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Ungewollt schwanger: Erfahrungsbericht über Ängste, Zweifel & das große Glück


Heute möchte ich gerne ein sehr persönliches Kapitel aus meinem Leben mit Dir teilen. Es fällt mir ein bisschen schwer. Aber gleichzeitig glaube ich, dass es wichtig ist, von meiner Erfahrung zu berichten. Anfang 2015 wurde ich ungewollt schwanger. Mittlerweile ist meine Tochter 6 Jahre alt. Welche Höhen und Tiefen dazwischen lagen, erzähle ich in diesem Beitrag.

Schockdiagnose: Schwanger

Die Augen geschlossen, lauschte ich dem Meeresrauschen. In einem winzigen Badezimmer auf der thailändischen Insel Kohl Lanta sollte sich gerade mein Leben um 180 Grad wenden. Als ich auf den Schwangerschaftstest am Waschbeckenrand blinzelte, setzte für einen Moment mein Herz aus. Positiv. Ich war schwanger.

Mir blieb die Luft weg und ich stand kurz vor einer Panikattacke. Ein halbes Jahr zuvor hatte ich mein Leben in Deutschland aufgegeben. Mein Job im Personalmanagement war gekündigt, mein Hab und Gut verkauft. So viele Monate hatte ich auf mein Ziel hingeschuftet. Ich wollte in Freiheit leben und die Welt bereisen.

Jetzt war ich schwanger und meine Träume lösten sich gerade in Strandluft auf. Mein erster Instinkt war es, das Leben in meinem Bauch loszuwerden. Deshalb zündete ich mir auch direkt eine Zigarette an, legte mich in die Hängematte und heulte. Als ich mich etwas gefangen hatte, startete ich eine Google-Suche. Ich durchwühlte das Netz nach Schwangerschaftsabbrüchen in Thailand.

Schnell fand ich heraus, dass Abtreibungen in dem südostasiatischen Land nicht legal, aber durchaus möglich waren. Der Erzeuger sah ebenfalls nur die Option eines Schwangerschaftsabbruchs. Wir vereinbarten einen Termin in einer Klinik auf dem Festland und fuhren ein paar Tage später hinüber.

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In der Zwischenzeit kreisten in meinem Kopf alle möglichen Gedanken. Ich wägte still und heimlich das Für und Wider ab. Insgeheim hoffte ich immer noch, dass das Testresultat falsch gewesen wäre. Am Abend vor dem Gynäkologentermin setzte eine Blutung ein. Ich betete, dass die Natur das Thema von selbst regeln würde.

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Boot auf das Festland und weiter mit dem Taxi in das Krankenhaus. Ich war erstaunt, als ich die Hightech-Ausstattung erblickte. Auf einer gigantischen Leinwand wurden die Ultraschallaufnahmen übertragen. Als wir das winzige Herz schlagen sahen, gratulierten mir der Arzt und die Schwester freudestrahlend. In dem Augenblick änderte sich alles. Ich entschied, dass ich das Kind austragen und seine Mutter sein wollte.

Ungewollt schwanger oder unbewusster Kinderwunsch?

In den nächsten Wochen, Monaten und Jahren sah ich mich immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, dass ich es auf die Schwangerschaft angelegt hätte. Ich hatte, bis ich ungefähr 30 Jahre alt war, einen ausgeprägten Kinderwunsch gehabt. Dann ging eine Beziehung zu Ende, ich begann mit dem Reisen. Meine Vision vom Leben änderte sich. Ich wollte nach Asien ziehen und ortsunabhängig mein Geld verdienen. Mit dem Thema Nachwuchs hatte ich abgeschlossen. Dennoch nahm ich es mit der Verhütung nicht so genau. Allerdings machte ich mir über eine Schwangerschaft keine großen Gedanken.

Mein Zyklus war ab der Trennung eine Katastrophe. Ich hatte manchmal zwei Monate lang keine Periode. Meine Frauenärztin untersuchte den Hormonspiegel und stellte einen ausgeprägten Progesteronmangel fest. Sie meinte, dass bei einem möglichen Kinderwunsch eventuell nachgeholfen werden müsse. Für mich fühlte sich das wie ein Freifahrtschein an. Es war auch meine Bestätigung, dass ich einfach nicht für ein konservatives Familienleben gemacht sei.

Später las ich einmal einen Artikel zum unbewussten Kinderwunsch, der mich aufmerken ließ. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob meine Schwangerschaft aus purer Naivität oder aus einem unbewussten Kinderwunsch heraus entstand. Aber das spielt auch eigentlich keine Rolle.

Die Ängste und Zweifel bei einer ungewollten Schwangerschaft

Neutral betrachtet, war ich in einer sehr ungünstigen Situation. Ich hatte keinen Job, keine Wohnung, befand mich im Ausland und kannte den Erzeuger meines Babys gerade mal drei Monate. Natürlich bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich wusste nicht, wo ich das Kind entbinden und mit ihm leben wollte. Es war nicht klar, welchen Weg der Erzeuger einschlagen würde. Auch die finanzielle Lage sah nicht gerade rosig aus, um jetzt eine Familie zu gründen.

