Wenn unser Jüngster (2,5 Jahre alt) morgens aufwacht, fragt er als erstes nach seiner Milch – der Anfang eines morgendlichen Rituals. Er begleitet mich in die Küche, wo ich etwas H-Milch erwärme. Er reicht mir das Fläschchen und den Sauger und kommentiert jeden meiner Arbeitsschritte. „Is die Milch noch heiß?“, fragt er zum Beispiel oder „Es hat Bing gemacht!“, sobald das Mikrowellen-Signal ertönt. Dann drücke ich ihm seine Milch in die Hand und er rennt damit ins Zimmer seiner Schwester. Seine morgendliche Milch trinkt er Seite an Seite neben ihr. Milch aus der Flasche kennt er seit seiner Geburt. Ich hatte nämlich leider zu wenig Muttermilch.
„Er hatte einen Mordshunger und ich viel zu wenig Muttermilch“
Fläschchen haben in meiner Familie eine lange Tradition. Meine 3 Kinder waren allesamt Flaschenkinder. Na ja, nicht ganz. Sie waren eigentlich Zwiemilch-Kinder, das heißt, sie haben neben der Milchnahrung zum Anrühren auch kleine Mengen Muttermilch bekommen. Leider stand von letzterer nie genügend zur Verfügung. Dabei war ich vor der Geburt meines ersten Kindes fest entschlossen zu stillen. Als ich dann meinen 4 kg- Sohn nach einem ungeplanten Kaiserschnitt in den Armen hielt, stellte sich heraus, dass ein guter Vorsatz allein nicht reichte. Er hatte einen Mordshunger und ich viel zu wenig Muttermilch. Also bekam er bereits im Krankenhaus Milchnahrung aus dem Fläschchen. Wieder daheim lieh ich mir in der Apotheke eine Milchpumpe aus und pumpte damit die Minimengen Muttermilch, die mein Körper hergab, ab.
Als ich mit meiner Tochter schwanger war, wurde ich bereits in der Schwangerschaft zur Stillexpertin. Ich wusste inzwischen, dass Muttermilch in punkto Zusammensetzung unschlagbar ist, und dass industriell hergestellt Milch es nicht mit ihr aufnehmen kann. Ich wollte dieses Mal um jeden Preis stillen und legte mir enthusiastisch einen großen Vorrat Stilltee, Malzbier und Bockshornklee in Tablettenform zu. Das sollte die Milchmenge positiv beeinflussen.
Zwiemilch-Erfahrung Nummer 2
Auch meine Tochter war ein großes Baby und auch sie hatte großen Hunger. Im Krankenhaus wiederholte sich die gleiche Geschichte wie bei meinem Sohn. Mein Töchterchen hatte immer Kohldampf und ich nicht genug Milch für sie. Zähneknirschend gab ich ihr die Flasche, denn die Ärzte erklärten mir, wenn sie nicht an Gewicht zulege, würde man sie nicht entlassen. Zu Hause zog ich meine Nachsorgehebamme sowie eine Stillberaterin zu Rate. Beide waren optimistischer als die Ärzte, zeigten mir, wie das Baby beim Stillen das Köpfchen halten muss, welche Stillpositionen es gibt, dass ich viel Ruhe brauche und und und. Die Beiden sagten mir, wenn ich der Kleinen so oft sie wollte, die Brust gebe, würde es am Ende schon klappen, mit dem Stillen ohne Zufüttern.
Es stellte sich heraus, dass sie unrecht hatten. Als meine Tochter 6 Wochen alt war, kritisierte der Kinderarzt ihr Gewicht. Es war zu niedrig. So wurde auch sie zum Flaschenkind, das hin und wieder Muttermilch zum Nachtisch bekam.
Stillen kann jede Mutter?
Erst mit der Geburt unseres Jüngsten gelang es mir, mit dem Thema Babyernährung entspannter umzugehen. Auch er wurde von Muttermilch allein nicht satt und auch er bekam daraufhin nicht nur Milch von mir, sondern auch aus der Flasche.
Ich habe mit Pre-Milchnahrung aus der Packung inzwischen meinen Frieden gemacht. Meine Kinder wurden satt und sind gesund. Was mich aber immer noch wütend macht, sind unbedachte Äußerungen zu diesem Thema. Wenn etwa im Drogeriemarkt Mütter am Regal mit Milchnahrung vorbeigehen und kopfschüttelnd „Wer braucht denn sowas?“, sagen. Oder wenn ich in meinem „Kochbuch für kleine Leute“ lese, dass vor dem Brei natürlich die Muttermilch kommt, und dass „Stillen eigentlich jede Mutter kann“.
Für mich galt das nicht. Und für viele andere Mütter auch nicht. Wenn meine Kinder hundert Jahre früher geboren wären, hätten sie eine Amme gebraucht, um zu überleben. Deshalb bin ich froh über das große Milchnahrungsangebot im Drogeriemarkt.
Auch mit geht es so. Nach 7 Wochen haben wir jetzt noch mit Soor zu tun. Irgendwie das i-Tüpfelchen. Milch war von Anfang an nicht ausreichend, trotz allen Tricks und Tipps. Leider belastet mich das noch immer. Aber das weinen meines Kindes bricht mir mehr das Herz als die Flasche.
Glücklicherweise ist diese eigentlich nur abends nötig.
Trotzdem hat man sich das ganz anders vorgestellt und gewünscht.
Schade, dass immer davon ausgegangen wird, dass jede Frau voll stillen kann. Fast nur wer es selbst erlebt, hat Verständnis
Wichtiges Thema! Es ist traurig, wie manche auf Mütter herunterschauen, bei denen die Milchmenge gering ist :-(
Hallo Stef, da hast Du leider recht. Es sind halt nicht immer Saugschwäche des Babys oder Falsches Anlegen der Mama schuld.