Ambulante Geburt heißt in den meisten Kliniken, dass man nach vier bis sechs Stunden die Klinik verlässt. Jede Frau hat aber die Möglichkeit selbst zu entscheiden, wann Sie mit ihrem Kind nach Hause gehen möchte. Die meisten bleiben 3 Tage, um in der Klinik vom Kinderarzt die U2 Untersuchung machen zu lassen. Aber Du kannst natürlich auch nach 24 Stunden oder nach zwei Tagen nach Hause gehen. Wenn Du sehr unsicher bist oder es zu Komplikationen beim Stillen oder ähnlichem kommt, kannst Du nach Rücksprache auch länger als drei Tage bleiben.
Für wen ist die ambulante Geburt geeignet?
Im Prinzip für jede Familie, die es sich zutraut und die erste Zeit mit dem Baby gern in den eigenen vier Wänden verbringen will. Natürlich sollte die Geburt komplikationslos und möglichst interventionsarm verlaufen und Mutter und Kind nach der Geburt körperlich fit sein.
Was gibt es im Vorfeld zu beachten?
Eine Frau, die eine ambulante Geburt wünscht und danach nach Hause gehen möchte, benötigt in jedem Fall die Hilfe einer Nachsorgehebamme. Sie kann nach ambulanten Geburten in den ersten Tagen sogar zweimal am Tag nach Mama und Kind schauen und so auch Veränderungen oder Auffälligkeiten schnell erkennen. Da die Nachsorgehebamme bei ambulanten Geburten ja im Prinzip eine Art „Rufbereitschaft“ hat und 3 Wochen vor bis 2 Wochen nach Termin nahezu rund um die Uhr da sein muss, solltest Du Dich besonders rechtzeitig darum kümmern.
Ebenfalls wichtig ist es, sich im Vorfeld bei dem Kinderarzt, zu dem Du mit dem Baby gehen möchtest, zu erkundigen, ob er vielleicht sogar zur U2 Untersuchung (am 3.-10. Lebenstag) zu Dir nach Hause kommt. Auch muss der Kinderarzt im Vorfeld eine Bescheinigung ausfüllen, die die Hebamme berechtigt, den Stoffwechseltest (Guthrie-Test) abzunehmen. Dabei handelt es sich um eine reine Formsache, nur organisieren musst Du es eben.
Eine ambulante Geburt muss gewährleisten, dass in den ersten Tagen/Wochen rund um die Uhr jemand bei Dir ist, auch, um Dich im Alltag zu entlasten.
Prüfe, ob genügend Vorräte im Haus sind, auch solche Dinge wie Waschmittel, Klopapier, Hundefutter, Mineralwasser…. damit Du nicht am Tag nach der Geburt gleich Deinen Mann losschicken musst.
Ich empfehle gerne, schon im Vorfeld portionsweise Essen vorzukochen und einzufrieren, dann kannst Du Dich die ersten Tage auf Kuscheln und Kennenlernen konzentrieren und hast trotzdem etwas Warmes im Bauch.
Voraussetzungen für eine ambulante Geburt
- komplikationslose Geburt ohne PDA.
- Wochenbettbetreuung durch die Hebamme muss geregelt sein.
- Es muss 24 Stunden jemand für Dich da sein. Das kann Dein Partner, Deine Mutter oder eine Freundin sein, der/die für Dich den Haushalt erledigt.
- Frage bei Deinem Kinderarzt nach einem Termin für die U2 Untersuchung. Vielleicht macht er ja auch Hausbesuche.
Welche Vorteile hat die ambulante Geburt?
Ich finde, der Hauptvorteil ist einfach, dass Du mit Deinem Baby in Deinem gewohnten Umfeld bist. Du kannst im eigenen Bett liegen, gerne auch ALLE, kannst aufstehen und schlafen, wenn sich die Gelegenheit ergibt, essen wann und was Du willst und hat insgesamt die Ruhe, die Du in meinen Augen in dieser Situation am dringendsten brauchst — auch das Baby.
Für Geschwisterkinder ergibt sich eine deutlich weniger verstörende Situation, als wenn Mama (vielleicht zum ersten Mal überhaupt) plötzlich länger weg ist und dann auch noch mit einem neuen Baby zurückkommt. Da macht es natürlich einen Unterschied, ob es um einige Stunden/einen Tag geht, oder um mehrere Tage und Nächte ohne Mama.
Stillen und Milcheinschuss laufen im häuslichen Wochenbett meist ebenfalls unkomplizierter und ungestörter ab.