Glücklicherweise beteuerten mir meine Eltern ihre volle Unterstützung. Dadurch fiel zwar eine Last ab, aber ich wollte auch nicht von irgendjemandem abhängig sein. Viele Nächte lang lag ich wach, bis ich mich langsam sortiert hatte.

Das Gute an einer Schwangerschaft ist, dass sie lange dauert. In dieser Zeit kann man sich Unterstützung suchen. Wir flogen nach Deutschland und ich hatte ein ausführliches Beratungsgespräch bei ProFamilia. Allerdings war das Ergebnis ein Schlag in die Magengrube. Ich hatte mit wesentlich mehr finanzieller Unterstützung gerechnet. Da ich allerdings vor meiner Abreise den Job in Deutschland gekündigt hatte, würde mir kaum Elterngeld zur Verfügung stehen. Beim Arbeitslosengeld drohte eine Sperre. Ich schrieb unzählige Bewerbungen und wurde jedes Mal abgelehnt. Es war frustrierend.

Ungewollt schwanger in ein neues Leben

Im Nachhinein bin ich sehr dankbar für all die Stolpersteine. Meine Tochter ist der Grund, warum ich alles in meinem Leben erreicht hatte, wovon ich jemals geträumt habe. Das erste Wunder geschah bereits nach Feststellung der Schwangerschaft im Krankenhaus. Ich gab nach 18 Jahren endlich das Rauchen auf.

Weil Hartz 4 und ein Leben in Deutschland keine Optionen für mich waren, startete ich einen eigenen Blog. Bis zwei Stunden vor dem Blasensprung arbeitete ich noch an meinem Online-Auftritt. Als meine Tochter geboren war, war es um mich geschehen. Ich wollte mir und diesem winzigen Wunder das beste Leben erschaffen, das möglich wäre. Wobei die Ausgangssituation schlecht war. Aber ich wusste, dass ich es schaffen konnte.

Ich arbeitete in jeder freien Minute. Die Erschöpfung war gigantisch, aber eine Fremdbetreuung kam nicht infrage. Ich hatte mich trotz der ungewollten Schwangerschaft für das Kind entschieden und würde es jetzt bestimmt nicht in fremde Hände abgeben.

Und tatsächlich schaffte ich es. Die ersten bezahlten Texter-Jobs trudelten ein. Die Kunden waren happy und ich verdiente Geld. Wir lösten die Wohnung in Niederbayern auf und zogen nach Indien. Dort trennte ich mich von dem Vater meiner Tochter.

Die Kleine und ich zogen weiter nach Bali. In den letzten 6 Jahren lebten wir in Deutschland, Indien, Italien, Ungarn und Indonesien. Meine Tochter besucht mittlerweile eine Schule auf Bali.

Mein Business läuft wie geschnitten Brot. Wir sind so frei und glücklich, wie ich es mir immer erhofft hatte.

Solltest Du Dich für das Kind entscheiden?

Vielleicht bist Du auch gerade schwanger und an dem Punkt, über eine Abtreibung nachzudenken? Ich verstehe Dich sehr gut. Es ist eine schwierige Situation und ich verurteile niemanden, der sich gegen ein Kind entscheidet. Dennoch will ich Dir mit meiner Geschichte etwas zeigen: Es gibt immer einen Weg!

Wenn sich ein Teil von Dir das Kind wünscht, dann denk darüber nach. Es gibt immer Optionen. Ich bin weder besonders schlau noch außergewöhnlich diszipliniert, dennoch habe ich es als Alleinerziehende geschafft. Du kannst das auch. Du kannst auch Deine Träume leben, selbst wenn Du ein Kind hast und Dir die Perspektive im Moment vielleicht noch fehlt. Ich sage nicht, dass es leicht ist. Ich sage nur, dass es möglich ist.

Es gibt Schwangere, die wollen keine Kinder (mehr). Das ist völlig legitim. Wenn Du in Dich hineinhörst und ein klares „Ja“ zum Schwangerschaftsabbruch spürst, dann ist das in Ordnung.

Ich bin allerdings meinem Ich aus der Vergangenheit heute unendlich dankbar, dass es auf sein Bauchgefühl gehört hat. Meine Tochter ist mein großes Glück. Sie hat mich stark gemacht. Sie war und ist mein Antrieb. Ihr Lachen, ihre Willensstärke und ihre Lebensfreude sind meine Belohnung für die anstrengenden Stunden.


Du bist ungewollt schwanger? Auf dem Portal abtreibung.de findest Du erste Hilfe-Maßnahmen nach dem Schock. Beim Hilfetelefon „Schwangere in Not“ unter 0800-40 40 020 erhältst Du absolut anonym Unterstützung und Beratung. Wenn Du lieber kein persönliches Gespräch führen möchtest, kannst Du Dich auch per Email oder Chat beraten lassen. Alles Gute für Dich!

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