Hände dreier Generationen übereinander

Wenn aus Mama Oma wird


Die Geburt des ersten Kindes verändert alles, das kann ich nur bestätigen. Das bisherige Leben lässt sich nur schwerlich wie bisher weiterführen, alles dreht sich plötzlich um dieses neue, kleine Menschlein. Sich selbst in der neuen Rolle als Mama zurechtzufinden fällt mir nicht immer ganz leicht, klappt aber bisher insgesamt schon gut. Dass es auch einer frischgebackenen Oma nicht anders geht, durfte ich kürzlich feststellen. Am Wochenende war meine Familie zu Besuch, die jetzt über 600 km entfernt wohnt (seit wir nach Berlin gezogen sind). Das heißt, unser Kleiner durfte drei Onkels und Opa und Oma kennenlernen bzw. wiedersehen. Ganz schön aufregend – für alle Beteiligten. Gleich nach der Ankunft wollte meine Mama, also seine Oma, ihn auf den Arm nehmen. Und sie wollte, dass ihn auch jeder meiner Brüder gleich mal hält. Und schon war der erste Konflikt da. Während sie der Meinung ist, „das packt so ein Baby schon“, wollten mein Mann und ich ihn möglichst davor schützen, durch ein so schnelles „Herumreichen“ überfordert zu werden. Am Ende war er erst einmal nur bei einem seiner Onkel auf dem Arm und dann habe ich ihn wieder an mich genommen. Abends, als wir uns über diese Situation austauschten, war für meinen Mann und mich klar: Wir sind die Eltern und wir entscheiden, was wir unserem Kind zumuten wollen, wie wir es erziehen und wer es wann in die Hand gedrückt bekommt. Das muss meine Mama akzeptieren. Dass das oft gar nicht so einfach fällt, ist wohl ein sehr häufiges Phänomen. Warum ist das so? Ich erkläre mir das so: Mein Leben lang hat meine Mama auf mich aufgepasst und gewusst, was gut für mich ist. Immer, wenn ich nicht weiter wusste, habe ich meine Mama gefragt und sie hat mir einen Rat gegeben – den ich so gut wie immer befolgt habe. Jetzt gibt es ein neues Familienmitglied und natürlich möchte sie auch für den das Beste und auf ihn aufpassen. Wenn wir in gewissen Erziehungsfragen nicht übereinstimmen, ich also ihren Rat nicht annehme oder sie gar nicht frage, wie ich etwas machen soll, ist das wahrscheinlich nicht so einfach für sie. Denn in ihren Augen mache ich ja etwas nicht richtig und ich bin für sie nach wie vor irgendwie das Kind, auf das sie aufpassen möchte und dem sie sagen muss, was richtig ist. Auch für mich ist es gar nicht so einfach, meinen eigenen Eltern zu widersprechen. Zu tief sitzt die jahrelange Erfahrung, dass das, was sie mir raten, richtig ist. Trotzdem haben sich meiner Meinung nach manche Erziehungsmethoden mittlerweile als nicht förderlich erwiesen, es gibt neue Forschungsergebnisse und aktuelle Meinungen von Entwicklungspsychologen. Und es gibt, auch wenn ich eine glückliche Kindheit hatte und meinen Eltern wahnsinnig dankbar bin für alles, ein paar Dinge, die ich eben doch anders machen möchte. Und dazu gehört, dass ein Baby bzw. Kind eben nicht alles „schon aushalten“ muss, sondern auch mal Schwäche zeigen darf und dann auch getröstet und beschützt wird. Am nächsten Tag, als meine Familie bei uns eintraf und meine Mama den Kleinen halten wollte, habe ich ihn ihr wieder gegeben. Allerdings habe ich, nur zu ihr, um die Sache zu keinem großen Problem werden zu lassen, gesagt, dass sie ihn erst einmal bei sich lassen und nicht „herumreichen“ soll. Das hat sie akzeptiert.

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