Welche Nachteile hat eine ambulante Geburt?
Eigentlich gibt es bei der ambulanten Geburt keine Nachteile, es gibt nur einfach Familien, für die eine ambulante Geburt nicht die richtige Entscheidung ist.
Du solltest Dir Deiner Sache so sicher sein, dass Du keine „Angst“ vor den ersten Tagen alleine mit Kind hast. Denn wenn Du wegen jeder unvorhergesehenen Kleinigkeit in Panik gerätst und in die Klinik oder zum Kinderarzt fährst, ist die ursprüngliche Idee von einem entspannten Wochenbett daheim schnell dahin.
Auch der oben erwähnte „Organisationsaufwand“ muss bedacht werden. Darüber hinaus eventuell auch, ob die grundsätzlichen Gegebenheiten passen. Wer im fünften Stock ohne Fahrstuhl wohnt, muss sich im Vorfeld klar machen, dass er diesen Weg dann frisch entbunden irgendwie noch meistern muss. Aber das wäre sonst eben drei bis vier Tage später sowieso der Fall…
Einziger wirklicher Nachteil, der mir einfällt, ist, dass Du im „Notfall“ zurück in die Klinik musst, d.h. wenn sich eine Situation ergibt, die zu Hause nicht zu meistern ist. Eine verstärkte Nachblutung bei der Frau beispielsweise oder wenn die Hebamme möchte, dass dem Kind Blut abgenommen wird, weil sie den Verdacht einer Infektion oder Neugeborenengelbsucht hat. Das ist dann natürlich auch wieder mit einem gewissen Aufwand verbunden, den Du in der Klinik nicht hättest. Gott sei Dank ist das aber relativ selten der Fall.
Ich habe als Hebamme und auch persönlich sehr gute Erfahrungen mit der ambulanten Geburt gemacht und finde es schade, dass so wenig Frauen sich das „trauen“. Häufig ist es eher eine Möglichkeit, die man beim zweiten Kind ins Auge fasst, weil man vielleicht schon ein bisschen mehr Sicherheit hat. Aber ich möchte Dich an dieser Stelle wirklich ermutigen, darüber nachzudenken, denn daheim ist es eben einfach doch am Schönsten.
Tipps für zu Hause
- Sorge schon vor der Geburt für ausreichend große Binden, eine wasserdichte Unterlage zum Schutz Deines Bettes und evtl. Einmalslips.
- Wenn Du stillst, sorge für eine Möglichkeit zum Kühlen. Für die Brust bieten sich Eisbeutel, Quark oder Kohl an. Im Dammbereich kannst Du Binden mit Wasser füllen und einfrieren. Es funktionieren aber auch Kühlakkus oder Kühlkompressen.
- Achte darauf, dass in den ersten Tagen nicht zu viel Besuch zu Dir kommt, und schon gar nicht unangemeldet. Wenn die „frisch gebackenen Großeltern“ ihr Enkelkind betrachten wollen, wäre es doch schön, wenn sie gleich einen Kuchen zum Kaffee mitbringen würden.
Wenn Du ein paar Dinge vorbereitest und es Dir zutraust, kurz nach der Geburt mit Deinem Baby nach Hause zu gehen, rate ich gerne zu einer ambulanten Geburt.
12 Gründe, warum Hebammen eine ambulante Geburt befürworten
- Die Frauen fühlen sich in ihrer eigenen Umgebung wohler. Die Privatspähre der Familie bleibt gewahrt. Das eigene Bett, das eigene Badezimmer, das eigene Essen: All das ist vertraut und gibt ein Gefühl von Geborgenheit.
- Diese Geborgenheit fördert das Stillen, das Eingehen auf die Bedürfnisse des Babys. Die Kinder nehmen zu Hause weniger ab als im Krankenhaus und auch die übermäßige Gelbsucht ist zu Hause seltener.
- Die Mutter und das Kind in ihrem häuslichen Umfeld sind nicht mit Krankenhauskeimen konfrontiert und daher vor Hospitalismuskeimen geschützt.
- Die Neugeborenen weinen weniger und haben daher auch einen geringeren Energieverlust.
- Der Milcheinschuss ist in aller Regel früher und sanfter als in der Klinik.
- Der Mutter-Kind Rhythmus spielt sich schneller ein und wirkt sich positiv auf die Schlafzyklen und das Schlafverhalten der ganzen Familie aus.
- Die Familie gewinnt früher an Stabilität und Selbständigkeit. Die Eifersucht größerer Geschwister verliert sich schneller, da es keine langen Trennungssituationen gab.
