ein Töpfchen neben das Bett stellen – und sonst nur Geduld haben. Die wichtigsten Tipps, wie es auch nachts windelfrei werden kann, habe ich Dir in einem separaten Text zusammengetragen.
In fremder Umgebung, bei Müdigkeit oder während eines aufregenden Spiels kommt es möglicherweise vor, dass Dein Kind sich doch wieder in die Hose macht. Pack also ruhig Ersatzkleidung ein, wenn Du mit ihm bei Freunden oder unterwegs bist. Und thematisiere das Malheur am besten nicht vor ihm oder schimpfe gar. Schnell drüber hinweg gehen und umziehen ist sicherlich das Beste, das Du dann tun kannst. Der Rest kommt mit der Zeit und Übung.
Welche Erfahrungen hast Du mit dem Trocken Werden gemacht? Schreibe uns gerne Deinen Kommentar.
Weitere Quellen:
- Largo R.H., Jenni O.G.: Was verstehen wir unter einer kindgerechten Sauberkeitserziehung? Kinderärztliche Praxis, Sonderheft, Frühe Gesundheitsförderung und Prävention, 6-10 (2005).
- Benz C., Largo R.H.: Entwicklung der Blasen- und Darmkontrolle. Forum News, Skript 7, 1-4 (2003).
Mehr Infos dazu findest Du hier.
Finde den Artikel sehr interessant, aber könnt ihr ihn bitte nochmal Korrektur lesen. Es sind Rechtschreibfehler vorhanden und teilweise fehlen Buchstaben oder ganze Wörter.
Leider stimmt das hier nicht so ganz. Mir fehlt in diesem Artikel der Ansatz von Elimination Communication oder „Abhalten“. Denn selbst Babys sind ab der Geburt fähig über ihre Ausscheidungsbedürfnisse zu kommunizieren und können diese zumindest bis zu einem gewissen grad kontrollieren. Mit den Windeln trainieren wir unseren Babys und Kleinkindern ab, dass sie sich melden. Somit werden unsere Kinder wesentlich später trocken als ein Großteil der Kinder auf der ganzen Welt, denen keine Windeln zur Verfügung stehen. Denn diese werden meist zwischen 12 und 18 Monaten „trocken“.
Franziska, das ist interessant! Haben Sie dazu Studienmaterial/Quellen?