Seit er krabbeln kann, sitzt unser kleiner Mann eigentlich nie still. Mittlerweile läuft er und das in einer Geschwindigkeit, dass wir manchmal zu tun haben, hinterherzukommen. Es ist wirklich bemerkenswert, wie viel Energie und Bewegungsdrang er hat. Allerdings gibt es eine Situation, in der er außergewöhnlich gut still sitzen kann und sich völlig auf eine Sache konzentriert: wenn wir ihm vorlesen. Aus diesem Grund lesen wir ihm vor, seit er ca. 6 Monate alt ist. Heute habe ich mich damit beschäftigt, warum das auch für seine Entwicklung gut ist.
Warum Bücher so wichtig sind
Vorlesen fördert Kreativität
Beim Vorlesen hört man die Worte und sieht ein Bild dazu. Was genau passiert, bleibt der Fantasie überlassen. Jedes Kind und jeder Erwachsene hat im Kopf eine animierte Vorstellung davon, wie die Geschichte abläuft, wie die Personen aussehen, in welcher Umgebung sie spielt. Dieses „Kopfkino“ fördert die Kreativität und beflügelt die Fantasie. Sicherlich kennen viele den Effekt, wenn man einen Film sieht, zu dem man vorher das Buch gelesen hat. Häufig ist man enttäuscht, weil es nicht annähernd dem entspricht, was man sich im Kopf ausgemalt hat.
Vorlesen fördert Sprachentwicklung
Das Sprachverständnis von Babys und Kleinkindern entwickelt sich erst noch. Sie müssen alle Laute, den Aufbau und die Struktur der Muttersprache kennenlernen. Auch die Intonation und die verschiedenen Stimmlagen sind ihnen noch fremd. Vorlesen kann all das aufzeigen und Kindern den Zugang zu Sprache erleichtern. Der Wortschatz wird erweitert und das Verständnis für Laute unterstützt. Durch Bücher lernen Kinder spielend die Struktur und Funktion von Sprache kennen. Wichtig ist der Kontakt mit Büchern von Anfang an. Frühe Leserituale wecken dabei Interesse an Büchern und die Freude an Sprache.
Vorlesen fördert soziale Kompetenzen
Auch die soziale Intelligenz wird durch Bücher und Geschichten geschult. Jedes Kinderbuch hat eine Botschaft, eine Moral, die sich die Kinder aneignen. Außerdem lernen sie mögliche Verhaltensweisen der Menschen kennen und einschätzen.
Vorlesen fördert die Konzentration
Ein Buch vorgelesen zu bekommen erfordert, genau wie das selbst lesen, Konzentration. Das Kind lernt, ruhig sitzen zu bleiben und bis zum Ende am Ball zu bleiben. Und das, obwohl aktiv nichts passiert. Hilfreich, damit das Kind am Ball bleibt, ist übrigens authentisches Vorlesen – das heißt, verschiedene Tonhöhen ausprobieren und selbst ruhig bleiben, dann wird auch das Kind ruhig. Unser Kleiner kann sich besser konzentrieren, wenn er zwischendurch umblättern darf – damit ist er nicht ganz so passiv. Außerdem darf er selbst aussuchen, was er vorgelesen bekommen möchte.
Wenn das Baby so gar kein Interesse an Büchern hat, sondern lieber das Smartphone möchte, hat das meist einen einfachen Grund: Vorbilder. Wenn man dagegen auch selbst mal ein Buch zur Hand nimmt, steigt das Interesse an Büchern und lesen generell.
Vorlesen fördert die Bindung
Dem Kind vorlesen ist immer verbunden mit sich Zeit nehmen und Nähe. Man setzt sich hin, das Kind auf dem Schoß oder in unmittelbare Nähe und liest das Buch. Natürlich wäre es viel einfacher, das Kind vor einem Hörspiel oder dem Fernseher zu parken. Die Eltern könnten in der Zeit andere Dinge erledigen oder etwas Zeit für sich nehmen. Stattdessen vorzulesen bedeutet also aktiv Zeit miteinander zu verbringen, sich voll und ganz seinem Kind zu widmen. Das vermittelt auch, dass der Nachwuchs wichtig ist und diese Form der Aufmerksamkeit verdient hat. Die körperliche Nähe vermittelt Geborgenheit und Zusammengehörigkeit.
Vorlesen macht Spaß
Nicht zuletzt macht Vorlesen auch einfach Spaß. Als interaktive Beschäftigung kann der Vorgang jederzeit für Rückfragen, kleine Späßchen oder Ähnliches unterbrochen werden und auch die Eltern als Geschichtenerzähler können sich ausleben und das Buch lebhaft vortragen. Vorlesen ist damit auch die perfekte Beschäftigung für Regentage, Krankheit oder ruhige Phasen im Tagesablauf.
Fernsehen oder PC statt vorlesen?
Videos, Filme und Fernsehsendungen erzählen zwar auch Geschichten, diese werden aber vom menschlichen Gehirn ganz anders aufgenommen, als gesprochene oder gelesene Worte und statische Bilder. Beim Blick auf die Flimmerkiste schaltet das Gehirn quasi ab, befindet sich in einer Art Dämmerzustand. Viele aktive Denkvorgänge finden einfach nicht statt, es werden keine neuen Synapsen im Gehirn gebildet. Unter Experten ist es schon lange Konsens, dass früher Medienkonsum, vor allem Fernsehen, den Kindern schadet.
Schüler, denen in der Kindheit Bücher vorgelesen wurden, sind durchschnittlich besser in der Schule als Kinder, denen nicht vorgelesen wurde. Dass gemeinsames Lesen und Vorlesen tatsächlich den IQ (Intelligenzquotient) erhöht, fand der amerikanische Wissenschaftler John Protzko heraus. In 74 Einzelstudien mit 38.000 Teilnehmern suchte er nach korrelierenden Faktoren für die Intelligenz von Kindern in den ersten fünf Lebensjahren. Er fand heraus, dass Vorlesen den IQ um bis zu 6 Punkte steigern kann.
Fernsehen dagegen führt erwiesenermaßen zu einer Minderung der Intelligenz. Dabei gilt, je früher im Leben das Kind hohem Fernsehkonsum ausgesetzt ist, desto schwerwiegender die Folgen. Genauso fördert man sein Kind am meisten, indem man ihm möglichst früh vorliest.
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