- Der Bedarf an Schmerz- bzw. Schlafmedikamenten ist im ambulanten Wochenbett deutlich geringer.
- Im ambulanten Wochenbett ist das Phänomen, dass die Milchmenge zu gering ist eher selten.
- Auch die Väter kommen zu Hause schneller und intensiver in Beziehung zu ihrem Kind.
- Besuch kann nicht einfach so zur Tür hereinschneien.
- Das Phänomen des Babyblues ist zu Hause in aller Regel weniger ausgeprägt und auch besser zu händeln.
Eine Frau, die eine ambulante Geburt wünscht und danach nach Hause gehen möchte, benötigt in jedem Fall die Hilfe einer Nachsorgehebamme.
Stimmt nicht und verunsichert werdende Mütter. Eine Nachsorgehebamme ist KEINE PFLICHT!
Hier in Schweden wird man nach 6 Stunden aus dem Krankenhaus „geworfen“. Nachsorgehebammen gibt es grundsätzlich nicht. Man ist dann im weiteren Verlauf quasi auf sich gestellt. Funktioniert auch irgendwie.
Hallo Hebamme Melanie,
Zwei wesentliche Punkte in Sachen Orga fehlen aus meiner Sicht, die sonst im Krankenhsus passieren. Vielleicht wäre es möglich den Artikel zu ergänzen:
Hörtest: ist zwar nicht zeitlich kritisch, aber sollte gemacht werden. Da under Kinderarzt – wie wohl viele – das entsprechende Gerät nicht haben, braucht es dafür einen Termin beim HNO.
Pulsoxymetrietest: Relativ neu, „erst“ seit 2016. bei uns wurde er wohl deshalb von allen vergessen und fiel erst auf meine Nachfrage nach zwei Monaten auf. Soll wohl nach 24 – 48 Stunden gemacht werden, manche Kinderärzte machen ihn dann auch erst bei der U2 (sicherheitshalber darauf hinweisen). Ggf leihen sich auch Hebammen das benötigte Gerät und machen den Test beim Hausbesuch.
Danke und viele Grüße
Ich durfte bei beiden Kindern trotz PDA nach 6 bzw 4 Stunden nach Hause gehen
Hallo liebe werdenden Mamas bei meinem Sohn war ich seit der 23 SSW im KKH vorzeitige Wehen. Der Knabe kam dann 16 Tage NACH Termin. Am 2.Tag nach der Entbindung 38 Leute zu Besuch eine Katastrophe. Mutter und Kind durch den Wind. Bei meinen Töchtern 3Jahre bzw 4,5 Jahre später bin ich nach der Entbindung die jeweils Nachmittags war am nächsten Morgen nach Hause gegangen. Es war toll der Besuch kam nach Anmeldung die eigenen 4 Wände das eigene Sofa usw. Die 1 Woche waren die Omas zeitweise vor Ort die Hebamme kam täglich und der Kinderarztbesuch U2 würde in der Praxis gemacht ohne ins Wartezimmer zu müssen. Das ganze ist über 20 Jahre her. Meine Töchter machen mich zur Grossmutter und beide möchten auch ambulant entbinden ich kann es nur jedem empfehlen.
Ich bin mit dem 4. Baby schwanger und möchte sehr gerne ambulant entbinden, habe aber leider bisher keine Hebamme gefunden, die zeit hat mich zu betreuen. geht das auch ohne?
Danke für die Antworten!
Hallo Sonja,
eine ambulante Geburt ohne Nachsorgehebamme ist nicht verboten. Trotzdem ist es nicht empfehlenswert, wenn Du nach der ambulanten Entbindung zuhause auf Dich allein gestellt bist. Obwohl Du Dich mit Neugeborenen wahrscheinlich inzwischen gut auskennst (und Du für die U2 sowieso zum Kinderarzt gehen wirst), ist es wichtig, dass eine Hebamme Deine Rückbildung, eventuelle Geburtsverletzungen usw. kontrolliert. Versuche also auf jeden Fall, noch eine Hebamme zu finden. Tipps dazu findest Du in diesem Artikel: https://www.babyartikel.de/magazin/ich-finde-keine-hebamme-was-soll-ich-tun Falls es nicht klappt, erkundige Dich im Vorfeld nach einer Hebammenpraxis mit Notfallsprechstunde in Deiner Nähe.
