In der Stillberatung begegnen mir immer wieder Mütter, die verunsichert sind, wenn ihr Kind am Abend häufig und lange an der Brust trinken möchte. Besonders das Umfeld (Mann, Mutter oder Schwiegermutter) erheben in diesen Phasen große Zweifel, ob denn die Muttermilch für das Baby noch ausreichend sei, wenn es denn so lange und intensiv trinken möchte und scheinbar nicht zu befriedigen ist. Dazu kommt, dass sich nach einem langen Tag auch die Mutter müde und ausgelaugt fühlt. Wenn eine stillende Mutter zu einer Flasche Babynahrung greift, erfolgt dies häufig in dieser Zeitspanne.
Die Sache mit dem Clusterfeeding:
Lange Zeit verfolgte man in der Stillberatung das Ziel, Mutter und Kind in einen festen Rhythmus an Stillmahlzeiten einzubinden. Alle 3 bis 4 Stunden sollte das Kind gestillt werden. Dies hatte zum Ziel, dass einige Kinder sich gut damit arrangierten und auch ihre Mütter genügend Milch produzierten. Allerdings gab es hierbei einen nicht kleinen Teil an Müttern, die mit diesem zeitlichen Ablauf schlecht zurecht kamen. Erstens weil die Kinder öfter trinken wollten und frustriert waren, wenn die Mütter sie hinauszögern wollten, zweitens, weil die Mütter nicht ausreichend in die Milchproduktion hineinkamen. Wenn man sich die hormonelle Seite veranschaulicht, weiß man aus Studien, dass für die meisten Brüste eine 8-12-malige Stimulation in 24 Stunden in Form von Stillen oder Pumpen notwendig ist, um eine ausreichende Ausschüttung an Stillhormonen zu gewährleisten. Nur wenn ausreichend Stillhormone ausgeschüttet werden, kann auch ausreichend Milch produziert werden. Wenn Frauen ihr Kind nach Bedarf stillen, kommt es in aller Regel zu 8-12-maligem Stillen in 24 Stunden und dem abendlichen lange- und Vieltrinken. In der Fachsprache nennt sich dieses Phänomen Clusterfeeding. In die Sprache der Stillhormone übersetzt bedeutet dies, dass in dieser Zeit große Mengen an Prolaktin und Oxytocin gebildet und freigesetzt werden, die sozusagen die Milchmenge für den nächsten Tag vorbereiten und bereitstellen. Wenn eine Mutter um dieses Phänomen weiß und sich darauf einstellen kann, stellt sich in aller Regel genügend Milch ein. Ein positiver Nebeneffekt ist auch, dass die Kinder nach so einem Event eine länger Pause von 5- 6 Stunden einlegen und so sich Mutter und Kind erholen und auftanken können. Das Clusterfeeding Phänomen begleitet eine Mutter hauptsächlich in den ersten 6- 8 Wochen, danach meist in Zeiten von Wachstumsschüben.
Wie kann ich mich auf das abendliche Clusterfeeding einstellen?
Um diese anstrengenden Stunden am Abend besser zu meistern, kann es hilfreich sein, sich untertags, wenn das Baby eine Ruhepause einlegt, selber eine Erholungsphase zu gönnen. Eine einfache, wertvolle, warme Mahlzeit am Mittag rundet diese Bemühungen ebenso wie die Unterstützung von Mann und Familie ab.