Bedenke außerdem, dass es passieren kann, dass Du nach der Geburt doch noch nicht wie geplant direkt nach Hause fahren kannst. Je nachdem, wie die Geburt abläuft und wie es Dir und Deinem Baby geht, kann es sein, dass Du noch in der Klinik bleiben musst. Plane deshalb auch im Vorfeld ein, dass Deine anderen Kinder in diesem Fall betreut werden können.
Solltest Du wirklich keine Hebamme mehr finden und trotzdem ambulant entbinden, solltest Du Dir das wirklich zu 100 Prozent zutrauen und ein gutes Gefühl damit haben. Ich wünsche Dir alles Gute!
Hallo zusammen! Nachdem ich mich im Vorfeld auch hier schlau gemacht habe, möchte ich nun meine Erfahrungen teilen: ich habe Mitte Januar unser erstes Kind ambulant entbunden. Wir waren in einem Uniklinikum und hatten dort eine tolle Versorgung. Wir waren morgens um 4 Uhr dort und um 16 Uhr wieder zu Hause. Für uns war es die perfekte Entscheidung, weil wir sowohl die optimale medizinische Versorgung gewährleisten konnten und gleichzeitig Zeit für uns hatten Unsere Nachsorge-Hebamme besuchte uns noch am Abend der Geburt und an den darauffolgenden Tagen einmal täglich- bei Bedarf wäre sie auch zweimal täglich gekommen. Ich hatte das Glück trotz eines 4150 g Babys kaum Geburtsverletzungen davonzutragen.
Meines Erachtens ist es die Grundvoraussetzung, dass man eine Person dauerhaft an seiner Seite hat. Ich hatte das Glück, dass das mein Mann sein konnte. Wir haben die ersten zwei Wochen gemeinsam wahnsinnig genossen. Unsere kleine Familie konnte sich kennenlernen.
Kurzum: wir fanden es so wunderschön. Ich kann nur jedem raten, eine ambulante Geburt zu planen. Falls ihr nach der Geburt doch nicht nach Hause gehen möchtet, ist dies ja schließlich auch kein Problem!
Noch drei kleine Anmerkungen:
Der nachsorgende Kinderarzt, bzw. Hausarzt sollte im Vorfeld eine Erlaubnis für die Fersenblutentnahme geben. So kann dies die Hebamme ganz entspannt bei euch zu Hause durchführen (48 Stunden).
Hüft- und Hörscreening müssen ggf. noch im Krankenhaus nachgeholt werden, wenn es euer Kinderarzt nicht macht
Dieser Mehraufwand ist sehr überschaubar.
Vielen Dank für diesen ausführlichen und informativen Kommentar, liebe Hanna!
Der Artikel ist sehr informativ! Ich erwarte aktuell mein erstes Kind und möchte eine ambulante Geburt.
Eigentlich wollte ich sogar ins Geburtshaus, welches mir dann aber von meinem Gynäkologen und einigen Bekannten ausgeredet wurde. Inzwischen bereue ich das ich es überhaupt erzählt habe und mich dadurch davon hab abbringen lassen.
Ich habe auch ein bisschen Angst davor das mir bei der Anmeldung im Krankenhaus versucht wird, die ambulante Geburt auszureden.
Ich war bei jedem Kind kürzer im Krankenhaus. Unser erstes war eine Einleitung und ich ging nach 2 Tagen bzw. direkt nach der U2. Bei unserem 2. Sohn durfte ich nicht nach wenigen Stunden gehen, da er nach der Saugglockengeburt beobachtet werden musste. Mit ein bisschen Drängeln und Betteln durften wir aber nach volleneten 24 h doch heim. ;) Die dritte, vierte und fünfte Geburt waren jeweils ambulant und wir konnten nach 2-4 h nach Hause – bei einem der Kinder übrigens auch trotz der PDA. Ich finde im Krankenhaus keine Ruhe und war regelmäßig froh, wieder in die eigenen vier Wände zurück zu können.
Der Tipp, nach einer ambulanten Geburt besonders auf sich und Ruhe zuhause zu achten und vielleicht nicht unbedingt der halben Verwandtschaft Einlass zu gewähren, ist Gold wert. Ich war immer froh, zum Kennenlernen und Eingewöhnen ein bisschen Ruhe zu haben – da ist aber jeder anders. Manche Frauen mögen den Trubel und die sollen ihn gerne auch haben.
Hallo Kerstin,
danke für die schöne Schilderung. Ich hoffe, es sind noch mehr Frauen so mutig und trauen sich zu bald nach der Geburt nach Hause zu gehen.